Glaswelt – Wie ist die Stimmung bei Ihren Verarbeitern?
Dr. Peter Mrosik – Die Stimmung ist in Zentraleuropa sehr gut – wir sind hervorragend ins neue Jahr gestartet. Die Wettersituation in Deutschland ist ja eher zu kalt, aber dennoch sind die Erwartungen übererfüllt worden.
Glaswelt – Generell ist es nach Ihren fulminanten Messeauftritten etwas ruhiger geworden um profine – wie lässt sich das bewerten?
Dr. Mrosik – Wir haben im Laufe der letzten Jahre einige signifikante Investitionen vollzogen, die zur Marktreife gelangt sind: Das 76er System 2014 und das 88er System im letzten Jahr. Dazu haben wir noch die Farbwelten rund um ProCoverTec und die beiden Hebe-Schiebe-Türen in den jeweiligen Profiltiefen eingeführt. Das ist in sich jetzt eine schlüssige Produktstrategie, sowohl was das Thema Farbe als auch die Bautiefen angeht. Aber mit der Markteinführung beginnt erst die vertriebliche Arbeit, die nicht nur die Bestandskunden betrifft. Auch potenzielle Neukunden überzeugen wir von den Vorteilen unserer Produktpalette. Das ist uns im letzten Jahr gut gelungen und die Effekte werden wir in den Folgejahren sehen. Damit sind wir zurück auf der Bildfläche als Innovationsführer und wir setzen Akzente im Produktbereich.
Glaswelt – Konnten Sie de facto Verarbeiter umstellen, die vorher ein anderes Profilsystem bezogen haben?
Dr. Mrosik – Oh ja, so viele wie seit Jahren nicht mehr. Und da reden wir über alle Länder, in denen die neuen Systeme etabliert wurden. Mit diesem Ergebnis sind wir hoch zufrieden.
Glaswelt – Wie kommt es zu dieser Entwicklung?
Dr. Mrosik – Diese Kunden haben sich sehr bewusst dafür entschieden, zu profine zu kommen. Und da gibt es eine ganze Reihe von Argumenten: Nicht nur die genannten Produktargumente. Das sind auch Markenargumente, denn Sie wissen, dass wir viel in die einzelnen Marken investieren – namentlich Kömmerling hier in Deutschland oder KBE in Russland oder Trocal in Österreich. Das hat zudem vielleicht damit zu tun, dass profine ein Unternehmen ist, dem ein geschäftsführender Gesellschafter vorsteht. Damit ist es eines der wenigen Unternehmen im Markt, die ein „Gesicht“ in der Führung haben.
Glaswelt – Im letzten Jahr haben einige aus dem Führungszirkel das Haus verlassen. Sind die Positionen wieder besetzt worden?
Dr. Mrosik – Ja, selbstverständlich. Wir schauen immer in die Organisation und fragen uns, ob wir das Team noch weiter optimieren können. Das ist ganz normal und der Lauf der Dinge und natürlich sind alle Positionen wieder neu besetzt worden. Dabei legen wir Wert darauf, die Vakanzen aus den eigenen Reihen neu zu besetzen.
Glaswelt – Was wird bei Ihnen am „runden Tisch“ besprochen – wer ist dabei?
Dr. Mrosik – Ich glaube, das Thema Kommunikation ist extrem wichtig und auch der Transport von Informationen sowohl runter in die Belegschaft als auch in die andere Richtung zu mir. Es besteht manchmal die Gefahr, dass etwas versickert in den Ebenen die dazwischen liegen. Insofern ist es wichtig, an allen Standorten monatlich diesen „runden Tisch“ stattfinden zu lassen. Dazu melden sich Mitarbeiter und wir diskutieren hier die Themen, die sie bewegen und stellen Probleme und Sorgen nach Möglichkeit ab.
Glaswelt – Wie ist die Umsatzsituation aktuell. Wie konnten Sie 2016 abschließen, was haben Sie sich für 2017 vorgenommen?
Dr. Mrosik – Wir haben ein ordentliches Wachstum hingelegt in einem Jahr, das für uns eigentlich ein Übergangsjahr ist. Wir sind in allen Organisationen – mit Ausnahme Russland – gewachsen. In Russland machen wir gerade eine Seitwärtsbewegung, was auch schon als Erfolg zu bewerten ist.
Glaswelt – Wieso sprechen Sie von einem Übergangsjahr?
Dr. Mrosik – Weil wir in der komplexesten Phase in der Geschichte der Gruppe sind, denn wir bevorraten noch viele Alt-Systeme und implementieren gerade die neuen Profilgenerationen.
Glaswelt – Umsätze sind das eine – sind Sie auch zufrieden mit den Ergebnissen?
Dr. Mrosik – Das ist zwar jetzt eine Herz-Lungen-Transplantation über fünf Jahre gewesen, aber selbst in dieser Phase haben wir in jedem Jahr ein deutliches Ergebniswachstum erzielen können. Im Ergebnis konnten wir uns 2016 zweistellig verbessern. Und alle Anzeichen sprechen dafür, dass das in diesem Jahr auch so sein wird, schließlich wird sich in Zukunft die Komplexität deutlich verringern im Hause profine. Das wird sich zwangsläufig auf das Ergebnis auswirken.
Glaswelt – Glauben Sie daran, dass die Systemgeberlandschaft mit den bekannten Playern auch in Zukunft so Bestand haben wird? Oder können Sie sich noch einen weiteren Konzentrationsprozess vorstellen? Werden Sie diesen aktiv angehen?
Dr. Mrosik – Die profine hat eine sehr wechselvolle Historie, was ihre Konsolidierung angeht. Mit dieser Phase müssen jetzt auch andere zurechtkommen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, wie sich die profine vor ca. 16 Jahren befand. Was ich damit sagen will: Wir sehen unsere Gruppe gut aufgestellt und wir sehen keinen Anlass, dass wir an einer möglichen Konsolidierung partizipieren.
Dass eine Konsolidierung erforderlich ist, ist unbestritten. Es gibt ja immer mal wieder Gerüchte, dass der ein oder andere verkauft werden könnte.
Glaswelt – Wie weit sind Sie mit der Einführung des Premiumsystems 88 bei Ihren Kunden? Welchen Stellenwert hat das System jetzt bei profine?
Dr. Mrosik – Da muss ich etwas ausholen: Wir haben einen überragenden Erfolg mit dem 76 mm System. Dieses Profil hat bauphysikalische Eigenschaften wie sonst nur deutlich bautiefere Systeme. Das 88er Profil ist das erste System, das im Standard passivhaustauglich ist unter Verwendung normaler Stahlverstärkungen. Es setzt also auch Zeichen – vor allem im Premiumsegment. Dennoch deckt das 76er System viel mehr Anforderungen ab, die früher mit unserem alten 70er Profil nicht abzudecken waren. Insofern wird der Umsatzanteil des 88er Systems tendenziell etwas zurückgehen und das 76er wird vom Volumen her noch stärker werden. Wir glauben, dass ca. 25 Prozent des Umsatzes in Deutschland durch das 88er System generiert werden.
Glaswelt – Nach wie vor haben Sie dieses 70 mm System im Programm – wären Sie froh, wenn Sie dieses System aus dem Angebot nehmen könnten?
Dr. Mrosik – Ja. Und wir haben auch schon Ideen, aber da muss ich Sie und Ihre Leser jetzt noch etwas im Nebel lassen. 2018 werden wir jedenfalls in diesem Punkt etwas sehr Interessantes präsentieren.
Glaswelt – Ende 2015 wurde darüber gesprochen, dass Sie am Standort Pirmasens investieren – was ist aus den Plänen geworden?
Dr. Mrosik – Diese Thematik ist sehr komplex – und die Planungen haben sich jetzt noch einmal ein gutes halbes Jahr hingezogen. Das Bauland, das für uns in Frage kommt, ist in der Hand unterschiedlicher Eigentümer und dort die Verträge jetzt so abzuschließen, dass wir ein größeres zusammenhängendes Grundstück bekommen, war die große Herausforderung. Wir liegen aber in der Zielgeraden und hoffen, dass wir hier dann auch im ersten Quartal Vollzug melden können.
Glaswelt – Es hieß, man wolle mehr Platz für die Logistik und Oberfläche schaffen – zu welchem Zweck?
Dr. Mrosik – Wir sind gefordert, die Anlagenkapazitäten bei ProCoverTec zu erweitern und wollen in Pirmasens ein Kompetenzzentrum Farbe einschließlich der erforderlichen Logistik bauen.
Glaswelt – Geht es ausschließlich um ProCoverTec?
Dr. Mrosik – Nein, wir möchten dort die gesamten Oberflächen-Veredelungen des Standortes konzentrieren.
Glaswelt – Wer nutzt proCoverTec, in welchen Profilen kommt sie zur Anwendung, wie kommt sie an?
Dr. Mrosik – Wir haben hier eine Lernkurve in Kauf genommen, auch weil dieses Produkt einzigartig ist. Die Technologien der Wettbewerber sind alle etwas anders. Wir haben eine hochpigmentierte Rezeptur, die letztendlich dazu dient, dass die Elemente trotz dunkler Farbe zusätzlich auskühlen. Einige Kunden sind in Deutschland damit bereits am Netz und nach den „Wehwehchen“ am Anfang haben wir jetzt in Berlin eine einzigartige Produktion mit hohem Industriestandard, die etwa 1,2 Mio. lfm pro Jahr produzieren kann. Übrigens haben wir hier einen zweistelligen Millionenbetrag investiert. Im nächsten Schritt gehen wir jetzt damit an unsere Kunden in den Niederlanden. Dort wird dieses Verfahren die Acryloberfläche des 76er Systems substituieren.
Glaswelt – Ist ProCoverTec dann die Zukunft der farbigen Oberfläche bei profine?
Dr. Mrosik – Ja, das kann man so sagen. In den farbaffinen Niederlanden produzieren wir fast ausschließlich FullCover und BiColor – mit eingezogener Dichtung übrigens. In Berlin werden wir damit jetzt die Vollauslastung erreichen.
Glaswelt – Ist es Ihr Ziel, den Anteil folienkaschierter Profile zu verringern?
Dr. Mrosik – Nein, wir wollen einfach den Anteil der Acryl-Oberflächen substituieren. Im Bereich der folienkaschierten Profile haben wir sogar noch stark investiert. Generell steht das Thema Farbe bei profine auf drei Säulen: Das ist erstens die Folierung – und da sind wir die ersten, die sukzessive auf die PX-Folie von Renolit umgestiegen sind. Die zweite Säule ist ProCoverTec und die dritte Säule, die übrigens sehr stark im kommen ist, ist Alu-Clip – also die aufgesetzte Aluminiumschale auf das PVC-Profil. Dort sind wir entscheidende Schritte nach vorne gegangen mit neuen Lieferanten und neuen Konzepten. Generell sehen wir die Notwendigkeit, in allen drei Farbwelten zu Hause sein, um überhaupt bestehen zu können.
Glaswelt – Gibt es auch eine vierte Säule, die Profillackierung?
Dr. Mrosik – Für den Raum Südamerika gibt es diese Möglichkeiten, aber das ist kein Thema für Zentraleuropa. Sie haben mit dem Lack immer das Problem, dass sie immer Thermostabilitätsfaktoren mit einplanen müssen. Das heißt: Ein Lack heizt auf, ProCoverTec aber kühlt ab.
Glaswelt – Sie bieten mittlerweile auch ein Pergola-Set und auch einen Sicherheitsgriff Lockstar mit an – wollen Sie das Portfolio jenseits der Fensterprofile noch weiter ausbauen?
Dr. Mrosik – Unsere Kunden stehen zu uns in der Erwartungshaltung eines Systemhauses. Bei uns werden also ergänzende Produkte aber auch Dienstleistungen nachgefragt. Die Pergola wird für den Privatkundenbereich aber auch für den Hotellerie- und Gaststättenbereich von unseren Verarbeitern vertrieben – zum Beispiel in Großbritannien. Viel Erfolg versprechen wir uns von dem Sicherheitsgriff Lockstar – wir bieten damit ein modular aufgebautes Produkt an, das bis hin zu einer Bluetooth-Verbindung auf das Smartphone Klima, Lüftung und mehr am Haus regeln kann. Im Dienstleistungbereich bieten wir unseren Kunden eine Beratung in Hinsicht auf strategische Weiterentwicklung bis hin zur Verbesserung der wirtschaftlichen Effizienz. Auch das ist wichtig, denn der Verarbeitermarkt wird sich sicher in nächster Zeit weiter konsolidieren. Und wir wollen, dass unsere Verarbeiter am Markt bestens positioniert sind. Und dann gibt es auch noch den Montageservice, den wir unseren Kunden offerieren.
Glaswelt – Damit meinen Sie den Montagedienstleister HeldA. Dieses Tochter-Unternehmen soll den herstellenden Betrieben im Montagethema unter die Arme greifen. Wie ist hier der Stand der Dinge, wie kommt das Tochterunternehmen im Markt an?
Dr. Mrosik – Es gibt bei unseren Verarbeitern regelmäßig Engpässe – beispielsweise im Sommer – wenn es um die Montage der Fenster geht. Und dann kann dieser auf diesen Service zurückgreifen. HeldA kann und soll unabhängig operieren und wir sind von der Nachfrage absolut überrollt worden. Wir werden jetzt die Montagetruppen auf 150 Mitarbeiter ausbauen. Aktuell stehen wir leider viel zu häufig vor der Frage, wen wir jetzt bedienen und wem wir absagen müssen.
Glaswelt – Vor zwei Jahren hatten Sie auch einen Stand auf der BAU – warum waren Sie in diesem Jahr nicht dabei?
Dr. Mrosik – Vor zwei Jahren war es ein Test. Generell stellen wir uns die Frage, ob das die richtige Messe ist, wo sich ein Profilextrudeur blicken lassen muss. Ich sage immer: Ganz oder gar nicht – mit einem kleinen „Ständchen“ haben wir dort nicht die multiplikatorische Wirkung, die wir zum Beispiel auf der FENSTERBAU erzielen können.
Glaswelt – Aber vor Ort waren Sie trotzdem – was haben Sie entdeckt?
Dr. Mrosik – Ja, ich war beispielsweise sehr beeindruckt von dem Messeauftritt von Schüco. Wirklich beeindruckend. Insgesamt wird die BAU internationaler, das konnte man überall spüren. Nicht nur unsere Verarbeiter wie z. B. Kneer haben sich toll präsentiert, sondern immer mehr auch polnische Anbieter. Man muss eigentlich da gewesen sein.
Glaswelt – Warum gibt es eigentlich keinen Profine- bzw. Kömmerling-Verarbeiter-Treff für den gegenseitigen Austausch und für die Informationsübermittlung?
Dr. Mrosik – Da haben Sie recht, in diesem Jahr werden wir diesen Austausch auch wieder vermehrt pflegen. Wir werden sogenannte regionale Business-Dialoge durchführen, wo wir ca. 30 Verarbeiter gemeinsam ansprechen. Die Gespräche, die sie dann führen können haben eine ganz andere Qualität, als wenn sie 500 Verarbeiter bei sich versammeln.
Glaswelt – Oder wollen Sie das jetzt immer samstags in der Mainz 05-Loge zelebrieren?
Dr. Mrosik – (lacht) Der Effekt einer Trikotwerbung hat uns schlichtweg positiv überrascht – Fußball entfacht nun einmal multiplikatorische Wirkungen. Wir haben eine relativ große Loge im Stadion in Mainz und können alle zwei Wochen an die 30 Verarbeiter dorthin einladen. Der Verein Mainz 05 ist aber auch sehr sympathisch und ich kann mir im Moment kein besseres Instrument zur Kundenbindung vorstellen.
Glaswelt – Waren Sie eigentlich schon vor Ihrem Engagement in Mainz ein Fan dieser Mannschaft?
Dr. Mrosik – Ich war immer dem Fußball dort sehr verbunden. Auch weil Mainz ziemlich nah an meinem Wohnort ist und ich die handelnden Personen im Verein schon länger kenne. Insofern gibt es eine gewisse Affinität gegenüber dem Fußball insgesamt aber vor allem auch was diesen Club angeht.
Glaswelt – Die Vorbereitungen für die FENSTERBAU sind schon angelaufen, verraten Sie mir mehr – auch über Weiterentwicklungen und Investitionsplanungen bei Ihnen?
Dr. Mrosik – Wir werden ähnlich auftreten wie die letzten Male. Unsere Produkte werden wieder für uns sprechen, wir werden über interessante Themen sprechen können. Es gibt Ideen, wie wir uns produktseitig noch weiter ergänzen wollen und ich glaube, dass wir mit ganz interessanten Dingen 2018 aufwarten können. —
Herr Dr. Mrosik, vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Chefredakteur Daniel Mund.