Es gab aber auch in diesem Jahr Beiträge, die dazu beigetragen haben, dass einige Teilnehmer sagen: "Ich komme vor allem wegen der Gespräche in den Pausen und am Festabend und um die Branche hier zu treffen."
Der Beitrag von Jochen Grönegräs zählte auf jeden Fall nicht dazu. Für mich war die Rede vom BF-Geschäftsführer rhetorisch gesehen einer der Highlights auf den Fenstertagen. Er vertrat vor der Fensterbranche die Meinungen seiner Mitglieder und naturgemäß lässt sich auch über seine Aussagen trefflich streiten. Grönegräs forderte die Fensterbauer und -verkäufer auf: "Bieten Sie Ihren Kunden bei der Fensterberatung mehr Optionen und Ausstattungsmöglichkeiten – auch mit verschiedenen Glastypen, wie z. B. Easy-to-Clean-, Sicherheits- und Sonnenschutzgläsern." Es gebe so viele spannende Glasprodukte, nur der Endkunde erfährt bei der Fensterberatung oft nichts davon. Schlimmer noch: Mehrwerte würden sozusagen verramscht: "Warum gleich ein 3-fach-ISO zum Preis von 2-fach-ISO verkaufen, und das ohne Not? Das versteht dann auch der Endkunde nicht mehr."
Deshalb wäre die Glasbranche ordentlich gefrustet: Gläser würden den Hauptteil der Eigenschaften eines Fensters ausmachen, aber dieser Stellenwert würde sich in der Wertigkeit nicht widerspiegeln. Die Fensterbranche solle dankbar sein, dass sich dieser falsche Umstand manifestiert habe.
Ganz provokant rief er der Menge zu: "Der Rahmen ist doch eigentlich nur zum Öffnen da!"
Und den Ball zu den seiner Branche vorgeworfenen Glas-Dickentoleranzen zurückwerfend, gab er den Systemherstellern eine Mitschuld: Wenn man ein System entwickle, dass keine Toleranz vertrage, dann werde es halt schwierig. Etwas versöhnlich gab er sich am Ende: "Verlangen Sie ruhig Extras von den Isolierglasherstellern. Verkaufen Sie diese dann aber auch an ihre Kunden.
Aber offensichtlich haben in diesem Jahr auch immer mehr produzierende Betriebe beschlossen, die Zeit lieber anders zu nutzen, als zum Branchentreff zu kommen: Entweder um Aufträge abzuarbeiten oder um für Aufträge zu kämpfen. Denn kämpfen müssen mittlerweile viele Betriebe und die Sorgenfalten zur zukünftigen Geschäftssituation sind bei den Branchenakteuren deutlich mehr geworden.
Diese Sorgen waren auch in Rosenheim in den Gesprächen herauszuhören. Kaum ein Fensterbauer, der nicht von höchstens stagnierenden Umsätzen berichtete. Die allermeisten hatten eher ein ausgesprochenes Sommerloch zu beklagen. Und auch die Zulieferer und Systemanbieter machten sich einige Sorgen: Beim Bier am Festabend wurden düstere Prognosen für das erste Quartal 2015 abgegeben.
Eine deutliche Sprache spricht die Teilnehmerstruktur-Analyse: In diesem Jahr kamen deutlich weniger Fensterhersteller nach Rosenheim (263; 2013:336). Für Profilhersteller und andere Zulieferer wird die Tagung immer wichtiger (322; 2013: 275). Prof. Sieberath versicherte aber auf der tags zuvor stattfindenden Pressekonferenz, dass sich im nächsten Jahr das Programm wieder mehr an handwerklichen Interessen orientiere. Dann, so seine Hoffnung, würden auch wieder deutlich mehr Fensterbauer kommen. Insgesamt sind über 950 Teilnehmer für den Branchentreff angemeldet gewesen.
Prof. Sieberath und gleichwohl auch ift-Vorsitzender Bernhard Helbing hatte auf ebendieser Pressekonferenz aber auch einen mutigen Investitionsschritt zu verkünden: Schon im nächsten Jahr soll mit der Errichtung des ift Technologiezentrums begonnen werden (lesen Sie dazu den Beitrag auf www.glaswelt.de). Die Investitionssumme betrage 6 Mio. Euro und 2016 soll es fertig sein. Dann würden dort direkt an dem Autobahnanschluss Rosenheim Prüfungen für Brand- und Rauchschutzelemente sowie großformatige Fassaden und Bauelemente und auch Forschungsprojekte durchgeführt werden.
Was die Forschung angeht: Da habe er den Eindruck, dass der Entwicklungsdruck, neue Systeme zu konstruieren, abflaut. Übrigens: die Meinung teilt Peter Schober von der Holzforschung Austria in vollem Umfang. Der Mut zu Innovationen sei deutlich verflogen, so der Österreicher in Rosenheim gegenüber der GLASWELT.
In seinen Ausführungen vor dem Plenum machte Sieberath schließlich auf einen Strukturwandel aufmerksam: Das Internet mutiere zum Problembereiter: Es werde einem vorgegaukelt, dass Fenster online günstig zu erwerben und dann ganz leicht selbst auch noch einzubauen seien. Das sorge dann im Anschluss für viel Arbeit bei den Sachverständigen.
Im Anschluss erinnert er an die gute alte Zeit: 2 Seiten Normen hätten früher einmal ausgereicht. Jetzt verweise die EnEV auf 141 Normen und 40 Rechtsvorschriften und die Produktnorm charakterisiere 24 verschiedene Eigenschaften und beziehe sich auf 66 weitere Normen. Das sei aber auch richtig so, denn der Kunde und auch die Hersteller und Planer brauchen Orientierung.
An die Entwickler richtete er aber zum Schluss eine Bitte: "Verlieren Sie das Ziel nicht aus den Augen: sie entwickeln nicht für die Norm, sondern für die Menschen.
EIn Vor-Ort-Bericht von GLASWELT Chefredakteur Daniel Mund