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Der Wintergartenbau aus juristischer Sicht

Von der Planung bis zur Montage

Der Wintergartenbau ist rechtlich kompliziert. Der Kunde, der sich einen Wintergarten wünscht, hat nämlich in aller Regel zwei Aufgabenstellungen für den Wintergartenbauer: Der Wintergarten muss zunächst geplant werden, bevor er mangelfrei errichtet werden kann. Der Wintergartenbauer muss also nicht nur liefern und bauen, sondern auch planen.

Das „juristische Pflichtenheft für den Wintergartenbauer“ ist in insgesamt vier Schritten abzuarbeiten:

Klären der Aufgabenstellung

Mit dem Kunden ist zunächst zu klären, was er genau will. Die erste zu beantwortende Frage lautet: Wie soll der Wintergarten genutzt werden?

  • Ist lediglich eine Terrassenüberdachung gewünscht? In diesem Fall sind insbesondere statische Fragen zu klären (Eigenlast, Schnee- und Windlast).
  • Soll ein reiner Wintergarten errichtet werden? Neben den vorbezeichneten statischen Fragen stellen sich in diesem Fall Fragen des Wärmeschutzes. Soll der Wintergarten beheizt werden? Wie wird die aktuelle EnEV eingehalten?
  • Wünscht der Kunde einen Wohnwintergarten? Hier sind zusätzlich die Fragen der Beheizbarkeit, Lüftung, Kühlung und Verschattung zu klären.

Im Rahmen des Klärens der Aufgabenstellung ist weiter die Frage zu erörtern, wie viel Geld der Kunde ausgeben will. Und: Wie sehen seine gestalterischen Vorstellungen (Form, Material, Farbe etc.) aus?

Bei diesem ersten Arbeitsschritt handelt es sich um eine typische Architektenaufgabe. Sie ist unmittelbar vergleichbar mit den ersten Leistungsphasen, die in der Anlage 11 zur HOAI niedergelegt sind.

Klären der bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit

In dieser zweiten Phase ist zu klären, ob die Errichtung des Wintergartens einer Baugenehmigung bedarf. Der Wintergartenbauer, der ohne Baugenehmigung baut, riskiert in aller Regel ein behördliches Einschreiten auch gegen sich selbst. Dies gilt selbst dann, wenn der Kunde zwar behauptet, dass er über eine Baugenehmigung verfüge, dies jedoch tatsächlich nicht der Fall ist.

Im Rahmen des Klärens der bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit muss sich der Wintergartenbauer über die Vorgaben des Bebauungsplanes informieren. Wie groß ist die überbaubare Grundstücksfläche? Welche Anforderungen an gestalterische Vorgaben enthält der vorliegende Bebauungsplan? Darüber hinaus sind einzuhaltende Grenzabstände und der Brandschutz zu klären.

Auch bei diesem zweiten Arbeitsschritt handelt es sich letztlich ausschließlich um Planungsaufgaben, wie sie auch einem Architekten obliegen.

Konstruktive Planung der Bauteile

Nun folgt die klassische Entwurfs- und Ausführungsplanung: Auf welchem Fundament wird der Wintergarten errichtet? Wie gestaltet sich der Fußbodenaufbau einschl. Abdichtung der Bodenplatte und Dämmung, wie der Übergang zum bestehenden Gebäude?

Gegebenenfalls stellt sich die Frage nach der richtigen Heizung. Ist eine Fußbodenheizung vorhanden? Oder Radiatoren? Wo und in welcher Dimensionierung ist die Heizung zu ­errichten?

Die Tragkonstruktion ist im einzelnen zu planen, insbesondere der Anschluss an das bestehende Gebäude.

Fenster- und Türelemente sind nunmehr konkret festzulegen, ebenfalls die Lüftungselemente. Gleiches gilt für die (notwendige) Verschattungsanlage.

Auch bei diesem Schritt handelt es sich um eine Planungsaufgabe. Erst wenn diese Schritte komplett erledigt sind, kann sinnvollerweise die Planung realisiert ­werden.

Der mangelfreie Bau des Wintergartens

Konstruktion und Montage müssen den Anforderungen der EnEV an die Luftdichtigkeit genügen. Die Ausbildung von Wärmebrücken ist zu vermeiden. Dazu gehört auch die Ausführung der Wärmeschutzverglasung mit einer „warmen ­Kante“.

  • Die Anschlüsse zum Baukörper sind unter Berücksichtigung der bei dem jeweils einzelnen Objekt speziellen bauphysikalischen und statischen Erfordernisse auszuführen.
  • Die Heizung ist so zu planen und auszuführen, dass möglichst von dem kältesten Punkt ausgehend eine ausreichende Raumluftkonvektion erzeugt wird, damit evtl. zeitweilig auftretendes Kondenswasser (kurzfristiger Klimawechsel z.B. in den Morgenstunden, beim Öffnen von Türen zum Gebäude etc.) zügig trocknet.
  • Erforderlich ist die Dichtheit gegen Niederschlagswasser und die kontrollierte Wasserabführung nach außen.
  • Entsprechend den Erfordernissen des Wintergartens muss der Bodenaufbau wärmegedämmt sein; Innenboden und Abdichtung müssen thermisch getrennt sein.

Sind alle diese Punkte erfüllt, so ist der Kunde mit dem Ergebnis zufrieden. Jedenfalls wird sich der Kunde in einem solchen Fall niemals darauf berufen können, dass ein Baumangel vorliegt.

Der Festpreis und das Problem

Einigen Internet-Auftritten von Wintergartenbauern kann man entnehmen, dass dem Kunden ein Festpreis „garantiert“ werden soll. Hier liegt das Hauptproblem der Vertragsgestaltung: Guten Gewissens kann der vom Kunden gewünschte Festpreis erst nach vollständigem Abschluss der Planung angeboten werden. In Fällen, die von vornherein nicht mit der für eine auskömmliche Kalkulation erforderlichen Sicherheit beurteilt werden können, ist zunächst ein Planungsvertrag abzuschließen. Dieser ist dann separat zu vergüten, falls es nicht zur Errichtung des Wintergartens kommt. Das Problem liegt auf der Hand, wenn die exakte Planung erst nach Abschluss des Festpreisvertrages erfolgt und sich die Notwendigkeit zusätzlicher Leistungen herausstellt. Zumindest mit dem „schwierigen Kunden“ wird es an dieser Stelle Ärger geben.

Einige Ratschläge

Eine sichere Abwicklung setzt voraus, dass zunächst die drei beschriebenen Planungsschritte abgearbeitet werden. Insoweit ist mit dem Kunden vorab ein Planungsvertrag abzuschließen.

Insoweit liegt eine Parallele zum „Häuslebauer“ vor: Auch dieser Bauherr schließt zunächst mit einem Architekten einen Planungsvertrag; erst nach Vollendung der Planung ist die Bauaufgabe definiert, sodass auch frühestens dann die entsprechenden Bauverträge abzuschließen sind.

Zum Abschluss einer sorgfältigen Planung wird deutlich, dass zum Wintergartenbau auch die Erledigung von Gewerken gehört, die unter Umständen vom Wintergartenbauer nicht mit erledigt werden (beispielsweise: Herrichtung des Fundaments). Zu einem guten Vertrag mit den Bauherren gehört die exakte Definition, welche Aufgaben (und bis wann) vom Kunden erledigt werden.

Immer gilt: Was nicht klipp und klar geregelt ist, ist unklar mit der Folge, dass dieses Versäumnis in der Vertragsgestaltung ggf. durch Juristen aufgearbeitet werden muss. —

Dr. Stephan Kleinjohann

Der Autor

Der Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Dr. Stephan Kleinjohann arbeitet in seiner Kanzlei als Rechtsanwalt und Notar. Er entwickelt Vertragsentwürfe, leistet baubegleitende Rechtsberatungen und Vertretungen vor Gericht und berät über das Vergabe- und Architektenhonorarrecht.

https://www.ra-kleinjohann.de/

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