_ Der Fenstereinbau ist keine triviale Bauaufgabe, sondern erfordert von allen Beteiligten hohes Know-how und die Bereitschaft zur gewerkeübergreifenden Zusammenarbeit. Darüber hinaus sind hohe bauphysikalische Anforderungen zu erfüllen und die Notwendigkeit der exakten Verarbeitung der Materialien ist gegeben. Diese Problematik führt immer wieder zu Fragen und Diskussionen bei der Planung und Ausführung des Fenstereinbaues. Die unterschiedlichen Sichtweisen einzelner Gewerkebeteiligter spiegelten sich auch im Normenausschuss wider: Dort waren 50 Personen aus den Fachbereichen Baumeister/Zimmermeister, Fensterindustrie/-gewerbe, Montageunternehmen, Fassaden/WDVS-Hersteller, Putzer/Trockenbauer, Spengler/Abdichter und Sachverständige/Prüfstellen sowie die gesamte Zulieferindustrie vertreten. Hier alle Interessen auf einen Nenner zu bringen, bedurfte Zeit. Nach fünf Jahren Bearbeitungszeitraum ist die neue ÖNORM B 5320 „Einbau von Fenster und Türen in Wänden“ nun am 15.3.2015 neu erschienen.
Tatsachen beenden die Gerüchteküche
Leider sind auch immer wieder durch Indiskretionen Teilaspekte der Norm, welche noch nicht ausdiskutiert waren, nach außen gedrungen und haben zu Gerüchten und Verwirrungen in der Branche geführt. So wurden beispielsweise folgende Fragen in der Bearbeitungsphase heiß diskutiert: Was ist mit dem Leistungsumfang? Ist die Fensterbank Teil des Fensteranschlusses? Muss der Anschluss innen dichter als außen sein?
Schlussendlich ist es gelungen, eine moderne und dem Stand der Technik entsprechende ÖNORM zu verabschieden. Jetzt ist es das dringlichste Ziel, die Branche über die konkreten Inhalte zu informieren, sowie Missverständnisse und Fehlinterpretationen aufzuklären. Folgende wesentlichen Vorteile sind dabei herausgekommen:
- Klare Definition des Leistungsumfanges und der Verantwortlichkeiten für Standard- und Objektspezifischen-Fenstereinbau.
- Der Standard-Einbau vereinfacht die Planung und den Einbau bei Einhaltung der vorgegebenen Randbedingungen und ermöglicht die Verwendung von Standarddetails von Systemgebern.
- Der Objektspezifische-Fenstereinbau eröffnet die Möglichkeit der individuellen Planung, wenn eine Gesamtbetrachtung des Bauanschlusses erfolgt und die Gewerkeschnittstellen auch geplant und am Bau überwacht werden.
Was steht wirklich drin?
Die wesentlichen Neuerungen und Änderungen:
- Der Anwendungsbereich der Norm wurde von Fenstern, Fenstertüren und Außentüren, um außen liegende Anbauteile (z. B. Sonnen-, Insektenschutzeinrichtungen und/oder Lüftungseinrichtungen) erweitert. Dazu zählen außenseitige, fassadenintegrierte, bereits vor oder während des Fenstereinbaus am Fenster montierte Anbauteile, die damit Bestandteil des Fensters sind.
- Die Norm gilt sowohl für den Neubau und die Gebäudesanierung als auch für den Fenstertausch.
- Die Norm gilt nicht für Reparatur bzw. Rekonstruktion bestehender Fenster, im Bereich des Denkmalschutzes, Innentüren, Dachflächenfenster, Lichtkuppeln u. Ä.
- In den Grundanforderungen sind konkrete Anforderungen im Hinblick auf die mechanische Festigkeit, die Schlagregendichtheit, die Luftdurchlässigkeit, den Wärme- und Schallschutz, die Einbruchhemmung und die Barrierefreiheit eines vollständig fertiggestellten Fenstereinbaues festgelegt und darüber hinaus auch Anforderungen z. B. an die Bewitterung des Fensteranschlusses während der Bauphase oder Anforderungen an Bauteile und Materialien.
- Es wurde ein Standard-Fenstereinbau definiert. Dieser stellt die Mindestanforderungen an den Anschluss von Fenstern an den Wandbildner/tragenden Bauteil bzw. bei Fenstertausch an die bestehende unveränderte Wand dar und beinhaltet die Befestigung, das Füllen der Fuge und die innere und äußere Abdichtung. Es können Regel- und Standard-Details oder fachgerechte Einbaudetails von Systemherstellern für den gesamten Fensteranschluss verwendet werden. Ein bauphysikalischer Nachweis ist nicht erforderlich. Die Fensterbank (außen und innen) ist nicht Teil des Fensteranschlusses im Sinne der ÖNORM.
Mit dieser Definition des Standard-Fenstereinbaues ist es auch gelungen, eine klare Gewerketrennung zu erreichen. Damit hat der Fenstermonteur erstmals die Möglichkeit, nach Abschluss seiner Montagearbeiten, sein Gewerk zu übergeben und vom Bauherrn oder der örtlichen Bauaufsicht abnehmen zu lassen.
Auf der anderen Seite beinhaltet der objektspezifische Fenstereinbau alle Anschlüsse der Anschlussebenen an die Bauteilschichten der Wand und des Fensters und wird in der Regel von mehreren Gewerken ausgeführt.
Der Leistungsumfang der einzelnen Gewerke und die jeweiligen Gewerkeschnittstellen sind zu planen bzw. festzulegen (vom Planer!). Von diesem Bauanschluss sind alle Anforderungen in Hinblick auf die Statik, Bauphysik und Gebrauchs- und Funktionstauglichkeit zu erfüllen.
Nutzer muss die Fuge selbst kontrollieren
Um die Funktionstüchtigkeit des Bauanschlusses über einen wirtschaftlichen Nutzungszeitraum des Fensters sicherstellen zu können, ist eine Wartung derselben notwendig (visuelle Kontrolle). Diese ist durch den Nutzer oder seinen Bevollmächtigten durchzuführen oder zu veranlassen. Liegen offene Fugen oder andere sichtbare Veränderungen der Anschlüsse vor, sind entsprechende Instandhaltungs- und/oder Instandsetzungsmaßnahmen zu veranlassen.
Detailspezifikationen
Neben diesen Neuerungen und Änderungen wurde eine Vielzahl von Details neu definiert. Eine Aufzählung all dieser Detailanforderungen würde den Umfang dieses Beitrages sprengen und ist in der Norm nachzulesen. Nichtsdestotrotz sollen einige ausgewählte Aspekte nachfolgend erläutert werden:
- Der Wandbildner/tragende Baukörper muss in der Lage sein, die einzuleitenden Lasten abzutragen.
- Die Oberflächen der angrenzenden Bauteile sind eben, tragfähig, nichtsandend, trocken, rissfrei und für den Anschluss der Dichtmittel zu planen. Erforderlichenfalls ist ein Glattstrich vorzusehen.
- Bei Wandbildnern/tragenden Baukörpern mit Hohlräumen im Brüstungs- und Sturzbereich (z. B. Lochziegel) müssen die Lochungen verschlossen sein, um schädliche Konvektion in diesen Bereichen zu vermeiden.
- Der Fensteranschluss muss geeignet sein eine schädliche Kondensatbildung (Diffusion) gemäß ÖNORM B 8110-2 zu verhindern.
- Das feuchtetechnische Verhalten der angrenzenden Baustoffe ist für das Dampfdiffusionsverhalten ebenfalls maßgeblich. Bei dampfdiffusionsoffeneren Wänden sind rauminnenseitige dampfdiffusionsdichtere Anschlüsse nicht erforderlich.
- Eine luftdichte Ausführung ist jedenfalls herzustellen. Beim Anschluss an der Rauminnenseite ist die Luftdichte-Ebene (LDE) des Fensters an die LDE der Wand umlaufend anzuschließen. Ist die LDE der Wand zum Zeitpunkt des Fenstereinbaus noch nicht hergestellt, ist ein geeignetes Anschlusssystem zu wählen und an den Wandbildner anzuschließen. Das nachfolgende Gewerk hat darauf ordnungsgemäß anzuschließen.
- Beim Anschluss an der Außenseite ist die Schlagregendichte-Ebene (SDE) des Fensters an die SDE der Wand umlaufend anzuschließen. Ist die SDE der Wand und/oder der Terrasse u. dgl. zum Zeitpunkt des Fenstereinbaus noch nicht hergestellt, ist ein geeignetes Anschlusssystem zu wählen und dieses an den Wandbildner anzuschließen. Das nachfolgende Gewerk hat darauf ordnungsgemäß anzuschließen.
- Bei einem Fenstertausch hat der Anschluss zumindest an den Innenputz oder Gleichwertiges zu erfolgen.
- Bei einem Fenstertausch hat der Anschluss an die Fassade, z. B. den Außenputz oder Gleichwertiges, zu erfolgen. Anschlüsse an Flachdach- oder Bauwerksabdichtungen bzw. an die Fensterbank sind neu herzustellen.
- Bei Einhaltung der Einbautoleranzen ist im Regenfall zu erwarten, dass sich Fenster im entriegelten Zustand nicht selbstständig öffnen oder schließen. In Sonderfällen (z. B. große Abmessungen und/oder schwere Verglasungen) können dafür Zusatzmaßnahmen (z. B. Bremsscheren) erforderlich sein.—
Fachseminare
Die Holzforschung bietet zur Einführung der neuen ÖNORM Basis- und Vertiefungsseminare im Mai und Juni in Österreich an.
Fenstereinbau NEU | Basisseminar:
- 18. Mai, Steinhäusl
- 19. Mai, Ansfelden
- 20. Mai, Schwaz
- 21. Mai, Graz
Fenstereinbau NEU | Vertiefungsworkshop
- 10. Juni, Mondsee
Anmeldungen unter www.holzforschung.at