Glaswelt – 2014 haben Sie ein 3 Mio.-Investitionsprogramm inkl. der vollständigen Erneuerung des Maschinenparks und der Überarbeitung aller Fenstersysteme abgeschlossen. Hat sich die Investition gelohnt?
Detlef Timm – Die Investitionen kamen rückblickend zum richtigen Zeitpunkt. Das Investitionsprogramm ist das heutige Rückgrat unseres Erfolgs.
Bastian Timm – Die Effizienz, Prozesssicherheit, Flexibilität und den Output konnten wir erheblich steigern. Trotzdem dürfen wir nicht stehen bleiben und haben die Produktionsabläufe und Märkte genau analysiert und daraus ein neues Investitionsprogramm über ca. 1,5 Mio. Euro entwickelt.
Glaswelt – In welche Bereichen wollen Sie jetzt wieder investieren?
Bastian Timm – Wir erweitern unsere Fertigung um drei weitere CNC-Bearbeitungszentren im Bereich Stahlfertigung und des Holz/Holz-Alu-Sonderbaus. Ein weiterer großer Schwerpunkt liegt in der Digitalisierung der Werke – Stichwort Industrie 4.0. Auch neue und sehr innovative Holz- bzw. Holz-Aluminiumsysteme wurden entwickelt. Hierbei spielen die immer größeren Verglasungen als auch das Integraldesign eine wichtige Rolle. Last but not least werden wir unsere Ausstellung auf einen 800 m2 großen Showroom erweitern. Wir suchen somit auch im Bereich des Vertriebs und der Projektabwicklung neue Mitarbeiter, die Lust auf das anspruchsvolle und interessante und abwechslungsreiche Objektgeschäft haben.
Glaswelt – Sie haben vor drei Jahren bei Holzfenstern die geschlossene Brüstungsfuge etabliert. Wie sind Ihre Erfahrungen damit?
Detlef Timm – Durchweg positiv. Architekten lieben diese optisch elegante Lösung, das ist oft das Zünglein an der Waage bei der Entscheidung für unser Unternehmen. Die konstruktiven Vorteile sind offensichtlich. Die Umsetzung war natürlich nur möglich durch den Einsatz der CNC-Technologie. Im Ergebnis sind wir sicher, dass wir neben der optischen Verbesserung unserer Eckverbindung auch die Dichtigkeit und Langlebigkeit der Fensterkonstruktionen verbessert haben.
Glaswelt – Hans Timm hat vor anderthalb Jahren den Denkmalpreis von Berlin erhalten. Wie präsent ist er noch im Unternehmen?
Detlef Timm – Den Denkmalpflegepreis hat er für seine außerordentlichen Verdienste in der Stadt, insbesondere zum Erhalt des Kastenfensters erhalten. Einige Jahre davor hat er das Bundesverdienstkreuz erhalten. Er ist im Unternehmen nicht mehr in das operative Tagesgeschäft involviert, aber weiterhin präsent und kümmert sich insbesondere um sein besonderes Anliegen – den Erhalt historischer Fensterkonstruktionen. Auch durch ihn verfügen wir über eines der umfangreichsten Produktsortimente für den Denkmalschutzbereich in Deutschland.
Glaswelt – Die Sanierung von historischen Fensterkonstruktionen ist ja ein sehr spezielles Produkt. Wie sind hier die Entwicklungen?
Detlef Timm – Die Sparte der Runderneuerung hat sich in den letzten Jahren hervorragend entwickelt. Wir ernten jetzt die Früchte unserer langjährigen Arbeit, insbesondere mit dem Berliner Denkmalschutz. Der von meinem Vater entwickelte VFF-Leitfaden HO.09 ist inzwischen – auch weil er sich als umfassende energetische Sanierung bewährt hat – nicht mehr aus Ausschreibungen wegzudenken. Auch die Denkmalschützer haben die Runderneuerung inzwischen verinnerlicht und fordern sie auch ein. In diesem Bereich beschäftigen wir inzwischen 25 Mitarbeiter ganzjährig und bearbeiten im Jahr ca. 6000 Flügel in der Werkstatt und eine entsprechende Anzahl von Blendrahmen vor Ort. Der Umsatz liegt hier inzwischen deutlich im siebenstelligen Bereich.
Glaswelt – Kommen wir auf die Vorwand-Montage mit dem System Triotherm+ zu sprechen...
Detlef Timm – Wir haben schon sehr früh in den 1980er Jahren Holzzargen benutzt, um vor einer tragenden Wand Fenster einbauen zu können. Diese wurden dann aus Kostengründen durch Winkel ersetzt. Mit der Überarbeitung der EnEV sind dann die Fenster in der Dämmebene wieder populärer geworden und gleichzeitig kamen die ersten Montagezargen-Systeme auf den Markt. Aus unserer Sicht sind die Systeme aber fachlich genau zu prüfen. Wir haben festgestellt, dass die Verarbeitung sehr unterschiedlich und die Nachweisführung der Systeme nicht immer ausreichend ist.
Bastian Timm – Unter dem Hintergrund der ersten Projekte mit verschiedenen Systemen haben wir notwendige Verbesserungen sowohl von der Nachweisführung als auch von der Verarbeitung formuliert. Unsere Wünsche sind im blaugelb Triotherm+ System umfänglich berücksichtigt worden. Wir sind mit dem Produkt sehr zufrieden, haben aber schon neue Ideen.
Martin Meesenburg – Fakt ist: Das Thema ist keine Entwicklung der Industrie. Unser Produktmanagementteam hat zusammen mit der Fa. Timm als auch mit anderen Kunden die Wünsche aufgenommen, Leistungseigenschaften definiert und sofort mit der Umsetzung begonnen.
Glaswelt – Und welche Leistungseigenschaften waren das und unterscheiden somit auch das System von anderen Systemen am Markt?
Robert Leinert – Die Schwalbenschwanzverbindung der blaugelb Triotherm+ Profile ermöglicht eine endlose und verschnittfreie Verarbeitung ohne den Versatz zwischen den Profilen. Durch das spezielle Fertigungsverfahren sind die Profile homogen, dauerhaft formstabil und geometrisch exakt. Der Hybrid Polymer Power Fix sorgt für eine sehr schnelle Fixierung und Abdichtung der Profile ohne Primer auf jedem staubfreien typischen Verankerungsgrund. Die vorgebohrten Elemente werden dann ohne ein weiteres Vorbohren in das Profil als Direktmontage befestigt.
Glaswelt – Welche Nachweise sind für das System vorhanden?
Robert Leinert – Das System verfügt über die ift Bauteilprüfungen MO-01 und MO-02 im ausgekragten Zustand. Das heißt, wir haben nicht nur den Nachweis Fensterinnenkannte / Außenkante Mauerwerk, sondern auch den Nachweis für die Montage z. B. im Verblendmauerwerk mit einer Luftschicht von 140 mm und mehr. blaugelb Triotherm+ verfügt über vertikale Punktlastprüfungen bei vier verschiedenen Auskragungen für alle typischen Verankerungsgründe. Die Lastwertprüfungen für die horizontalen Befestigungspunkte liegen ebenfalls vor. Des Weiteren können wir einen ETB- und einen RC2-Nachweis sowie 32 Schallschutzprüfungen mit einem 60dB Element für jede Auskragung incl. der Abdichtungsvarianten vorweisen.
GLASWELT – Wieso sind all diese Nachweise notwendig?
Robert Leinert – Die statischen Werte sind insbesondere für den Fassadenbaubereich von großer Notwendigkeit, damit der Baustatiker überhaupt einen Nachweis für das Bauvorhaben erbringen kann. Durch den ETB-Nachweis können wir Elemente mit absturzsichernden Eigenschaften in das Triotherm+ System montieren, ohne zusätzliche metallische Befestiger. Dadurch, dass wir für die Elemente die Bauanschlussprüfung nach DIN EN 1628-1630 erfolgreich bestanden haben, können Verarbeiter überhaupt nur ihre geprüften RC2-Elemente nach DIN EN 1627 in das System ohne Zusatzmaßnahmen einbauen. Und durch die umfangreichen Schallschutzprüfungen können wir nach Einbaulage und Abdichtungsvariante vorgeben, welchen dB-Wert das Fenster für den vorgegebenen Schallschutzwert haben muss. Nur durch dieses Gesamtpaket an Nachweisen kann der Verarbeiter beruhigt schlafen. Bastian Timm hat uns bei dieser Entwicklung immer wieder auf ungeklärte oder nicht dokumentierte Detailfragen hingewiesen. Das war zwar manchmal anstrengend, aber ich bin ihm sehr dankbar dafür.
GLASWELT – Herr Timm, was erwarten Sie von einem guten Baubeschlagshändler bzw. Großhändler?
Bastian Timm – Wir brauchen keinen reinen Logistiker, sondern einen verlässlichen Partner mit entsprechendem fachlichen Know-how, mit dem wir die täglichen Herausforderungen im Objektgeschäft diskutieren, entwickeln und geeignete Lösungen finden können. Die individuellen Produkte müssen kurzfristig, in ausreichender Menge und zu einem adäquaten Preis zur Verfügung gestellt werden.
Robert Leinert – Die Kundenmarke blaugelb hat sich das Ziel gesetzt, Systemlösungen zur Herstellung und Montage des Fensters zu generieren und zu liefern. Es gilt, die Produktauswahl des gesamten Sortiments zu analysieren und zu strukturieren. Wir müssen auch die Lagermengen wieder auf ein vernünftiges Maß zurückfahren und eben nur die Produkte bevorraten, die der Markt und unsere Kunden auch wirklich benötigen.
Detlef Timm – Hierbei müssen die Produkte auch die entsprechende Nachweisführung, Qualität und Gebrauchstauglichkeit besitzen. Insbesondere im Abdichtungs- und Befestigungsbereich muss die Branche mehr auf Planung und Qualität setzen.
Martin Meesenburg – Ein Beschlagshandel funktioniert heute immer nur dann, wenn der Händler auch tatsächlich eine Leistung erbringt. Wenn wir Händlerwaren nur an den Kunden weiterreichen und dann noch daran mitverdienen wollen, haben wir unsere Daseinsberechtigung im Prinzip verwirkt. Und: Für uns ist die langfristige Kundenbeziehung wichtiger als der kurzfristige Erfolg.
GLASWELT – Bastian Timm, was haben Sie Ihrem Onkel mit auf den Weg gegeben, als er zum VFF-Präsidenten gewählt wurde? Was erwarten Sie von dem Fensterverband?
Bastian Timm – Ich habe ihm verdeutlicht, dass bei allen Interessen der Branche und des Verbandes unser Unternehmen immer den Vorrang haben muss, ich ihm aber den Rücken so gut wie möglich freihalte.
Was die Frage nach dem Verband angeht, sollte dieser endlich für seine Mitglieder, aber auch für alle anderen Fensterbauer eine Antwort gegen die ausländischen Massenanbieter finden. Meiner Meinung nach müssen hier zudem auch auf politischer Ebene Qualität- und Servicebarrieren aufgebaut werden. Das Fenster wird ansonsten, auch aufgrund des Preisgefüges der osteuropäischen Marktbegleiter, weiter an Wertigkeit verlieren. Das kann nicht das Ziel sein. Vielmehr muss das Know-how und die Technik, die in unseren Fensterkonstruktionen steckt, endlich auch von den Bauherren und Architekten wertgeschätzt werden. Allerdings ist es dazu auch notwendig, dass ein Umdenken bei dem überwiegenden Teil der Marktbegleiter in Deutschland stattfindet, die das Fenster als Bauelement über den Preis „verscherbeln“ und nicht als Hightech-Produkt verkaufen. Folglich muss es auch nicht wundern, dass immer mehr Betriebe aufgeben, nicht investieren (können) oder wir auch keinen Nachwuchs mehr bekommen, da wir ein entsprechendes Lohngefüge den jungen neuen Leuten nicht bieten können. —
Meine Herren, besten Dank für das informative Gespräch.
Die Fragen stellte Chefredakteur Daniel Mund.
100 Tage VFF-Präsident Detlef TImm
Detlef Timm zog am 12. September 2016 in Berlin vor der Fachpresse eine erste Bilanz nach 100 Tagen VFF-Präsidentschaft. Der 58-Jährige berichtete von ersten wichtigen Kontakten zur Politik und zu anderen Branchenverbänden im Blick auf seine wichtigsten Vorhaben, unter anderem in der aktuellen Lobbyarbeit. Ins Zentrum seiner Agenda stellte er folgende Themen:
- Musterbauordnung (MBO) und Einbruchhemmung,
- die Beschaffungsrichtlinie für Holz-Anforderung nach CoC sowie
- die Umsetzung der Energie- und Klimaschutzprogramme der Länder und des Bundes.
Vor dem Hintergrund, dass sich die Mehrkosten für einbruchhemmende Ausführungen bei Neuinvestitionen auf wenige Euro belaufen, mahnte Timm an, dass das Thema noch zu wenig offensiv vermarktet werden würde. Der „überflüssige Erlass“ zur Holzbeschaffung müsse ganz vom Tisch, und für die große gesellschaftliche Aufgabe bessere Energieeffizienz und weniger CO2-Ausstoß setzt der neue VFF-Präsident auf die bewährte Zusammenarbeit mit den großen Initiativen wie die „Allianz für Gebäude-Energie-Effizienz“ (geea) und die „Initiative effiziente Gebäude“ des BDI.
Ein wichtiges persönliches Thema seiner Präsidentschaft sieht Timm darin, das Ansehen der Fensterbranche bei Bauherren und Architekten weiter voranzubringen, „denn die Entwicklung unserer Bauteile und ihre Rolle im gesamten ‚System Haus‘ ist noch lange nicht bei den Architekten so gut angekommen, wie es unsere Branche verdient hätte.“
Bei diesen Aktivitäten und auch auf allen weiteren Gebieten seiner Amtsführung sieht sich Timm „als Präsident aller Werkstoffe.“ Im Zentrum stehe allein „die Gewährleistung höchster Qualitätsansprüche“ von der Planungsphase über die Ausführungs- bis zur Nutzungs- und Wartungsphase. Dazu passend, beabsichtigt Timm, die Bedeutung des Wissenstransfers vor allem durch die Merkblätter des VFF noch stärker als bisher hervorzuheben.
So funktioniert die Vorwandmontage
Planungssicherheit mit dem blaugelb Triotherm+ System: Die Fenster können damit in der Dämmebene positioniert werden. Bei der Verwendung des Triotherm+ Systems ist man in der Wahl der Abdichtung frei. Geeignete Abdichtungsprodukte sind im blaugelb Sortiment aber erhältlich. Durch die Schwalbenschwanzverbindung der einzelnen Profile wird der Transport zur Baustelle erheblich vereinfacht. Verlängerungen – auch bei größeren Fenstern – sind jederzeit möglich.
Der eingesetzte Hybrid Polymer Power Fix fixiert die Profile nicht nur bis zum Verschrauben an der Wand, sondern sorgt zusätzlich noch für ein erhöhtes Maß an Sicherheit und Abdichtung zwischen der Wand und den Profilen, auch wenn der Untergrund mal nicht 100 %ig plan ist. Abschließend verankert die blaugelb Rahmenfixschraube FK-T30 die Profile im Mauerwerk. Sie sorgt für eine sichere, mechanische Befestigung an dem tragenden Baukörper.