Die Glasbranche steht am Wendepunkt, so der Tenor vieler Vorträge und Meinungen in Tampere, denn Glas wird zunehmend digitaler. Diese Meinung vertrat auch Glaston CEO Arto Matsänen bei seiner Auftaktrede: „In den nächsten 10 Jahren wird sich die Glasbranche stärker verändern als in den letzten 50 Jahren.“
Dies vor Augen hat die GPD Macher dazu bewogen, zum 25. Jubiläum das Format der Branchenplattform anzupassen und zu modernisieren, unter anderem mit dem Programm Step Change, das in Tampere seine Premiere feierte. Damit wurden neue Ausstellergruppen angesprochen, d.h. es waren 35 Startups vor Ort, von denen einige mit der Glasbranche auf den ersten Blick wenig zu tun haben. Ziel von Step Change: die Innovationsgeschwindigkeit im Glassektor zu beschleunigen.
Neue Impulse von außen
GPD Erfinder Jorma Vitkala erläutert das neue Konzept gegenüber der GLASWELT: „Seit 1992 treffen sich die wichtigen Branchenplayer aus den Bereichen Glas, Maschinen und Prozesstechnik sowie aus dem Fassadenbau und der Architektur bei den Glass Performance Days. Mit Step Change wollen wir neue Impulse schaffen. Zudem besteht die Gefahr, dass Branchenfremde in die eingesessenen Glas-Märkte eindringen, zum Nachteil traditioneller Branchenprofis. Dem wollen wir mit unserem Step Change Programm vorbeugen und gleichzeitig den Glas-Unternehmen die Chance geben, potenzielle Partner kennenzulernen, mit denen gemeinsam neues Entstehen kann, insbesondere auf der Produkt-Ebene.“
Die Startups aus den verschiedenen Segmenten sollen unter anderem helfen, neue, digitale und elektronische Glasanwendungen schneller zu konzipieren helfen sowie bis zur Marktreife umzusetzen. Dazu Peter Dixen, A+W-Geschäftsführer: „Ich spüre bei den GPD einen guten, frischen Wind. Eine gute Veranstaltung, auch mit Step Change und den Start-ups, das bringt neue Ideen.“
Neues Konzept in neuen Räumen
Die Veranstaltung fand diesmal in neuen Hallen statt, was generell den Zuspruch der Aussteller fand. So waren die GPD in einer einzigen großen Halle untergebracht, mit den Präsentationsbereichen in der Mitte und den offenen Vortragsbereichen an den Rändern.
Das Plus für die Aussteller: Eine höhere Besucherfrequenz, da die Teilnehmer immer wieder die Ausstellungsbereiche queren mussten. Dazu Hegla Geschäftsführer Manfred Vollbracht: „ Die Neugestaltung der GPD sehe ich positiv. Kurze, schnelle Wege, sowie genügend Raum für Networking und gute Gespräche, das war in der neuen Halle gegeben. Alles in allem eine gute Veranstaltung.“
Mit intelligenten Gläsern in die Zukunft
Die digitale Weiterentwicklung von Glas fasste Architekt James Carpenter aus New York sehr prägnant in seinem Vortrag zusammen: „Glas wandelt sich von einem reinen Bau-Werkstoff zu einer Kombination aus Werkstoff, Informationsträger und Kommunikationsmittel.“
Ein neuer Branchen-Player, der sich schaltbaren Gläsern verschrieben hat, ist der Wissenschafts- und Technologiekonzern Merck. Bei dessen schaltbaren Gläsern auf Flüssigkristall-Basis lassen sich Schaltzeiten ohne Verzögerung umsetzen, wobei nicht nur die komplette Scheibe, sondern auch einzelne Scheibensegmente geschaltet werden können. Dazu Rainer Neeff, der bei Merck dem Geschäftsfeld Flüssigkristalle Performance Materials vorsteht: „Wir haben insgesamt 38 Mio. Euro investiert und bringen zwei Welten zusammen, Flüssigkristall Technologie und Isolierglas- bzw. Fensteranwendungen.“
Ausgezeichnete Gläser
Bei ihrer GPD Premiere durfte sich auch die LightGlass Technology GmbH, ein Startup aus Wien, freuen: Sie wurde für ihr selbstleuchtendes Glas ausgezeichnet. Bei den GPD war das Glas jetzt mit Daylight-Steuerung zu sehen.
Damit können die Anwender die Lichtfarbe einer bestimmten Tageszeit und eines vordefinierten Ortes wählen. Gerade in der nördlichen Region ist Tageslicht auf Knopfdruck eine Innovation, die auch das individuelle Empfinden der Gebäudenutzer maßgeblich beeinflussen kann. Beim GPD Diner wurde der Lightglass GmbH die Bronze-Medaille des Step Change Preises überreicht.
Aktuell arbeitet LightGlass an Entwicklungen rund um die patentierte selbstleuchtende Glaswand TechWall im Bereich Smart Home und im Segment Industrie 4.0. Nach Auskunft der Entwickler könne der LightGlass TechWall künftig als zentraler „Hub“ (Verteiler) im Smart Home dienen, bei der die Glasscheibe das zentrale Bedienelement ist. Das intelligente Glas soll in Zukunft Funktionen und technische Elemente wie (Touch-)Displays, Kameras, Steuerungstechnik etc. aufnehmen.
Bei Fensterhersteller Drutex sind smarte Gläser in Kürze Teil des Fenster-Angebots, hier die Details.
Eine lohnende Veranstaltung
Der Besuch der GPD hat sich in den Augen der Teilnehmer und der Aussteller wieder einmal gelohnt, da er den Blick auf künftige Entwicklungen in allen Bereichen der Glasbranche schärfe, so der Tenor der Gespräche mit den Protagonisten in Tampere.
Gerade das Step Change Programm war ein Erfolg: das Interesse der Glasfirmen und Zulieferer war sehr groß und viele gemeinsame Gespräche mit den Startup-Firmen scheinen vielversprechend. Weitere spannende Themen, etwa zu XXL-Gläsern, lesen Sie in den folgenden Print-Ausgaben der GLASWELT.
Mein Tipp: Den vollständigen GPD-Beitrag, inklusive der Entwicklungen bei ESG-Anisotropien, lesen Sie in der Augustausgabe der GLASWELT, die am 2. August 2017 erscheint.