Glaswelt – Herr Timm, Ihr Bruder und Sie haben mit Unterstützung Ihres Neffen das Ruder bei Hans Timm Fensterbau in der Hand. Wie haben Sie sich die Arbeit aufgeteilt?
Detlef Timm – Durch den Eintritt meines Neffen Bastian in die Firma konnten wir die Aufgaben auf noch mehr Schultern verteilen. An der grundsätzlichen Aufgabenteilung zwischen meinem Bruder Bernd und mir hat dies jedoch nichts geändert: Bernd kümmert sich mit seinen Technikern und Bauleitern um die Abwicklung unserer Objekte. Ich kümmere mich um den Vertrieb und um alle vertraglichen und kaufmännischen Belange der Bauvorhaben und auch um alle rechtlichen Angelegenheiten für die Firma. Mein Neffe kümmert sich um den Einkauf, die Kalkulation und die Investitionen, um Sonderprojekte und Neuentwicklungen.
Glaswelt – Wie haben sich die Geschäfte entwickelt?
Timm – Die letzten Jahre waren durchweg positiv. Der Erfolg beruht insbesondere auf der Vielfalt unserer Produktpaletten und der konsequenten strategischen Ausrichtung auf Denkmalschutz und komplexe große Objekte. Wir konnten beim Umsatzwachstum sehr zufriedenstellende Ergebnisse erzielen. Zwangsläufig ist dadurch auch die Mitarbeiterzahl gewachsen: Aktuell beschäftigen wir ca. 135 Mitarbeitern an den drei Berliner Standorten und suchen Personal im Vertrieb, in der Kalkulation und Bauleiter zur Verstärkung.
Glaswelt – Umweltexperten sagen, einzig das Holzfenster sei in der Lage, den Klimakiller CO2 aus der Atmosphäre zu binden und somit aktiv etwas gegen den Klimawandel zu tun. Ist das Holzfenster das ökologischere Bauelement?
Detlef Timm – Nicht nur als Präsident des VFF, sondern auch als Geschäftsführer der Hans Timm Fensterbau GmbH & Co. KG möchte ich betonen, dass jeder Werkstoff seine Berechtigung hat. Das Holzfenster unter dem Aspekt des Klimakillers CO2 herauszustellen, halte ich für falsch. Im Ergebnis ist diese Aussage eher eine Frage der Wertung der einzelnen Faktoren in den EPDs. Für die Hans Timm Fensterbau bietet das Holzfenster das größte Potenzial für Gestaltungsspielräume der Architekten. Durch seine Werkstoffeigenschaften ist das Holzfenster, wie ich finde, das haptisch ansprechendste Produkt und findet seine Krönung in der Ausführung als Holz-Aluminiumfenster, einem unserer Vertriebsschlager.
Glaswelt – Haben Sie Ihr Kunststofffenster komplett aus dem Portfolio genommen?
Detlef Timm – Der Umsatzanteil des Kunststofffensters ist in bei uns in den letzten Jahren rapide gesunken. Auch die Entwicklung im Kunststoffsektor – der Import aus Polen – hat uns die Entscheidung einfach gemacht, die Produktion einzustellen. Darüber hinaus haben wir uns entschieden, die freiwerdenden Produktionsflächen für unseren Aluminium- und Stahlsektor zu nutzen. Das heißt aber nicht, dass wir in Zukunft keine Kunststofffenster mehr anbieten. Wir treten weiterhin als Vollsortimenter auf.
Glaswelt – Wenn man sich Ihre Referenzliste anschaut, erkennt man, dass Sie vor allem hochwertige Objektlösungen anbieten können. Wann ist ein Auftrag für Sie interessant?
Detlef Timm – Neben den sehr hochwertigen Villenobjekten, die wir in jeder Größe abwickeln, müssen Objekte entweder in der Konstruktionsart und/oder von der Größe her für uns interessant sein. Fesselnd wird es für uns, wenn schwierige Details umzusetzen sind, wenn hohe Präzision im Produkt und in der Werkplanung gefragt ist. Dann wird unser gesamtes Leistungsportfolio gern in Anspruch genommen – von der Beratung über die Ausführung bis zur nachfolgenden Wartung. Auch die Größe des Objektes spielt keine Rolle. Unser größter Auftrag ist zurzeit die Ausführung der Fenster in der Staatsbibliothek mit einer Auftragssumme von 10 Mio. Euro. Hier kommen vor allem besonders große und technisch anspruchsvolle Kastenfensterkonstruktionen zur Ausführung. Wir haben in der Vergangenheit auch das Zeughaus Berlin, das heute das Deutsche Historische Museum beherbergt, mit Spezialkonstruktionen ausgestattet, wie auch das Bundesumweltministerium, das als Passivhaus ausgestattet wurde. Die Auftragsvolumina erreichen oft siebenstellige Größenordnungen. Wir führen aber auch Einzelwohnungen in Denkmalschutzobjekten aus, bei denen auch mal Aufträge unter 20 000 Euro zur Ausführung anstehen und intensive Absprachen mit dem Denkmalschutz getroffen werden müssen.
Glaswelt – Können Sie bitte auf Ihr Produktspektrum kurz eingehen?
Detlef Timm – Aufgrund der vielfältigen Wünsche von Architekten an uns, geht es immer bei uns darum, eine größtmögliche Vielfalt an Systemen wirtschaftlich fertigen zu können. Das war auch das Hauptaugenmerk bei dem letzten Investitionsprogramm, weswegen wir auch aktuell über sechs CNC-Maschinen verfügen und konsequent nur Vollwerkzeuge einsetzen. Folglich können wir von einem denkmalgerechten Einfachfenster für ein Treppenhaus über Verbundfenstersysteme bis hin zu Kastenfenstern in allen Kombinationsarten fertigen. Das Gleiche gilt für den Holz-Aluminiumbereich und auch den reinen Aluminiumbereich, wo wir unsere Produktion systemunabhängig aufgestellt haben.
Glaswelt – Wie wichtig ist für die Firma Timm ein starker Handelspartner?
Detlef Timm – Sehr wichtig. Dieser Partner muss für uns Produkte von verschiedensten Herstellern bündeln, in ausreichender Menge lagern und uns kommissioniert in kürzester Zeit – quasi just in time – zur Verfügung stellen. Dabei muss er mit seiner Größe und entsprechender Verhandlungsmacht für ein angemessenes Preisniveau sorgen und dieses möglichst lange konstant halten. Der Innendienst des Handelshauses muss umfassende Kenntnisse und Informationen über die Produkteigenschaften und die Verwendungsmöglichkeiten uns zur Verfügung stellen können. Und: Weiterhin gehen wir davon aus, dass der Außendienst uns regelmäßig und umfangreich über die Produktentwicklung am Markt – neben den Außendienstmitarbeitern der Zulieferindustrie – informiert.
Glaswelt – Seit wann gibt es die Partnerschaft mit der Firma Meesenburg?
Detlef Timm – Wir haben uns in den letzten Jahren auf wenige, aber leistungsstarke Partner konzentriert und legen dabei Wert auf langjährige Partnerschaften und setzen somit auf die gemeinsame Stärke zur Umsetzung der täglich anstehenden Aufgaben und Probleme. Wir sind dabei, mit Meesenburg eine strategische Partnerschaft aufzubauen. Durch die Turbulenzen bei unserem vorigen Handels-Partner haben wir uns zu diesem Schritt entschlossen. Nach einem persönlichen Gespräch mit Herrn Meesenburg sind wir zu dem Schluss gekommen, dass das Handelshaus der richtige Partner ist. Dieser Schritt ist uns nicht leicht gefallen, wir sind aber schon jetzt sehr zufrieden mit dieser Entscheidung.
Glaswelt – Das heißt nach dem vollzogenen Wechsel des Handelspartners liefert Ihnen Meesenburg nahezu 100 Prozent aller benötigten Beschläge?
Detlef Timm – Das können wir generell so bestätigen. Folglich profitiert die Firma Meesenburg nun von unseren Umsatzentwicklungen.
Glaswelt – Was waren die konkreten Gründe für den Wechsel?
Bastian Timm – Zum einen mussten wir sicherstellen, dass die Versorgungssicherheit unserer Produktion gewährleistet ist. Dieses Gefühl hatten wir in der Vergangenheit nicht immer. Wichtige, kompetente Mitarbeiter, die uns teilweise schon über Jahrzehnte betreut haben, sind zur Firma Meesenburg gewechselt, sodass wir bald keinen Innen- und auch keinen Außendienst mehr als Ansprechpartner hatten. Und die Menschen machen ja bekanntlich den Unterschied. Aber auch das komplette Supply Chain Management Team ist gewechselt, das für unsere Bestellungen und Prozesse in der Firma ebenfalls von besonderer Wichtigkeit war. Des Weiteren gilt das für das Produktmanagement um Robert Leinert und Jorg Godzieba, das sich um die Entwicklung der Systemlösungen kümmert und Frau Schell mit ihrem Team, die die Eigenmarke ausbaut und mit Leben füllt.
Detlef Timm – Die beiden Fachbereiche haben sich zu guten Sparringspartnern für uns im Objektgeschäft entwickelt. Zudem hatten wir das Gefühl, dass Neuentwicklungen oder Änderungen an Systemlösungen hier besser umgesetzt werden. Jetzt werden beispielsweise auch Sonderartikel für uns eingelagert.
Glaswelt – Sie haben das Bestellwesen angesprochen. Wie wird aktuell bei Ihnen bestellt?
Bastian Timm – 70 Prozent unserer Bestellungen laufen über ein Material-Wirtschaftsprogramm. Artikel in unseren Lagern und unserer Produktion sind mit entsprechenden Etiketten zum Scannen ausgestattet. Als letzten Schritt im Bestellwesen werden wir noch unser Montagemateriallager digitalisieren – auch mit entsprechender Bestandsführung für unsere Bauleiter. Bei Meesenburg werden diese Bestellungen dann entsprechend elektronisch verarbeitet, sodass auch die Fehlerquote nahe Null ist.
Glaswelt – Kommen wir zum Thema Produktentwicklung. Wie teilt man sich die Kompetenzen mit Meesenburg auf?
Bastian Timm – Mit den Entwicklungen der Firma Meesenburg im letzten Jahr sind wir sehr zufrieden. Das neue Vorwandmontagesystem Triotherm+ erfüllt unsere Anforderungen. Bisher hatten wir auf ein anderes Vorwandmontagesystem gesetzt – da aber auch einige Kritikpunkte gesehen. Unsere Gedanken hierzu wurden jetzt von Herrn Leinert und Herrn Godzieba aufgegriffen. Mit der daraus entwickelten Lösung erleichtern sowie vereinfachen sie uns die Verarbeitung und die Anwendung. Insbesondere die Toleranzthematik am Bau ist damit deutlich flexibler gelöst.
Detlef Timm – Die Eigenmarkenentwicklungen sind ebenfalls sehr positiv zu bewerten. Hier wurden im Produktsortiment viele Wünsche von uns aufgenommen und erfüllt. Im letzten Jahr wurden mehr als 450 Artikel eingeführt. Durch die entsprechende Homepage www.blaugelb.de hat man einen sehr schnellen Zugriff auf alle Prüfzeugnisse und Produktinformationen, die wir immer wieder für unsere Bauvorhaben und die Gutachter am Bau brauchen. Durch unsere vielfältigen Objekte kommen wir aber auch immer wieder im Bereich der Montage zu Anschlusssituationen, bei denen neue Lösungen gefordert sind oder Systemlösungen erweitert werden müssen. Das Meesenburg-Team kennt sie und ich denke nicht, dass es ihm in den nächsten zwei Jahren langweilig werden wird.
Glaswelt – Herr Timm Sie haben viele Systeme via VBH-Systemplattform mit dem CE-Kennzeichen versehen. Sind diese CE-Kennzeichen jetzt noch gültig?
Detlef Timm – Das war für uns natürlich auch ein Thema von großer Relevanz in dem Umstellungsprozess. Die CE-Systemplattform der VBH ist allerdings eine eigenständige Plattform, dessen Dienstleistung wir weiterhin in Anspruch nehmen. Wir haben uns aber dafür entschieden, dass wir uns hier noch breiter aufstellen wollen und bereits angefangen, unsere Fenstersysteme umfassend eigenständig zu verifizieren.
Glaswelt – Herr Meesenburg, wie hat sich Ihr Handelshaus entwickelt?
Martin Meesenburg – Schon eine lange Zeit wachsen wir jährlich zweistellig. So auch im letzten Jahr: 2015 haben wir 15 Prozent zugelegt.
Glaswelt – Wie ist das Verhältnis von Handwerker und Industriekunden bei Ihnen?
Meesenburg – Tatsache ist, dass täglich 3000 Handwerker in unsere Filialen kommen und Ware direkt abholen. Mit unseren handwerklich geprägten Fertigungsbetrieben, die wir mit Handelsware versorgen, generieren wir rund 40 Prozent des Umsatzes. Die Industrie deckt rund 50 Prozent unseres Umsatzes ab.
Glaswelt – Wie groß ist Ihre Außendienstmannschaft?
Meesenburg – Täglich sind über 100 Außendienstler für uns im Einsatz.
Glaswelt – Noch vor zwei Jahren waren Sie kaum mit Niederlassungen in Süddeutschland vertreten – hat sich das geändert? Wie ist hier Ihre Strategie.
Meesenburg – Unsere Strategie ist eigentlich ganz klar und auch einfach: Überall in Deutschland versorgen wir Bauelementeverarbeiter mit ihren Zulieferprodukten. Da gibt es keine weiße Flecken mehr.
Glaswelt – Sie feiern ein Jubiläum: 10 Jahre „blaugelb“– wie hat sich Ihre Eigenmarke entwickelt?
Meesenburg – Hervorragend. Und wir haben hier noch viel vor. Wir haben der Eigenmarke einen neuen Markenauftritt spendiert, ein neues Logo verpasst und überarbeiten sowie erweitertem ständig das Produktsortiment. Natalie Schell als Leiterin Eigenmarkenmanagement und ich hatten kurzfristig einen Umsatzanteil von rund 10 Prozent angepeilt, den wir tatsächlich schon annähernd erreicht haben.
Glaswelt – Warum gibt es überhaupt „blaugelb“? Wollen Sie damit günstiger oder besser sein als andere Handelsprodukte?
Meesenburg – Mit den Produktportfolio innerhalb der blaugelb-Marke haben wir uns das Ziel gesteckt, Kundenbedürfnisse zu erfüllen und marktführende Innovationen und Systemlösungen zu generieren. Laufende Veränderungen und Verbesserungen sind notwendig, um die Zufriedenheit unserer Kunden und Lieferanten und damit den gemeinsamen Erfolg zu sichern. Wir wollen dieses Vertrauen in die Marke aber nicht als Vorschuss, sondern wir wollen es uns hart erarbeiten – mit jedem Tag, jedem Produkt und jeder Lösung, die wir anbieten.—
Das Gespräch führte Chefredakteur Daniel Mund. In Berlin wurden noch mehr Themen besprochen, deshalb kommen wir im 2. Teil des Interviews, das in einer der nächsten Ausgaben erscheint, auf Produkte wie das Vorwandmontagesystem Triotherm+ aus dem blaugelb-Sortiment zu sprechen, stellen Fragen zum Investitionsprogramm bei der Firma Timm und zum Thema Kastenfenstererneuerung. Natürlich haben wir auch Detlef Timm über seine Ziele als VFF-Präsident befragt.