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Gebäudeintegrierte Photovoltaik

Ungenutzte Potenziale nutzen

Als integraler Bestandteil ganzheitlicher Fassadenkonzepte lassen sich mit gebäudeintegrierten PV-Systemen bei der Gebäudehülle von Bestands- und Neubauten respektable regenerative Deckungsanteile erzielen.

Durch gebäudeintegrierte Solarstromanlagen (GIPV oder engl. BIPV genannt) erhält die Photovoltaik seit ein paar Jahren einen weiteren nutzbaren Vorteil: PV-Anlagen sind nicht mehr ausschließlich Stromerzeuger. Sie erfüllen zusätzliche Funktionen, indem sie architektonische, bauphysikalische und konstruktive Eigenschaften als multifunktionale Bauelemente übernehmen. Im Idealfall kombinieren die integrierten PV-Elemente dabei Witterungs- oder Sichtschutz, Wärmedämmung, Einbruchschutz oder Licht­lenkfunktionen.

Die Nutzung und die Größe des Potenzials gebäudeintegrierter Photovoltaik hängt entscheidend von den gestalterischen und technischen Lösungen sowie vom solaren Strahlungsangebot und der Verschattungssituation ab. Für die Planung stehen Sonnenstandsdiagramme für alle Standorte in Deutschland zur Verfügung. Diese geben in Abhängigkeit von der Tages- und der Jahreszeit einen Überblick über den wechselnden Einfallswinkel der Sonne. Simulationsprogramme können die Situation am Standort visualisieren und unterstützen die Auswahl von geeigneten Solarflächen sowie die Abschätzung der zu erwartenden Energieerträge.

Eine entscheidende Größe zum regenerativen Ausgleich des Energiebedarfs bei der gebäudeintegrierten Photovoltaik ist das nutzbare Solarstrahlungsangebot am Standort. Dabei setzt sich die Strahlung aus direkten, diffusen und reflektierenden Anteilen zusammen. Die maximale Bestrahlungsstärke liegt an einem klaren, sonnigen Tag (unabhängig von Längen- und Breitengrad des jeweiligen Standorts) bei einer Leistung von 1000 W/m2.

Lediglich die Menge der eingestrahlten Sonnenenergie differiert in Abhängigkeit von der geografischen Lage. So erreicht die Jahressumme der Globalstrahlung in Freiburg rund 1150 bis 1200 kWh/m2a, in Hamburg ca. 900 bis 950 kWh/m2a.

Die Menge der eingestrahlten Sonnenenergie auf eine Kollektor- oder Modulfläche ist zusätzlich abhängig von der Orientierung und dem Neigungswinkel der Empfangsfläche. Die jährlich über eine südorientierte Fassade in Deutschland nutzbare Solarstrahlung ist um rund 30 Prozent geringer im Vergleich zur optimal nach Süden geneigten Dachfläche. Dies gilt es bei der Planung von integrierten PV-Modulen zu beachten.

Generell gilt: Mit zunehmender Gebäudegröße bzw. -höhe nimmt der Dachflächenanteil prozentual ab, so dass auch die Fassade als potenzielle Energieertragsfläche immer interessanter wird.

Fassadengestaltung mit PV

Bei GIPV-Elementen ist ein breites Spektrum an Gestaltungsmöglichkeiten vorhanden – egal ob in Fassade oder auf dem Dach. Im Rahmen eines gestalterisch ansprechenden Fassadenkonzepts können neben den kristallinen Standardmodulen auch PV-Zellen in unterschiedlichen Farbtönen zum Einsatz kommen. Mit Abnahme der Dicke der Antireflexschicht werden verschiedene Farbtöne durch die Reflexion eines bestimmten Farbbereichs des Lichtspektrums realisiert. Die Folge ist allerdings ein etwas geringerer Wirkungsgrad der Zellen (ca. 12 statt 15 %). Glas/Glas-Module mit kristallinen Zellen werden einzeln und in Isolierglas-Scheiben innerhalb von Glasdächern und Fassaden integriert.

Bei diesen Modulen variiert der Abstand der Zellen untereinander, sodass die Transparenz, der Schattenwurf und damit die Tageslichtnutzung gezielt gesteuert werden kann.

Besteht der Wunsch nach Transparenz und einer gleichmäßigen Durchsicht, bietet sich der Einsatz von speziellen semitransparenten Solarzellen auf Dünnschicht-Basis an. Diese Zellen können auch Sonnen- und teilweise Blendschutzfunktionen übernehmen. Der ästhetische und funktionale Gewinn geht allerdings je nach Transparenz zulasten des Stromertrags.

Der Transparenzgrad von Glas/Glas-Modulen nimmt entscheidenden Einfluss auf den Energiedurchlassgrad der verglasten Fläche. Je nach Zellbelegung und optischer Transparenz ist ein g-Wert (Gesamtenergiedurchlassgrad) zwischen 15 und 45Prozent einstellbar.

Ausblick

Mit dem Einsatz gebäudeintegrierter Photovoltaik steht ein Baustein bei der Planung und Umsetzung zur Verfügung, der kein Fremdkörper in der Fassade darstellt. Vielmehr erfolgt die Einbindung dieser Technik in das architektonische Gesamtkonzept. Projektorientierte Varianten, angepasst an das jeweilige Gebäude in Größe, Form, Material, Farbe, Transparenzgrad und Design lassen sich umsetzen. Dies ermöglicht so ein homogenes Gesamterscheinungsbild der Fassade.

Während die gebäudeintegrierte Photovoltaik derzeit einen Anteil von nur ca. 2Prozent am gesamten Photovoltaikmarkt einnimmt und somit eher eine Nische in dieser Branche darstellt, wird dieser Technik zukünftig ein hoher Stellenwert beigemessen. Prognosen der Marktforscher Frost & Sullivan verdeutlichen, dass der europäische Markt für GIPV bis 2016 auf nahezu 2,7 Mrd. Euro jährlich wachsen wird.

Sicherlich müssen die Kosten für GIPV noch sinken. Bezieht man aber den Mehrfachnutzen für die Gebäudehülle, den Imagegewinn für den Bauherrn oder Investor mit ein, sind bereits heute wirtschaftliche Rahmenbedingungen möglich. Photovoltaik als integraler Bestandteil eines energetischen Gebäudekonzepts bietet darüber hinaus für den Gebäudebesitzer/-Nutzer die Möglichkeit, den Preissteigerungen bei den Energiekosten aktiv entgegen zu wirken. —

Die Autoren

Architekt Thomas Wilken ist der stellvertretende Leiter des Instituts für Gebäude- und Solartechnik der Technischen Universität Braunschweig. Architekt Philipp Eickmeyer arbeitet dort als wissenschaftlicher Mitarbeiter.

http://www.igs.tu-bs.de

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