_ Auf der einen Seite offerieren Fensterbauer ihren Kunden Bauelemente. An der anderen Beraterfront stehen Gebäudeenergieberater, um die gleichen Personen bei der Frage zu unterstützen, welche Sanierungsmaßnahmen für ihre Wohnung oder ihr Haus sinnvoll sind. Gut, wenn Fensterbauer und Gebäudeenergieberater auch miteinander sprechen und sich austauschen. Die Fensterbaufachbetriebe Dieter Müller und Bernd König als Vertreter ihrer Glaserinnung und der Energieberater Ulrich König tun dies bereits seit vielen Jahren – institutionalisiert durch den „Stuttgarter Sanierungsstandard“. Alle Vertreter ihres Standes machen im Gespräch mit der GLASWELT deutlich, dass für alle auch etwas Positives dabei herauskommt: Der Energieberater kann seine unabhängige Position gegenüber allen Gewerken wahren, der Fensteranbieter kann seinen Kunden einen überprüften Qualitätsstandard vorweisen und der Sanierungswillige darf sich nach Abschluss seiner Sanierungsmaßnahme sicher sein, das Optimum herausgeholt zu haben.
Die Drehscheibe dabei ist das Energieberatungszentrum Stuttgart (EBZ), ein Verein der als Regionalpartner der Deutschen Energie-Agentur (dena) agiert. Dieser gilt bereits bundesweit als gelungenes Beispiel für die erfolgreiche Partnerschaft zwischen Verwaltung und privaten Gruppen. Und zu diesen privaten Gruppen zählen auch die Fensterbauer der Stadt. Diese – wie auch weitere an der Sanierung von Gebäuden teilhabende Handwerker – treten als Mitglieder des EBZ für das Ziel ein, Gebäude energetisch sinnvoll aufzuwerten. „Damit kann ein wesentlicher Beitrag für einen nachhaltigen Umgang mit Energie geleistet und dabei auch noch Geld gespart werden“, so der Geschäftsführer des Vereins, Ulrich König. Der Verein wurde 1999 gegründet und finanziert sich aus Mitgliedsbeiträgen, öffentlichen Zuschüssen, der Projektförderung und Energiediagnosen. Das bedeutet: Die Energieberater des EBZ können den Bauherren eine neutrale Beratung zu einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis anbieten. Und wer sind die Mitglieder? Die Liste ist hier lang – angefangen von der Stadt Stuttgart, des städtischen Haus- und Grundbesitzervereins, Wohnungsbaugesellschaften und Energieversorgern bis hin zu den Handwerker-Innungen. Die Innungsmitglieder der Stuttgarter und Ludwigsburger Glaser (= Fensterbauer), die sich besonders für eine Kooperation mit dem EBZ einsetzen, haben sich zu einem „Arbeitskreis der Glaser im EBZ“ zusammengeschlossen.
Stuttgarter Sanierungsstandard als Erfolgsmodell
Einen besonderen Namen bundesweit hat sich das Zentrum mit der Etablierung des „Stuttgarter Sanierungsstandards“ gemacht. Jedes EBZ-Mitglied verpflichtet sich zur Erfüllung dieses Standards und lässt sich auch durch die Mitarbeiter des Vereins auf der Baustelle kontrollieren. Ulrich König: „Wenn der Bauherr mit einem Sanierungswunsch zu uns kommt, gehen wir in mehreren Schritten vor. Zunächst erstellen wir für ihn eine Energiediagnose.“ Das heißt, es wird vor Ort der allgemeine Gebäudezustand, die Gebäudehülle, das Heizsystem, etc. begutachtet. Unter Umständen werden noch weitere Maßnahmen wie ein Blower-Door-Test oder eine Thermografieaufnahme durchgeführt. Anschließend kann der Energieberater für unterschiedliche Sanierungsvorschläge die zu erwartende Energieeinsparung berechnen, Ausführungsvorschläge für Wärmedämmung und Haustechnik machen und zugleich auch den Fördersatz im kommunalen Energiesparprogramm der Stadt Stuttgart ausweisen. „Auch wenn das Budget zunächst nur einzelne Maßnahmen zulässt, lohnt sich die Erarbeitung eines langfristigen Sanierungsgesamtplans. So lassen sich notwendige Vor- oder Folgearbeiten gleich mit einbeziehen und damit teilweise erhebliche Kosten einsparen“, erläutert Ulrich König. Generell sei aber festzustellen, dass immer mehr Kunden zunächst nur Einzelmaßnahmen finanzieren können – Gesamtsanierungen würden aufgrund knapper werdender Budgets immer seltener möglich werden.Wenn dann der Sanierungsfahrplan steht, kommen die Handwerker ins Spiel: Für die Gewerke Fassadendämmung, Dach, Fenster, Heizung und Elektro hat das EBZ über 100 Betriebe gelistet, die den Neubau bzw. die Modernisierung nach dem Stuttgarter Sanierungsstandard durchführen. Mit diesen Handwerkern kann der Bauherr sicher sein, dass diese für sämtliche Sanierungsphasen verbindliche Normen und Richtlinien einhalten. Und: Mit diesem Sanierungsstandard wird auch die Umsetzung der technischen Anforderungen garantiert. „Das geht nur, wenn sie die Handwerksbetriebe wirklich kennen“, so Ulrich König. Die gelisteten Betriebe wurden entsprechend geschult und können ihrerseits auch mit dem Stuttgarter Sanierungsstandard werben.
Der Teufel steckt im Detail
Während des Bauprozesses verpflichtet sich der Handwerker, Bescheid zu geben, sobald zuvor festgelegte Schnittstellen erreicht werden. Dann kommt ein Planer aus dem EBZ auf die Baustelle, prüft diese Teilleistung und dokumentiert sie. Ulrich König: „Der Teufel steckt wie so oft im Detail – da können unsere Vor-Ort-Termine schon ganz früh mögliche Probleme ausschalten. Mit diesen Maßnahmen sind wir die einzige Energieagentur, die eine objektspezifische Qualitätssicherung durchführt.“ Wichtig sei vor allem, dass der Informationsfluss in Gang kommt und die Gewerkevertreter sich austauschen und sich alle auf einem Qualitätslevel befinden. „Das haben wir aber auch durch unsere zahlreichen Schulungsmaßnahmen, die jeder Unternehmer und auch die Vorarbeiter absolvieren müssen, sichergestellt“, erläutert der EBZ-Chef.
Fensterbauer profitieren von der Handwerkerliste
Einen ganz wichtigen Nebeneffekt bringt der Glasermeister und staatlich geprüfte Glasbautechniker Bernd König, der im Raum Stuttgart als Fachbetrieb von Holz-, Alu-/Holz-, Aluminium- und Kunststofffenstern agiert, ins Spiel: „Da wir im Sanierungsstandard gelistet sind, kommen mittlerweile auch Kunden über das EBZ zu mir.“ Wichtig sei aber auch ihm der Aspekt des Netzwerkens in der Region. Davon würden alle profitieren, ist er überzeugt. Einen anderen Gedanken bringt im Gespräch Glasermeister und Unternehmer Dieter Müller ins Spiel: „Wenn ein Bauherr zusammen mit dem EBZ eine Maßnahme durchführt, ist er zugleich auch als zahlungskräftig einzustufen. Dann können wir sicher sein, dass am Ende auch bezahlt wird.“ Zugleich habe auch er durch die Schulungen dazugelernt und seine Kunden seien froh, wenn man diese auf die Fördermöglichkeiten durch das EBZ hinweisen könne. Zusätzlich freut er sich, dass er bei der Schimmel- bzw. Lüftungsthematik aus der Verantwortung raus ist: „Das Lüftungskonzept, das ja häufig bei einer Sanierungsmaßnahme vorgelegt werden muss, wird bereits durch das EBZ geklärt.“ —
Kontakt: EBZ: www.ebz-stuttgart.de
Fenster Müller: www.qualitaetsfenster.com
Fensterbau König: www.fenster-koenig.de
Stuttgarter Sanierungsstandard
Der Stuttgarter Sanierungsstandard ist eine geschützte Marke, die auch auf andere Städte und Länder übertragbar ist. In Stuttgart und der Region arbeiten aktuell über 100 Handwerksbetriebe in Kooperation mit den EBZ-Energieberatern nach diesen Richtlinien. Dabei wird nach folgenden Schritten vorgegangen:
- Schritt 1: Erstellung einer Energiediagnose zur Ermittlung der Maßnahmenkombinationen. Vor Ort werden der allgemeine Gebäudezustand, Gebäudehülle, Heizsystem, Warmwasserbereitung etc. überprüft
- Schritt 2: Prüfung der Handwerkerangebote: Sind die Kriterien für den Stuttgarter Standard erfüllt? Und: Sind die Förderkriterien für das Energiesparprogramm der Stadt Stuttgart und der KfW erfüllt?
- Schritt 3: Abschließen der Verträge zwischen Bauherrn, Handwerkern und EBZ.
- Schritt 4: Abarbeiten der Checkliste „Dokumentationsstellen des EBZ ” zusammen mit den beteiligten Handwerkern bzw. dem Architekten, bevor die Arbeiten ausgeführt werden.
- Schritt 5: Mehrere Kontrollen durch unabhängige Ingenieure des EBZ, sobald eine Schnittstelle erreicht wird, und dokumentieren des Leistungsergebnisses. Gegebenenfalls bespricht das EBZ mit dem Kunden und dem Handwerker notwendige Maßnahmen zur Erreichung der Anforderung des Stuttgarter Standards.
- Schritt 6: Bescheinigung und Zertifikat, dass die Arbeiten im Stuttgarter Standard durchgeführt worden sind.