Marc Baldo ist der Kopf des Forscherteams am Massachusetts Institute of Technology (MIT) im US-amerikanischen Cambridge und sein Labor liegt eigentlich nicht gerade in einer Gegend, die sich gut für Solarstrom eignen würde – zu keiner Jahreszeit. „Im Winter fällt viel Schnee und es ist eisig“, sagt der Elektroingenieur. „Im Moment regnet es. Kein guter Tag für Solarenergie.“ Unter dem verhangenen Himmel von Cambridge bekommen Photozellen kaum Licht ab.
Doch selbst wenn die Sonne schiene, bräuchte man große Flächen mit Solarzellen, um eine vernünftige Menge Strom zu erzeugen. Denn Solarzellen sind immer noch sehr ineffizient. Und obendrein teuer. Marc Baldo ärgerte das: „Wir wollten darum einen Sonnenkollektor bauen, der viel Sonnenlicht auf wenige Solarzellen bündelt und obendrein preiswert ist. So dass man keine großen Mengen an Photozellen braucht und hoffentlich auch noch Geld spart.“
Die Idee des Amerikaners: Man baut die Solarzellen einfach ins Fenster ein. Der Trick ist eine mit Spezialstoffen gefärbte Glasscheibe: Sie fängt das Sonnenlicht auf und lenkt das meiste davon um zum Fensterrahmen. Lediglich an seiner Innenseite müssen Photozellen angebracht sein. Sie verwandeln die auf der ganzen Glasscheibe gesammelte – und darum sehr intensive – Strahlung in Strom.
Die Idee, die Scheibe als einen Lichtleiter zu nutzen, ist nicht neu. Sie stammt aus den 70er Jahren, als während der Ölkrise fieberhaft nach alternativen Energiequellen gesucht wurde. Doch die Forschung wurde gestoppt, noch bevor die Technik funktionsfähig war. Es habe einige Probleme gegeben, sagt Baldo: „Je größer man die Glasplatten machte, desto weniger Licht kam bei den Solarzellen im Rahmen an. Es ging in den Platten verloren. Sie schluckten das Licht, das sie selbst leiteten.“ Dazu kam dann das Ende der Ölkrise was zugleich auch das Ende der weiteren Erforschung bedeutete.
Heute sorgen neuartige organische Farbstoffe dafür, dass in Marc Baldos Solarscheiben kaum mehr Licht verloren geht. Sie leiten die Strahlung fast verlustfrei. Die Technik sei so gut wie anwendungsreif, sagt der Forscher. Einer seiner Studenten hat bereits eine Firma gegründet, um die Solarfenster zu verkaufen. „Die letzten sechs Monate hat er sich überlegt, wie man die Fenster am besten bauen kann. Im Moment – ich glaube das darf ich verraten – spricht er schon mit Fensterherstellern aus der Industrie.“
Dabei haben die Fenster aus Cambridge immer noch ein großes Problem: Ihre Farbstoffe, die entscheidenden Lichtleiter, sind instabil. Sie gehen an Altersschwäche schon nach kurzer Zeit kaputt. Marc Baldo verspricht trotzdem eine Haltbarkeit von 30 Jahren – obwohl er zugibt, das noch nicht beweisen zu können: „Im Labor kommen wir bisher auf Haltbarkeiten von ein paar Monaten.“ Mit den Möglichkeiten einer Universität sei es eben schwierig, längerfristige Studien zu machen, verteidigt Marc Baldo die knappe Datenlage. Und setzt nach: „Aber ich bin sicher, wir erreichen eine noch längere Haltbarkeit“
Schön wär’s. Doch bisher sieht es nicht danach aus. Beim Chemie-Branchenriesen BASF, Marktführer in dieser Technologie, beißen sich Entwickler seit Jahren die Zähne an stabilen Farbstoffen aus. Marc Baldo ficht das alles nicht an. An einen weiteren Rückschlag für die Solarzellenforschung, wie in den 80ern, will er einfach nicht glauben. Er macht weiter. „Ich denke, 2010 werden wir die ersten Prototypen herstellen“, sagt der Fensterforscher optimistisch. „Und wenn die haltbar genug sind, gehen wir direkt in Produktion.“—
Björn Schwentker