Im Zentrum der Veranstaltung stand der Randverbund bei 3-fach-ISO, dessen Einfluss auf die Funktion und Lebensdauer von Isolierglas und die Möglichkeiten, das Ganze mit mathematischen Modellen vorherzusagen. Es wurden dazu Fragen erörtert, was sich dabei gegenüber einem 2-fach-Isolierglas ändert, mit dem es seit gut 50 Jahren Erfahrungswerte gibt.
Einer der signifikanten Unterschiede zwischen 2-fach- und 3-fach-ISO liegt darin, dass die beiden Scheiben einer 2-fach-Einheit ab einer bestimmten Größe in der Lage sind, sich durchzubiegen. Damit können sie bei auftretenden Klimalasten den Randverbund entlasten. Bei einem 3-Scheiben-Aufbau hingegen können sich nur die beiden äußeren Scheiben durchbiegen. Das eingeschlossene Volumen ist jedoch in der Regel doppelt so groß (doppelter SZR). Deshalb ist die einwirkende Klimalast auf die 3-fach-Einheit wesentlich stärker. Das wiederum hat zur Folge, dass der Randverbund höher belastet wird. Bei kleinen Scheibenformaten erhöht sich – aufgrund des steiferen Systems – die Bruchgefahr deutlich. Bei großen 3-fach-Scheiben ist aufgrund der höheren Elastizität diese Gefahr geringer.
Aktuelle Regelwerke reichen nicht
Als kritisch habe sich erwiesen, dass man heute noch nicht vorhersagen kann, ob ein 3-fach-Isolierglas, trotz bestandener Tests nach DIN 1279 (entwickelt für 2-fach-ISO), auch wirklich in der Praxis auf Dauer funktioniert. Dies gelte insbesondere unter extremen Einsatzbedingungen. Hierbei könne etwa eine kleine Veränderung der Geometrie des Randverbunds einen großen Einfluss auf den Scheibenzwischenraum bedeuten. Vor diesem Hintergrund gibt es aktuell verschiedene Bemessungsansätze: Gesucht werden Modelle zur Vorherberechnung der Dauerhaftigkeit einer 3-fach-ISO-Einheit in Abhängigkeit vom Randverbund sowie der Art des Scheibenaufbaus, der Formate etc.
Zu den Belastungen des Randverbunds erläuterte Ruth Kasper von der RWTH den Einfluss der Randverbundsteifigkeit auf die effektive Klimalast von Isoliergläsern. Dies wurde von der Forscherin an kleinformatigen ISO-Scheiben exemplarisch für drei Randverbundsysteme durch Versuche getestet. Hintergrund: Die Ansätze nach den aktuellen Bemessungsnormen (u.a. nach der DIN 1279) vernachlässigen diese Verformungskomponente. So werden hier rechnerisch wesentlich größere Einwirkungen angesetzt, als bei Dr. Kaspers Versuchen ermittelt wurden (durch die Messung des Innendrucks im SZR). Diese Tests wurden im Rahmen von Pilotuntersuchungen durchgeführt. Ergänzende Untersuchungen seien aber erforderlich, inklusive der Betrachtung von Lastzyklen durch negative sowie positive Temperaturunterschiede.
Der Vortrag von Dr. Wolfgang Wittwer von Kömmerling Chemie stellte den Weg und den Aufwand vor, um ein Rechenmodell zu finden, mit dem sich die Belastung des Randverbunds in Verbindung mit einem definierten Dichtstoff abbilden lässt. Es wurde das Vorgehen zur experimentellen Bestimmung der maßgeblichen Parameter an Kleinproben und der Modellierung des mechanischen Verhaltens des Randverbundes durch ein Federmodell aufgezeigt.
An der MPA Darmstadt und der TU Darmstadt wird derzeit das Forschungsprojekt DuraSeal von Dr. Jörg Beyer und Stephan Guddenberg durchgeführt. Das Projekt soll als Grundlage für ein ingenieurmäßiges Modell für die Bemessung des Isolierglas-Randverbunds dienen. Weiter wollen die Forscher daraus Erkenntnisse zur Dauerhaftigkeit einer Isolierglases abzuleiten. Die Tests sollen Rückschlüsse auf die mechanischen Eigenschaften und Belastungen des Randverbunds in Verbindung mit Gasverlust und Wasserdampfdiffusion ziehen lassen. Dazu wollen die Forscher ein Berechnungsmodell mit definierten Versagenskriterien erarbeiten. Tipp der Redaktion : Details zum Forschungsprojekt "Duraseal" finden Sie in der November-Ausgabe der GLASWELT.
Es geht auch ohne thermischen Kurzschluss
"Wir wollen doch keinen thermischen Kurzschluss, deshalb brauchen wir die Warme Kante. Wenn wir die Wärmeverluste reduzieren wollen, geht es nicht mehr ohne", so Referentin Ingrid Quel vom BF-Arbeitskreis Warme Kante. Dabei stellte sie die neuen Datenblätter des BF mit den aktualisierten Psi-Werten vor. Die Datenblätter wurden für 2- und 3-fach-Gläser bei den vier Fenster-Materialien, Holz, PVC, Alu, Holz-Alu erstellt. Die Nutzung dieser Blätter erlaube bei der Berechnung des U-Werts bei Holz und PVC eine Verbesserung gegenüber Aluminium-Abstandhaltern um circa 0,1 W/mK. Bei Metall liege sie bei 0,15 W/mK.
Und Siegfried Glaser gab abschließend einen Überblick über Vakuum-Isolierglas (VIG) und die bereits heute verfügbaren Systeme. Bei Vakuumglas sei der Randverbund immer der Knackpunkt, da dieser durch das Vakuum und die entstehenden Temperaturdifferenzen extrem hohen Belastungen ausgesetzt sei. Glaser: "Denken Sie daran, treten bei Vakuumglas Schäden (ein Leck) auf, erfolgt in Sachen Wärmedämmung ein Komplettversagen.
In der EU wird laut Glaser im Rahmen von Forschungsprojekten weiter der Ansatz eines „flexibler Randverbund“ verfolgt. Ziel sind VIGs, die mit Ug- Werten von 0,5 W/m2K, mit unterschiedlichen Glassorten und in größeren Formaten herstellbar sind und die als Einzel-VIG verbaut werden können.
Deutlich wurde bei den Vorträgen, dass es sich bei 3-fach-Isolierglas eben um ein ganz anderes Produkt handelt, als bei herkömmlichen Doppelverglasungen. Hier werden andere Anforderungen an den Verarbeiter, den Randverbund und an die technische Performance der Isolierglaseinheiten gestellt als bisher.
Interessant war weiter zu hören, dass Vakuumgläser jetzt marktreif erhältlich seien. Betrachtet man jedoch die vorgestellten Ug-Werte, zeigten sich dabei keine signifikanten Verbesserungen gegenüber 3-fach-Isolierglas. Was wiederum die Frage aufwirft, wie sich der Kostenaufwand für eine solche Verglasung am Markt auch durchsetzen lässt.
Matthias Rehberger
Tipp der Redaktion: Weitere Details zu 3-fach-Isolierglas finden Sie in der November-Ausgabe der GLASWELT und unter www.3-fach-iso.de .
Hier finden Sie den Bericht BF-Forschungsprojekt „Warme Kante“ abgeschlossen - Neue Werte für Abstandhalter .