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“Das Fenster der Zukunft steht völlig offen“

Ein erfolgreiches, fertiges Produkt ist nichts anderes als eine in Form gegossene Befriedigung von Bedürfnissen. Auf die Frage, nach dem Aussehen und den Eigenschaften des Fensters der Zukunft muss deshalb eine weitere folgen: Wessen Bedürfnisse muss das Fenster in Zukunft denn befriedigen? Die des Nutzers natürlich, möchte man einwerfen.

Diese Antwort ist unvollständig.

Denn: Bis zu dem Zeitpunkt, an dem ein Bewohner eines Gebäudes oder einer Wohnung „sein“ Fenster verwenden kann, müssen zahlreiche Glieder einer Wertschöpfungskette ihre Arbeit erledigt haben. [...]

Die Anforderungen aller Glieder der Wertschöpfungskette bestimmen letztendlich, wie das Fenster der Zukunft aussehen wird. Deshalb lohnt es sich, die Wertschöpfungskette beim Fenster genauer zu analysieren.

Hier gibt es zunächst einmal die Industrie, die Komponenten wie Glas, Profile, Beschläge und Dichtungen herstellt. Für einige dieser Komponenten, etwa Profile, gibt es einen Großhandel. Andere wie Fenster-Profile gelangen direkt vom Hersteller an das nächste Glied in dieser Kette.

Das sind die Fensterbauer. Davon gibt es in Deutschland etwa 6000. Diese Betriebe fertigen nicht industriell, sondern hauptsächlich in Handarbeit. Dieser Zweig ist einem hohen Wettbewerbsdruck aus Märkten ausgesetzt, in denen wenige Großbetriebe die Komponenten in industriellen Verfahren zusammensetzen. [...] 

Welche und wie viele Fenster in ein Gebäude eingebaut werden sollen bestimmt der Bauherr.[...] Die fertigen Fenster in ein Gebäude einzubauen, ist dann Sache des Fenstermonteurs. Und ganz am Schluss dieser Kette steht der Nutzer: Also der Mieter, der Hotelgast oder der Arbeitnehmer.

Die Dynamik der Glieder

Jedes einzelne Glied dieser Wertschöpfungskette ist Veränderungen unterworfen. So ist es absehbar, dass sich die kleinstrukturierte Branche der Fensterbauer in Deutschland stark verändern wird. Die handwerklich strukturierten Betriebe sind starker Konkurrenz ausgesetzt [...]

Die Bedürfnisse der Bauherren an das Fenster verändert sich so, wie sich Moden und Strömungen in der Architektur verändern. Trends, wie etwa jener zu immer schmäleren Fensterprofilen, beeinflussen alle Glieder der vorgelagerten Wertschöpfungskette. In so manchem Bauwerk avancieren die Fenster überhaupt schon zur Fassade. Fensterprofile sind dadurch überflüssig.[...]

Der Konsument sprengt die Ketten

Eine Analyse oder Prognose der teils fundamentalen Veränderungen in der Wertschöpfungskette der Fenster reicht allein nicht aus, um Rückschlüsse auf die Bedürfnisse und somit das endgültige Produkt „Fenster“ zu ziehen. Der Grund ist der immer mündigere Verbraucher, der viel mehr Ansprüche an das Fenster stellt, als noch vor einigen Jahren. U-Wert hin, individuelles Design her: Im Zeitalter von Internet of Things und Smart Home fragt sich der Benutzer:

Warum kann ich eigentlich kein intelligentes Fenster haben?

Eines, das während meiner Abwesenheit dafür sorgt, dass mich beim Betreten meines Hauses frische Luft empfängt. Eines, das meinen Energieverbrauch intelligent reduziert. Oder eines, das sich auf mein Kommando öffnet oder schließt.

Sobald ein Ding „smart“, also vernetzt ist, reihen sich völlig neue Player in die Wertschöpfungskette ein. Denn eine Vernetzung funktioniert nur auf Basis von bestimmten Standards – oder besser gesagt Plattformen. [...]

Schnittstellen werden diktiert

Das Fenster der Zukunft muss also so gebaut werden, dass es den Schnittstellen, die Google und Co vorgeben, entspricht. Denn kein Fensterbauer – sei er noch so groß – wird mit einem eigenen System Erfolg haben können. [...]

Wer würde sich eine App von ­Internorm herunterladen, um seine Fenster zu steuern, wenn er von ­Google eine ­Lösung nutzen kann, die sein gesamtes Haus steuert?

Noch dazu, ohne dem System viel sagen zu müssen. [...] Es ist also absehbar, dass sich mehr oder weniger alle, die am Bau und Einbau eines Fensters beteiligt sind, irgendwie mit den Plattformen der Großen arrangieren müssen. [...]

Die Zukunft liegt in der Vernetzung – und das Fenster ist ein Teil dieses Netzes. Wie werden also die Fenster der Zukunft aussehen? Das lässt sich nicht sagen. Wie auch, wenn es heute noch nicht einmal absehbar ist, wer das in Zukunft erledigen wird.

So sieht die Zukunft aus

Der komplette, ungekürzte Beitrag von Angela Hengsberger erscheint in der nächsten Ausgabe der GLASWELT, die am 07.12. erscheint. In unserem Top-Thema blicken wir dabei mit Zukunftsforschern in die Branchen-Glaskugel: Wie entwickelt sich der Markt, welche Produkte setzen sich durch und wie wird die Produktion in der Zukunft organisiert?
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