Für mein neues Buch „Das Geheimnis der Champions“ habe ich mit meinem Kollegen Benjamin Kuttler weltweit mehrere tausend Unternehmen recherchiert. Was sind deren Erfolgsfaktoren? Fündig geworden sind wir im Silicon Valley. Aber nicht nur dort. In Ostwestfalen, auf der Schwäbischen Alb oder in Schleswig-Holstein gibt es Handwerksbetriebe, die mit einer pfiffigen Personalpolitik die besten Mitarbeiter finden und binden.
Die folgenden sieben Erfolgsfaktoren zeigen, worauf es ankommt:
Radikale Fokussierung auf A-Mitarbeiter
Ich bin ein leidenschaftlicher Verfechter der Einteilung in ABC-Mitarbeiter. Ein erfolgreiches Unternehmen benötigt mindestens 80 Prozent A-Mitarbeiter: Das sind Mutmacher, die mit Herz, Hand und Verstand dabei sind. Sie übertreffen die gesteckten Ziele, sind überdurchschnittlich engagiert und erfolgreich. Und: Letztlich schießen sie für ihren Chef die Tore. Sie sind die Messis und Ronaldos des Handwerks. Dagegen sind die Cs ein andauernder Chancentod, wenn sie nicht sogar ins Netz treffen.
Diese Einteilung vertreten auch prominente Firmenchefs wie Larry Page: „Wir sind aktuell 54.000 Mitarbeiter. Wenn es auch nur einem B-Mitarbeiter, einem Mitläufer) gelingen würde, in unser Unternehmen einzudringen, dann hätten wir uns einen Virus eingefangen, der nur ganz schwer wieder zu entfernen ist.“ Hat der Google-Chef keine anderen Sorgen? Seine Antwort: „Nein, denn damit verdiene ich mein Geld.“ Das Einstellen herausragender Mitarbeiter ist die wichtigste Aufgabe des Chefs.
Systematische Mitarbeiterbeurteilung
Bei Tempus-Consulting haben wir einen einfachen Leistungsbeurteilungsbogen entwickelt. Da gibt es Punkte wie Fachkenntnis, Weiterbildung, Einsatzbereitschaft oder Freundlichkeit. Mitarbeiter und Führungskraft füllen das Blatt an Hand der Noten 1 bis 5 unabhängig voneinander aus. Eigen- und Fremdbild sind dann die Grundlage für das jährliche Mitarbeitergespräch, in dem die Leistung beurteilt, die berufliche und persönliche Entwicklung besprochen und eine gezielte Weiterbildung geplant werden.
Exzellente Führungskräfte
Es hat sich gezeigt, dass zu 70 Prozent der Chef für den Niedergang eines Unternehmens für verantwortlich gehalten wird. Als Konsequenz drehen erfolgreiche Unternehmen den Spieß alle zwei, drei Jahre um: Jetzt dürfen die Mitarbeiter ihre Vorgesetzten beurteilen. Auch den Inhaber! Natürlich haben wir dies auch in meinem Unternehmen gemacht. Und meine erste Beurteilung war lediglich zwischen gut und befriedigend. Das war mir viel zu wenig. Deshalb muss auch ich mich als Chef weiterbilden und weiterentwickeln.
Nach einem ähnlichen Prinzip wie die Mitarbeiterbeurteilung werden Führungskräfte nach ihren Fähigkeiten benotet: z.B. Information über Firmenziele, Übermittlung von Informationen, Feedback von Mitarbeitern. Führungskräfte müssen sich einer Beurteilung ihrer Mitarbeiter stellen, denn auch sie sind A, B oder C. Und nur die besten Führungskräfte werden die besten Mitarbeiter für sich gewinnen und an sich binden können.
Mehrstufiger Einstellungsprozess
Bewerbung lesen und beurteilen, ein Gespräch führen und schnell den Arbeitsvertrag unterzeichnen – dieses Vorgehen ist fährlässig. Bei Google führen neue Mitarbeiter bis zu 30 Gespräche mit einzelnen Kollegen, dem Team, unterschiedlichen Vorgesetzten und dem Chef. Denn der neue Mitarbeiter soll seine Fähigkeiten zusammen mit diesen Menschen einbringen. Die Chemie muss stimmen.
Jede Minute und jeden Euro, den Inhaber oder Geschäftsführer in die Rekrutierung von Mitarbeitern stecken, sparen sie mittelfristig um ein Mehrfaches. Denn: Weder gehen sie nach der ernüchternden Probezeit mit einem durchschnittlichen Bewerber wieder auf Mitarbeitersuche noch geben sie Geld für Prozesse vor dem Arbeitsgericht aus.
Erstellen Sie ein klares Anforderungsprofil mit konkreten Zielen, aktivieren Sie Ihr Netzwerk, führen Sie Telefoninterviews, holen Sie Referenzen ein und vereinbaren Sie eine Probezeit mit Meilensteinen. Und beziehen Sie Ihre Mitarbeiter in den Bewerbungsprozess mit ein. Die müssen mit dem Neuen zusammen arbeiten.
Work-Life-Blend
Die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit verschwindet: Der Arbeitsplatz wird ein Ort, an dem sich Mitarbeiter wohlfühlen wollen. Die Wertschätzung für die Mitarbeiter drückt sich etwa auch durch kostenloses Essen aus, Massagemöglichkeiten oder gemeinsame Freizeitaktivitäten.
Mitarbeiter werden zu Mit-Unternehmern
„Vertrauen ist gut, Kontrolle ist schlecht“, sagt Ricardo Semler, Gründer von Semco. Chefs müssen ihren A-Mitarbeitern größere Entscheidungsfreiheiten geben, denn die wissen an ihrem Arbeitsplatz oft besser, was zu tun ist, als die Führungskraft, die mit anderen Aufgaben beschäftigt ist. Gerade im Handwerk müssen Sie sich auf Ihre Mitarbeiter und deren Arbeitsqualität verlassen. Sie können nicht jede Fuge und jede Schraube kontrollieren. Oder Sie machen Ihren Job bei der Gewinnung neuer Mitarbeiter nicht richtig.
Werte machen wertvoll
Je mehr Freiheiten einzelne Mitarbeiter haben, desto mehr sind Werte ein Kompass, der Orientierung gibt. Entscheidend: Gemeinsame Werte werden nicht für die Ewigkeit definiert, um sie als Leitbild an die Wand zu hängen oder ins Internet zu stellen. Es ist wichtig, wirklich an den Werten zu arbeiten, diese im Alltag zu überprüfen und gegebenenfalls weiterzuentwickeln.
Das sind die wichtigsten sieben Trends, die wir aus der Personalpolitik der erfolgreichsten Unternehmen zusammengefasst haben. Lernen Sie von den Besten und machen Sie einen Schritt nach dem anderen. Aber fangen Sie damit an!
Jörg Knoblauch
„Das Geheimnis der Champions: Wie exzellente Unternehmen die besten Mitarbeiter finden und binden“ von Jörg Knoblauch und Benjamin Kuttler. Campus Verlag, 280 Seiten, ISBN: 978-3593505367, 34 Euro.