Glaswelt – Für den ISO-Randverbund haben wir am Markt starre, flexible und thermoplastische Abstandhalter-Systeme. Welches davon wird künftig der „Marktführer“ oder wird es auch weiterhin ein Nebeneinander geben?
Alexander Kronsteiner – Jedes System hat seine Vor- und Nachteile, darum wird es zwar einen Verteilungskampf, aber keinen absoluten Systemsieger geben. Dazu haben zu viele Faktoren einen Einfluss. Einige Wichtige will ich hier nennen. Faktor Technik: Die angesprochenen Systeme erfordern bzw. erlauben einen unterschiedlich hohen Automationsgrad, der in verschiedenen Regionen sehr unterschiedlich bleiben wird.
Faktor Wirtschaftlichkeit: Die Kosten für Abstandhaltersysteme, die Maschinenkosten/Investitonskosten und Lohnkosten sind relevant
Faktor Investitionskosten: Bei einer Investition sind immer neben der Investition selbst, weitere Kosten ins Kalkül zu ziehen, wie die Betriebskosten über den gesamten Lebenszyklus, die Lebensdauer der Anlage sowie die Kosten für die Bediener etc. Sichere, schnellere Prozesse und höchste Verfügbarkeit und stabile Verarbeitungsprozesse zeigen in der Praxis große Wirkung.
Faktor Vertriebsstärke: Die Präsenz der Spacer-Anbieter und Dichtstoffhersteller in den jeweiligen Regionen beeinflussen den Verarbeiter.
Faktor unterschiedliche Prüfnormen: Die in Europa übliche Kombination aus Primär- und Sekundärdichtstoffen, neben dem eigentlichen Abstandhalter, ist international längst nicht überall notwendig. Erwähnt seien Hot- und Warm-Melt Dichtstoffe, die einen starken Einfluss auf das Abstandhaltersystem haben.
Weltweit wird vermutlich die prozentuale Verteilung der Spacer ganz unterschiedlich sein, aber es werden uns noch lange alle heute verwendeten Abstandhalter-Systeme begleiten.
Glaswelt – Welches dieser Systeme wird in Bezug auf die voranschreitende Automatisierung die Nase vorn haben?
Kronsteiner – Ohne damit eine Wertung für das jeweilige Gesamtsystem abgeben zu wollen, so sind flexible und thermoplastische Abstandhalter ohne manuelles Zutun und ohne Vorfertigung direkt applizierbar. Zudem erfolgt ein Wechsel der Spacerbreite bei TPA (Themoplastischer Spacer) ohne jegliche Unterbrechung.
Glaswelt – Wenn Verarbeiter ihr Abstandhaltersystem wechseln möchten, welche Kriterien sollten sie dabei nicht vergessen?
Kronsteiner – Wirtschaftlich gesehen empfehle ich, dass man die reinen Zukaufkosten der jeweiligen Abstandhaltersysteme als Letztes bewertet. Denn diese können blenden. In Summe zu betrachten sind die Investitionskosten sowie die laufenden Kosten für Maschinen und Löhne und Material – sprich man sollte hier eine genaue Cost of Ownership Berechnung anstellen, d.h. die Gesamtbetriebskosten ermitteln.
Technisch gesehen muss der Verarbeiter sich bei Überlegungen zu einem Spacer-Wechsel genauestens mit den Konsequenzen, also mit den Vor- und Nachteilen der neuen Abstandhaltermaterialien auseinandersetzen. Hervorzuheben ist z.B., dass man Isoliergläser mit thermoplastischen Abstandhaltern anders behandeln muss als mit starren Systeme. Das reicht hin bis zum Briefing des Fensterbauers. Ist sich der ISO-Hersteller über die genannten Faktoren im klaren und agiert entsprechend, wird jedes System seine jeweiligen Vorteile zum Tragen bringen. Tut er das nicht oder zu oberflächlich, kann einiges in der Produktion schief gehen – was sich, glaube ich, kein Verarbeiter mehr leisten kann.
Glaswelt – Welche neuen Entwicklungen bieten Sie im Bereich Warme Kante und Abstandhalter an?
Kronsteiner – Wir haben technisch eine echte Alternative für die Verarbeitung von thermoplastischen Abstandhaltern entwickelt. Mit unserem TPA (ThermoPlasticApplicator) ist uns ein großer Fortschritt in Bezug auf (Un-)Sichtbarkeit der Nahtstelle an Anfang und Ende des Abstandhalters gelungen. Zudem kann ein hohes Maß an Prozesssicherheit (Gasdichtheit) durch das Verpressen dieser Verschlussstelle nun dem Fensterbauer sowie dem Endkunden Unsicherheiten nehmen. Weil thermoplastische Abstandhalter sich fundamental von festen und flexiblen Systemen unterscheiden, haben wir gleich ein gesamtes Linienkonzept entwickelt, das diese Eigenheiten berücksichtigt, bis das Isolierglas auf dem Glasgestell steht. Dieses Konzept stellt somit auch höchste Präzision bei der Maßhaltigkeit der einzelnen ISO-Einheiten über den gesamten Prozess sicher – das ist einzigartig für die Entwicklung von Lisec.
GLASWELT – Sie haben für die ISO-Fertigung mit der CleanSeal eine Versiegelungsanlage im Programm. Was leistet diese in Detail?
Kronsteiner – Anhand der Entwicklungsziele ist das am leichtesten erklärbar: Die CleanSeal sollte qualitativ neue Maßstäbe setzen, robust und wartungsarm sein sowie einfach zu bedienen. Ziel ist es, höhere Verfügbarkeiten bei geringen Wartungskosten sicherzustellen.
Die neue Versiegelungsanlage verfügt optional über eine unterbrechungsfreie Dosierung und ist somit auch optimal geeignet für die Herstellung von sehr großen ISO-Einheiten und Isoliergläsern mit sehr tiefen Einständen.
Die Dosiergenauigkeit und -dynamik der CleanSeal wurden deutlich verbessert. Nach erfolgter Justierung der Maschine bleibt diese „selbstlernend“ stabil und ist daher sehr sicher und einfach auch im Mehrschichtbetrieb zu betreiben (nicht alle Bediener sind gleich gut geschult).
GLASWELT – Wie sieht es mit der Wartung aus?
Kronsteiner – Die CleanSeal ist robust und wartungsarm, weil wir auf wartungs- und einstellintensive Zahnradpumpentechnik verzichten. Wir sind der bewährten, robusten Druckdosierung mit einfacher aber hochdynamischer Verschlussmechanik treu geblieben. Die eigentliche Entwicklungsarbeit haben wir in die Regelungstechnik gesteckt. Dieses Know-how ist nicht kopierbar und bringt dem Isolierglas-Hersteller einen speziellen Vorteil: Die verwendete Software, sprich die Regelungslogik, ist „verschleißfrei“.
GLASWELT – Wie viele solcher Anlagen sind heute bereits am Markt?
Kronsteiner – Bisher wurden 15 Anlagen ausgeliefert. Bereits die erste Anlage im Feld hat alle genannten Vorteile binnen kurzer Zeit bestätigt.
Glaswelt – Welchen weiteren Service brauchen ISO-Hersteller neben der Anlagentechnik?
Kronsteiner – Unsere Kunden brauchen perfekten, schnellen Service. Klar, Taktzeiten sind nach wie vor wichtig. Für den Gesamtausstoß eines Isolierglas-Betriebes haben aber die Verfügbarkeit und die Planungssicherheit von Produktionsanlagen massiv an Bedeutung zugenommen. Darauf haben wir uns eingestellt.
Glaswelt – Was wünschen Sie der Isolierglasbranche?
Lisec – Bessere Preise für ihre immer hochwertigeren und komplexeren Produkte!—
Die Fragen stellte Matthias Rehberger.
Zur Person
Alexander Kronsteiner, 45, ist seit 25 Jahren für Lisec tätig und startete seine Karriere als Elektrotechniker. Seit zwei Jahren leitet er das globale Produktmanagement, das er komplett neu ausgerichtet hat.