Karl Standecker, Standecker Bautechnik, Öbv Sachverständiger und Fensterbauer schreibt uns:
Experten, die ihre Meinung auf der Grundlage ihrer Eitelkeit verbreiten, bewegen sich auf Glatteis. Der fachlich fundierte Leser wird die getroffenen Aussagen erst mit Blick auf das Eigeninteresse der Experten überdenken und erst im zweiten Schritt die sachlichen Aussagen bewerten.
Frage 1: Welche Bedeutung hat für Sie für die Bauanschlussfuge das Prinzip „Innen dichter als außen“? Ist das Prinzip immer zwingend anzuwenden?
Herr Berger hat hierzu eine nachvollziehbar begründete Antwort gegeben, welche jedoch durch die persönliche Meinungsmitteilung im letzten Satz an Wirkung verliert. Herrn Müllers Aussagen wirken auf mich wegen fehlender sachlicher Begründung realitätsfremd. Weder die Fachliteratur noch die landläufige Meinung kennt die Anforderung, dass Leibungen ausgeputzt werden müssen. Glattstrich wäre hier das Schlagwort, so dieser überhaupt nötig ist. Die geschilderte Erkenntnis der Zunahme von Holzfeuchte bis zur Fasersättigung auf Grund einer korrekt geplanten und ausgeführten Abdichtung ist nicht nachvollziehbar und widerspricht jeglichen bauphysikalischen Grundlagen und Praxiserfahrungen. Ihr geschilderter Fugenaufbau mit beidseitiger Versiegelung und Flachleiste innen mag am Prüfstand funktionieren, die Realität zeigt an jeder so aufgebauten Fugenabdichtung (Wartungsfugen) spätestens nach 2 Jahren Fugenabrisse und somit bauphysikalisch riskante Undichtigkeiten. Die getroffene Aussage, Leibungen können im Altbau auf Grund des Bauablaufes nicht verputzt werden, lege ich unter der Rubrik „Märchen“ ab.
Frage 2: Sind PU-Schäume alleine in der Lage, eine Baukörper-Anschlussfuge gleichzeitig zu dämmen und abzudichten? Lassen sich damit Anschlüsse herstellen, die den allgemeinen anerkannten Regeln der Technik genügen?
Herr Müller beruft sich auf Untersuchungen die prinzipiell die Anforderung „dämmen und abzudichten“ erfüllen. Ich gebe ihm Recht, am Prüfstand ja! Auf längere Zeit im Bauwerk – ein klares Nein! Bei Demontagen von Altbaufenstern wird man feststellen, dass weit über zwei Drittel aller geschäumter Fugen zumeist zur Leibung abgerissen sind. In ca. 70% aller Altbaufugen zeigt sich bei der Demontage, dass Fugen in der Tiefe meist nur bis zur Hälfte geschäumt sind. Verstärkt konnte man in den letzten Jahren Insektennester und Veralgung in der Schaumfuge am Übergang „Fensterbank-Seitenteil zur Fuge“ bis zu 15cm Höhe in der Fuge vorfinden. Ich denke, er stellt hier Prüfstanderfahrungen realen Langzeiterfahrungen gleich. Wir reden bei Fenstern von einer Nutzungsdauer von ca. 30 Jahren. Da genügt es nicht wenn der Schaum lt. Prüfstand die Gewährleistungszeit übersteht und die nächsten 25 Jahre versottet.
Frage 3: Wie beurteilen Sie Schadensfälle im Vergleich zu früher? Hat sich bei den Ursachen und den daraus resultierenden Wirkungen etwas geändert? Nehmen Tauwasserprobleme im Baukörperanschluss zu?
Herr Berger trifft mit seiner Aussage den Nagel auf dem Kopf! Bei seiner Aufzählung „Planer, Bauleiter und Handwerker“ fehlt noch die Industrie. Die Antwort des Herrn Müller verwundert dagegen doch sehr. Seine Aussage, dass die Schimmelbildung in den letzten Jahren gerade bei Gebäuden mit Bauanschlüssen nach allgemein anerkannter Regel der Technik zugenommen hat, verweist dann doch in die eingangs beschriebene Eitelkeit des Experten. Verstärkte Schimmelbildung gibt es nicht erst die letzten Jahre, historisch betrachtet bildet zum einen die Bautechnik zum anderen die gesellschaftliche Situation die Grundlage dafür. Gebäude aus den 40er/50er Jahren des letzten Jahrhunderts hatten auf Grund der Baumaterialien und der vorhandenen Bautechnik relativ viele Räume mit Schimmel. Meist wurde nur die Küche beheizt und am Abend die restlichen Räume über geöffnete Türen „überschlagen“. Der durch damals große Familien produzierte „Dampf“ wurde so an die kalten Außenwände transportiert und zeigte sich durch graue Wände. Besser wurde es erst Ende der 60er Jahre als Zentralheizungen verbaut wurden und der Liter Öl 15 Pfennige gekostet hat – es wurde mehr und großzügig beheizt. Eine Häufung von Schimmel in Gebäuden kann man ab der Mitte der 1980er Jahre feststellen. Der Hintergrund ist bei den steigenden energetischen Kosten zu festzuhalten. Die Gebäude wurden wieder sparsamer beheizt. Dies war auch die Zeit in der eine Art „Rosenheimer Prüf- und Richtlinien Marathon“ entstand. Die von ihm angesprochene fehlende Verbraucheraufklärung ist nicht korrekt, ein falsches Wohnverhalten der betroffenen Verbraucher und falsche Aufklärung durch so genannte „Alte Hasen Handwerker“ die nicht dazugelernt haben, wäre treffend. Ihre Äußerung zu Theoretikern, Thermografen und sonstiges sehe ich so: „da kommen welche und nehmen uns die Prüfungen im Labor weg“ – einfach nur Eitel! Ihre Frage nach der Zukunft für das Handwerk sehe ich gerade durch ihre Aussagen gefährdet. Die Anforderungen der Zeit können mit einem 1970er Meisterwissen nicht mehr gerecht werden.
Frage 4: Die Montage ist im Vergleich zu früher deutlich aufwendiger und komplizierter geworden. Ist dies gerechtfertigt oder könnte man mit weniger Aufwand das Gleiche erreichen?
Herrn Müllers Bemerkung zum Montageleitfaden gibt die Meinung einiger „Alten Hasen“ im Fensterbauer-Handwerk wieder: „Das haben wir schon immer so gemacht!“ Der Seitenzuwachs des Leitfadens bestätigt die Aktualität des Leitfadens! Ihre Aussage zur Abdichtung und Dämmung mit Schaum alleine ohne weitere bauphysikalischen Einwirkungen zu entgegnen zeugt von „Prüfstanderfahrungen“, jedoch weit entfernt von Praxiserfahrungen. Die Weiterentwicklung von Baumaterialien fordert eine Weiterentwicklung und Anpassung der Montageleistung.