_ Raum, Weite und Transparenz, das zeichnet heute das Innere von modernen Officegebäuden aus. Es scheint aktuell beinahe so, als habe im Rahmen der fortschreitenden Digitalisierung und damit einhergehenden Flexibilität von Büroarbeiten das Einzelbüro ausgedient.
„Diese Entwicklung ist ein Spiegel unserer Zeit“, sagt Innenarchitektin Silke Wachold. „Gefragt sind nicht mehr fixe Büro- oder Raumstrukturen, sondern offene, fließende Räume. Man spricht hier vom Open Space sowie vom Multi Space.“ Dort gehen die Nutzungsfunktionen, wie Schreibtischbereiche, Konferenzräume und – immer wichtiger – Aufenthaltsbereiche, teils fließend ineinander über.
Vom Einzelbüro zur Workbench
Das Arbeitsleben und auch die zugehörigen (gebauten) Strukturen sind einem Wandel unterworfen. Ein Blick zurück macht dies deutlich. Dazu Gestalterin Wachold: „Waren früher die geschlossenen Zellenbüros mit einem oder zwei Mitarbeitern vielfach der Standard, folgte dem das Zellenbüro mit Glaswänden. Dies war ein erster Schritt hin zu mehr Transparenz. Parallel dazu gab es auch Großraumbüros, die allein durch ihre Größe zumindest optisch ein gewisse Großzügigkeit mit sich brachten.“
Ein weiterer Schritt hin zur modernen Bürowelt war dann die Entwicklung hin zum offenen Raum. Dort findet man oft keine fixen Arbeitsplätze mehr, sondern eher Tischgruppen, d. h. die Workbench (eine große, gemeinsame Arbeitsfläche), die für jeden Nutzer bereitsteht.
Flexibleres Arbeiten im offenen Raum
Auf die Frage der GLASWELT, welche Vorteile der Open Space und die Workbench bringen, erläutert Silke Wachold: „Die Bürowelt 4.0 ermöglicht einem überall zu arbeiten, was auch den veränderten Arbeitsformen entspricht. Die Flexibilität im Office steigt durch den Open Space, die Mitarbeiter haben dort vielfach keine festen Arbeitsplätze mehr: Wenn man morgens ins Office kommen, sucht man sich seinen Schreibtisch oder einen Platz an der Workbench, wo dann der Laptop aufgestellt wird. Selbst ganze Teams wandern so heute durch das Office.“
Dieser Trend ist auch der Entwicklung geschuldet, dass die Mitarbeiter vor Ort sich stärker als früher austauschen sollen und müssen. Die Gestaltung der Arbeitswelt ist deshalb auf eine schnelle, unmittelbare Kommunikation ausgelegt.
Privatheit muss gegeben sein
Wichtig sei, so die Innenarchitektin, dass es in Open-Space-Arbeitswelten, wo Arbeitszonen, Meeting und Rekreation ineinander fließen, entsprechend viele Rückzugsräume gibt, um Zwiegespräch zu halten, um in Ruhe zu telefonieren oder um auch einmal einen Kaffee zu trinken.
Wachold: „Gerade für solche Rückzugsräume, die in genügender Anzahl vorgehalten werden müssen, gilt es Ruhe und Privatheit zu gewährleisten. Deshalb sind der Schallschutz und der Einblickschutz von Anfang an mit einzuplanen“, unterstreicht die Innenarchitektin.
Konstruktiv werden die Meetingrooms häufig als Raum im Raum ausgeführt und sind so wichtige Gestaltungselemente für den Planer. Sollten sie Teil des Open Space sein, muss konstruktiv die Möglichkeit gegeben sein, sie so abzutrennen, dass Privatheit und Schallschutz gewährleistet sind.
Konstruktionen für flexiblere Nutzungen
Bei der baulichen Planung werden heute zunehmend geschlossene Wände durch Glas ersetzt, insbesondere im Rahmen von Sanierungen, häufig ergänzt durch Drehtüren (mit und ohne Rahmen) sowie Schiebetüren oder Schiebeelemente aus Glas. Bewegliche Wand- oder Raumelemente helfen, die Officeflächen auch besser zu nutzen, etwa indem sich Besprechungsräume öffnen lassen und Platz für größere Versammlungen bieten.
Bewegliche gläserne Wände werden immer häufiger zur Gestaltung eingesetzt, indem sie z. B. bedruckt, foliert oder gelasert werden. Zudem kann das Glas als Display genutzt werden und es besteht die Möglichkeit mittels schaltbarer Gläser, die Glaswand von transparent auf opak zu schalten. Interessant ist darüber hinaus auch die Gestaltung durch einlaminierte Objekte oder Stoffe im Glas. So wird der gläsernen Wandscheibe neben der Gestaltung auch noch eine räumliche Tiefe verliehen.
Diese Entwicklung gefällt Wachold: „Für den Planer bedeutet die Vielfalt an Materialien und Oberflächen eine große Spielwiese, um eine reizvolle Umgebung für eine ansprechende Arbeitswelt zu schaffen.“
Schallschutz gewinnt an Bedeutung
Die Gestaltung muss allerdings immer die Auflagen der Arbeitsstättenverordnung berücksichtigen, so Innenarchitektin Wachold: „Mit textilen Behängen lässt sich eine optische Abtrennung hinter dem Glas umsetzen (Sichtschutz) und beim Einsatz der passenden Materialien gleichzeitig auch eine optimierte Akustik erreichen, inklusive Schallschutzfunktion.“
Generell ist es wichtig beim Einsatz von harten, schallhaften Oberflächen, wie z. B. Glas, die Schallreflektion zu dämpfen. Hierfür werden schallabsorbierende Materialien in Decken, Wänden oder auch Möbeln verbaut. Solche Elemente gibt es bereits bei Systemgebern von Glastrennwänden als fertige Module, die sich z. B. mit den Glaswänden kombinieren lassen.
Wohnlichkeit im Büro, ein wichtiger neuer Aspekt
Ein wichtiger neuer Aspekt ist die Wohnlichkeit am Arbeitsplatz. „Je attraktiver eine Bürowelt heute gestaltet wird, desto interessanter wird die Arbeitsstelle für potenzielle Mitarbeiter. Die sogenannten Millennials, die heute ins Arbeitsleben strömen, haben als Digital Natives andere Anforderungen. Sie wollen nicht eingeengt in einer kleinen Zelle sitzen, sondern sich im großen Raum bewegen und arbeiten. Gleichzeitig brauchen sie auch ansprechende Orte zur Rekreation für eine Pause oder ein Gespräch mit Kollegen. Bei den Millennials ist der Wohlfühlfaktor bei der Arbeit ein wichtiges Entscheidungskriterium bei der Stellenwahl. Deshalb ist ein gut gestaltetes Interieur hier wichtiger denn je.“—
Arbeitsrichtlinien beachten
Auch wenn heute die Auswahl an Konstruktionen, Materialien und Oberflächen zur Innenraumgestaltung kaum noch Grenzen hat, müssen bei der Plaung und Umsetzung die Arbeitsstättenrichtlinien der Länder berücksichtigt werden. Hier muss u. a. der Schallschutz gewährleistet sein, ebenso wie der Sichtschutz. Letzterer lässt sich bei Glas unter anderem mit intelligenten Folien umsetzen.