Gebäude, die im Betrieb eine möglichst geringe negative Auswirkung auf die Umwelt haben sollen, zeichnen sich durch eine Optimierung des Energiebedarfs und der dezentralen Nutzung erneuerbarer Energiequellen aus. Während im ersten Bereich in den letzten Jahrzehnten erhebliche Fortschritte erzielt wurden, steht die aktive Seite der Energieerzeugung in Gebäuden noch am Anfang.
In diesem Zusammenhang spielt die Solartechnik eine zentrale Rolle, deren Ausbau entsprechend auch politisch forciert wird. Solartechnische Komponenten wirken immer auch gestaltprägend, was ihren sensiblen Umgang im Bezug zur Architektur erfordert.
Dieser sensible Umgang ist bislang leider nicht die Regel. Im Gegenteil: deutlich über 90 Prozent, der in Zusammenhang mit Gebäuden realisierten Solaranlagen, werden ohne funktionalen oder gestalterischen Bezug zur Gebäudehülle realisiert. Bei deren Planung stehen ausschließlich technische und wirtschaftliche Aspekte im Blickfeld. Dies gilt auch, wenn bei Neubauprojekten die Installation einer Solaranlage bereits angedacht war. Die Gebäudeplanung – und insbesondere die Gestaltung des Daches – erfolgt auch heute noch in den meisten Fällen ohne Berücksichtigung potenzieller Solarflächen.
Dies hat zur Folge, dass die „solar nutzbaren Restflächen“ zu einem späteren Zeitpunkt belegt werden. Aufgrund der (solaren) Anforderungen an die erforderliche Fläche, ist dies dann oft nicht mehr umzusetzen.
Wachstumsmarkt der Superlative
Die Photovoltaikindustrie befindet sich weltweit in einem erheblichen Ausbaustatus. Werden die anvisierten Ziele an die Energieversorgung in Deutschland (Wärme und Strom) erreicht, so werden in den nächsten 30 bis 40 Jahren mehrere 100 Mio. m2 solarthermische Kollektoren und bis zu über 1 Mrd. m2 Photovoltaikmodule allein in Deutschland realisiert – und dies nahezu komplett im Zusammenhang mit Gebäuden. Zum Vergleich: Im Jahr 2007 wurden in Deutschland gut 20 Mio. m2 Fenster produziert.
Damit entwickelt sich die Solartechnik von einem Nischenprodukt zu einem Massenprodukt, das nur unter bestimmten Randbedingungen eine positive Entwicklung im Sinne der Symbiose von Architektur und Solartechnik durchlaufen kann.
Hierzu gehört, neben der verstärken Ausbildung von Planern und Fachhandwerkern, insbesondere eine erhebliche Steigerung individuell anpassbarer technischer Komponenten. Denn um solche Systeme in größerem Maße umsetzen zu können, ist es erforderlich, sowohl die Systemtechnik als auch insbesondere die Solarkollektoren in wesentlich stärkerem Maße als bislang in das Gebäudekonzept integrieren zu können.
Viele Gebäude – Neubau oder Bestand – weisen keine entsprechend geneigte und durchgängig belegbare Dachfläche auf, Fassaden sind meist in individuellen Rasterungen (Fenster, Türen) strukturiert, was die Verwendung von Fassadenkollektoren mit Standardmaßen stark einschränkt. Die Entwicklung muss daher gezielt den schwierigen Weg einer projektspezifischen Produktion mit kostengünstiger, standardisierter Fertigung verbinden.
Solar wird Teil der Gebäudehülle
Die Solartechnik muss sich zu einem selbstverständlichen Produkt für die Gebäudehülle mit einem hohen Gestaltungsspielraum, ähnlich der Verglasung, entwickeln. Auch bei konventionellen Fenstern wäre eine Massenproduktion mit Standardmaßen kostengünstiger, als die individuelle Fertigung. Dennoch ist eine solche Einschränkung in der Planungspraxis undenkbar. Im Bereich der Solartechnik ist die Industrie erst am Beginn einer solchen Entwicklung.
Im Bereich der Kollektor- und Modulproduktion gibt es nur ein sehr geringes Angebot an Unternehmen, die individuelle, projektspezifische Komponenten anbieten.
Dies liegt vor allem an der geringen Nachfrage aufgrund der höheren Preise. Doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich aus gestalterischen Ansprüchen von Bauherrn und Architekten in Verbindung mit rechtlichen Rahmenbedingungen (z.B. solare Gestaltungssatzung) dieser Zwangskonflikt entschärft. Für die Übergangszeit sind daher innovative Lösungen gefragt, die eine Kombination von kostenintensiven technischen Teilkomponenten in der Massenfertigung mit einer individuellen „Fassung“ für projektspezifische Lösungen ermöglichen.
Der „Maßanzug von der Stange“ könnte mittelfristig die Entwicklung einer „neuen Solararchitektur“ ermöglichen. Zur Realisierung von Kollektor- und Modulflächen, die den genannten Anforderungen genügen, ist daher eine engere Zusammenarbeit der Solarindustrie und der Installationsbetriebe mit den Architekten nötig, als dies bisher üblich ist.
Auch die Planung muss sich daher verstärkt von Beginn an mit der Einbeziehung der Solarflächen auseinander setzen. In dieser Entwicklung steht die spannende Frage im Raum, inwieweit die Technologie einen Einfluss auf den zukünftigen Architekturstil ausüben wird. —
Der Autor
Prof. Dr.-Ing Thomas Stark ist Architekt und beschäftigt sich beim neu gegründeten Fachgebiet für energieeffizientes Bauen an der HTWG Konstanz mit der Integration von Solartechnik in die Architektur.