Glaswelt – Herr Münch, warum ist heute Sonnenschutz auch in unseren Breiten ein Muss?
Josef Peter Münch – Sonnenschutz ist nicht erst heute aktuell, den gab es bei uns auch früher schon. Der heutige, moderne Sonnenschutz ersetzt doch eigentlich nur die Fensterläden und damit den Sonnenschutz vergangener Jahrhunderte.
Glaswelt – Würde heute ein Sonnenschutzglas alleine denn nicht ausreichen?
Münch – Technisch gesehen würde es in den meisten Fällen sicherlich ausreichen. Jedoch gibt es noch weitere Aspekte zu berücksichtigen: Wohnräume – ebenso wie Arbeitsräume – brauchen auch einen gewissen Sichtschutz, um die Privatheit der Nutzer zu gewährleisten. Dies leisten transparente Sonnenschutz-Gläser nicht.
Glaswelt – Wie sieht beim Sonnenschutz eine sinnvolle Kombination der verschiedenen Systeme (starr, beweglich) mit Sonnenschutzglas aus?
Münch – Starre Sonnenschutz-Systeme sind meist dann im Einsatz, wenn es gilt der Fassade eine besondere Ästhetik zu verleihen. Dabei werden starre Systeme fast immer durch beweglichen Sonnenschutz ergänzt.
Der bewegliche Sonnenschutz kann dem täglichen und jahreszeitlichen Neigungswinkel der Sonne einfach besser angepasst werden als fixe Anwendungen. Der starre Sonnenschutz hingegen schützt das Gebäude wesentlich besser vor Unwetter, etwa vor Hagel. Eine Kombination mit den passenden Gläsern lässt hier für die Planung und die Fassadengestaltung einen großen Spielraum. Generell macht es Sinn, die verschiedenen Systeme zu kombinieren. Wie dies umgesetzt werden soll muss jedoch bei jedem Gebäude individuell geplant werden.
Glaswelt – Bei der Erweiterung des Rathauses in Landsberg kam starrer Sonnenschutz aus Streckmetall und Lochblechgittern zum Einsatz. Warum diese Materialien?
Münch – Die Ästhetik des Gebäudes in der Außendarstellung spielte hier neben den funktionalen Sonnenschutzaspekten eine wichtige Rolle. Darüber hinaus war die Wahrnehmung im Innenraum wichtig. Das verwendete, starre Streckmetall Tecu Oxid schafft im Sitzungssaal gefiltertes Licht und damit eine sehr angenehme Sitzungsatmosphäre. Die Architekten wählten zudem den Abstand zwischen der Konstruktion des Sonnenschutzes und dem Glaskubus so, dass ein umlaufender begehbarer Gitterrost als Laufsteg dazwischen eingepasst werden konnte. Dieser Steg hat den Vorteil, dass sich die Glasscheiben problemlos von außen reinigen lassen. Die komplette Einfassung mit dem Streckmetall dient darüber hinaus auch noch als Absturzsicherung für das Reinigungspersonal.
Glaswelt – Warum lohnt die Verwendung von Streckmetallen als Sonnenschutz?
Münch – Streckmetalle haben nicht nur eine lange Lebensdauer, man braucht für sie auch keine Wartungsarbeiten durchzuführen. In Bezug auf eine Billigfassade mag zwar die Ausführung solcher Systeme scheinbar etwas mehr kosten, aber das lohnt sich. Wirft man nämlich einen Blick auf die Lebensdauer für diese Art von Sonnenschutz sowie die dafür nicht anfallenden Unterhaltungskosten, relativieren sich die scheinbaren Mehrkosten schnell.
Glaswelt – Was gibt es bei der Planung bzw. der Ausführung solcher Streckmetallanwendungen besonders zu beachten?
Münch – Der Standort des Gebäudes (d.h. seine Ausrichtung). Entsprechend müssen die passenden Größen und Materialien des Streckgitters angepasst bzw. abgestimmt werden. Im genannten Beispiel war eine Spengler- und Dachdeckerfirma tätig, die auch im Fassadenbau aktiv ist.
Wenn Fassadenbauer mit Streckmetallen arbeiten möchten und das aber nicht selbst umsetzen wollen, können sie bei Bedarf auch ihre Spenglerkollegen als Subunternehmer heranziehen.
Glaswelt – Wo sehen Sie Fallstricke, die der Verarbeiter und der Monteur besonders beachten müssen?
Münch – Die bauaufsichtliche Zulassung der Konstruktion muss immer vorab geklärt werden. Weiter gilt es, den Brandschutz zu berücksischtigen, insbesondere in Abhängigkeit von der Größe und Nutzung des Gebäudes. Das A und O bei der Montage (und nicht nur dort) ist es jeodch, qualifiziertes Personal einzusetzen.
Glaswelt – Was würden Sie Metallbauern und Sonnenschutzspezialisten empfehlen, die noch nicht mit Streckmetall/Lochblech gearbeitet haben.
Münch – Auf alle Fälle sollten Sie im Vorfeld der Planung bereits professionelle Hilfe bzw. Beratung in Anspruch nehmen. Hier können beispielsweise die technischen Berater der Hersteller als Ansprechpartner dienen. Diese bieten in der Regel kostenlos eine Beratung an.
Die Fragen stellte Matthias Rehberger, Chefredakteur der GLASWELT. —
Streckmetall für den Sonnenschutz
Bei der Beschattungsanlage des neuen Rathauses in Landsberg (Bild links) handelt sich um eine Fassade aus Tecu-Net – einem Streckgitter aus Kupfer. Das Gitter wurde so vor der Fensterebene montiert, dass zwischen dem Sonnenschutz und dem Gebäude genügend Platz für Laufstege bleibt, die u.a. zur Wartung und zur Reinigung der Fenster dienen. Das Streckmetall und das Lochblech des Herstellers KME gibt es in drei Ausprägungen:
- Tecu-Net Lochgitterblech besteht aus dem Basismaterial Tecu Classic. Das Material wird unter streckender Verformung versetzt eingeschnitten und anschließend gewalzt und streckgerichtet.
- Das Streckmetall aus Tecu Kupfer entsteht ähnlich wie Tecu-Net durch versetzte Schnitte unter gleichzeitiger streckender Verformung, jedoch ohne den anschließenden Walzvorgang.
- Lochbleche aus Tecu Kupfer erhalten eine Perforation in versetzten (diagonalen bzw. geraden) Lochungsreihen. Die Fertigung der Rundlochung erfolgt nach Planungsvorgaben, i.d.R. projektbezogen.