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Wachstumsmarkt Photovoltaik

Von der Nische zum Erfolgsmotor

Der Wirkungsgrad einer Solarzelle hängt im Wesentlichen von der verwendeten Verglasung ab. Da eine reine Silizium­ober­fläche Reflexionswerte im relevanten Spektralbereich von bis zu 40% aufweist und eine maximierte Energietransmission des Frontglases somit für die Effizienz von Modulen von sehr großer Bedeutung ist, bietet die Glasbranche für Photovoltaikmodule extraweißes Frontglas (wie SGG Alba­rino) an. Ein niedriger Eisenoxidanteil ermög­licht dabei Lichttransmissionswerte von über 90%.

Mithilfe von optimierten Oberflächenstrukturen lässt sich der Wirkungsgrad von Solarzellen noch zusätzlich steigern: Spezialgläser wie SGG Albarino G oder SGG Albarino P erzeugen aufgrund ihrer texturierten Oberfläche den sogenannten Lichtfalleneffekt. Ein Teil des reflektierten Lichts wird so gelenkt, dass es erneut auf die Glasoberfläche fällt, also ein zweites Mal die Möglichkeit erhält, absorbiert zu werden. Auch das von der Solarzelle selbst zurückgeworfene Licht kann so auf die Zelle zurückgelenkt werden. Die Mehrkosten dieser Spezialgläser amortisieren sich durch die höheren Stromerträge im Modul schnell.

Der Markt für Solarzellen befindet sich momentan stark in Bewegung, da aufgrund des Siliziummangels der Jahre 2006 bis 2008 alternative Lösungen entwickelt wurden. Siliziumwafer können aus statischen Gründen nach dem heutigen Stand der Technik nicht dünner als 0,15 mm geschnitten werden, allerdings wird nur 1% des Absorberquerschnitts zur Stromerzeugung benö­tigt. Die Absorberschicht von sogenannten Dünnschichtzellen ist genau so dick wie notwendig, durchschnittlich gerade einmal 0,0025 mm. Dementsprechend wird weitaus weniger oder wie im Falle der CIS-Dünnschichtzelle gar kein Silizium benötigt, da hier die Absorptionsschicht nicht aus Silizium, sondern aus Kupfer (Cu), Indium (In) und Diselenid (Se2) besteht. Dank des geringeren Materialaufwands und eines fast voll automatisierten Herstellungsprozesses lassen sich Dünnschichtzellen daher erheblich günstiger produzieren. Zwar wird der Wirkungsgrad einer herkömmlichen Waferzelle nicht erreicht, Dünnschichtzellen überzeugen aber aufgrund ihrer höheren Flexibilität und mit Ertragswerten, die mit denen der Dickschichtzelle konkurrieren können.

Die Energierücklaufzeiten, also die Zeitspanne, in der ein Solarmodul die für seine Herstellung verwendete Energie wieder zurückgewonnen hat, ist bei Dünnschichtzellen sehr viel geringer. Eine CIS-Dünnschichtzelle benötigt dafür ein Drittel der Zeit gegenüber einer kristallinen Solarzelle.

Wachstumsmarkt BIPV

An der Bedeutung des Glases im Photovoltaiksektor ändert der Trend zur Dünnschichtzelle aber nichts, im Gegenteil: Für Effizienz und Kostengünstigkeit von Dünnschichtzellen ist Glas sogar gleich zweifach relevant – als Trägerma-terial und als Frontglas.

Bei Dünnschichtzellen trägt man die Absorptionsschicht hauchdünn auf ein Trägermate­rial auf. Eine preiswerte Option ist Floatglas, das sich wegen seiner glatten Oberfläche und seiner Unempfindlichkeit gut eignet. Das Glassubstrat kann direkt mit Molybdän beschichtet werden und dient so als Rückkontakt der Dünnschichtzelle, über den der gewonnene Strom abgeführt wird. Für das Frontglas von Dünnschichtzellen gilt dasselbe wie für herkömmliche kristalline Sili­ziumzellen: Sehr hohe Lichttransmissionswerte bei geringer Reflexion sind unabdingbar.

CIS-Module sind keine Zukunftsmusik: Avancis, ein Joint-Venture von Saint-Gobain Glass und Shell Erneuerbare Energien, produziert momentan serienmäßig Fertigmodule auf Basis der CIS-Dünnschichttechnologie. Die Abmessungen der Avancis-Module betragen 160 x 65 cm bei einer Leistung von 120 Watt. Fertig gerahmt und mit elektrischer Verbindung ausgestattet sind diese Module sofort anschlussfertig. Diese Solarmodule sind für jegliche Anwendungen geeignet.

Die direkte Integration von Photovoltaikmodulen in die Fassade (BIPV = Building Integrated Photovoltaics) ist einer der stärksten Wachstumsmärkte im Photovoltaiksektor. Theoretisch ließen sich durch großflächig in Fassaden oder auf Dächern integrierte PV-Module 30 Prozent des gesamtdeutschen Energiebedarfs decken. Da Dünnschichtzellen sehr flexibel sind und eine homogene dunkle Farbgebung haben, eröffnet die neue Technologie der Architektur eine Vielzahl an zusätzlichen Möglichkeiten. Das geringere Gewicht von Dünnschichtzellen ermöglicht die nahtlose Integration von PV-Modulen auch in Fassadenelementen, wo aus Gründen der Statik die Verwendung von Modulen aus kristallinem Silizium nicht möglich wäre. Auch für autarke Off-Grid-Lösungen ist BIPV interessant: Der erzeugte Strom wird hier nicht ins Stromnetz eingespeist, sondern direkt im Objekt verbraucht.

Ein Dach der Zukunft kann somit komplett aus integrierten PV-Modulen bestehen. Es gibt schon heute Lösungen und Anwendungsbeispiele für eine solche Entwicklung. Darüber hinaus werden sich die Solarmodule zu eigenständigen Bauelementen entwickeln und werden somit in Zukunft die Gestaltung von Fassaden und Gebäuden verändern.

Neben der Stromgewinnung können BIPV-Systeme noch weitere Funktionen wie Sonnen- und Blendschutz übernehmen. Bei der Planung solcher Systeme sollten, insbesondere bei individuellen Lösungen, die Verarbeiter frühzeitig miteinbezogen werden.—

Der Autor

Dr. Fabrice Didier, CEO Saint-Gobain Solar (Vorsitzender Geschäftsführer)

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