GLASWELT – Herr Dürrstein, welche Entwicklungen sehen Sie in der Glasbearbeitung, was kommt auf die Verarbeiter zu?
Andreas Dürrstein – Der Trend beim Sicherheitsglas nimmt weiter zu. Das umfasst sowohl Fassaden- als auch Interieurgläser. Gerade bei letzteren Gläsern, die häufig in Sonderformen nachgefragt werden (Trapeze etc.), ist bei der Bearbeitung die Geschwindigkeit nicht vorrangig. Hier zählt vor allem die Qualität und dass jede Scheibe sofort „sitzt“.
Dann liegt nach wie vor 3-fach-Isolierglas im Trend. Auch hierfür werden Sicherheitsgläser (aus ESG) verstärkt verlangt werden, gerade dünnere und damit leichtere für die Mittelscheibe. Das hilft bis zu 50 Prozent an Gewicht einzusparen. Ein weiterer Trend sind Großformate – 10 bis 12 m lange Scheiben – und zwar in allen Bereichen: vom bearbeiteten Mono-Glas bis hin zu ISO, ESG, VSG. Das hat Auswirkungen auf die Maschinen, die in der Lage sein müssen, solche Gläser aufzunehmen. Diese verlangen entsprechende Transport und Handlingsysteme. Die machbaren Größen werden eigentlich nur durch die Einschränkungen im Transport gebremst.
GLASWELT – Und wie reagieren Sie als Maschinenanbieter darauf?
Dürrstein – Wir und andere Hersteller bieten jetzt beispielsweise für Verbundgläser neben den großen VSG-Anlagen (alle 45 Sekunden eine Scheibe) auch kleinere, sagen wir Manufakturanlagen an, etwa für Glastreppen, schussfeste Gläser etc. Für die dünnen Sicherheitsgläser gibt es bereits neue Ofensysteme auf dem Markt, u.a. kleinere Vorspannöfen. Diese Anlagen sind auch für kleinere und mittlere Glasverarbeiter gedacht.
GLASWELT – Welche Tendenzen sehen Sie noch?
Dürrstein – In der Produktion stehen bereits heute Einzelanlagen kompletten Produktionsanlagen gegenüber, dazwischen gibt es kaum etwas. Die Tendenz geht nicht nur bei den Großverarbeitern, sondern immer mehr auch bei mittleren und kleineren Verarbeitungsbetrieben hin zur stärkeren Automatisierung. Kleinere Anlagen wird es zwar nach wie vor geben. Wobei in diesem Segment – sprich bei den Einzelanlagen – der chinesische Markt stark an Bedeutung gewinnt.
Der höhere Automatisierungsgrad führt hin zu komplexeren Anlagen, bei Schleifmaschinen beginnt das bei vertikalen Anlagen bei 8 Spindeln und geht bis zu 15 Spindeln (bei den Bottero-Anlagen). Bei unseren Wettbewerbern sieht das ähnlich aus.
Die Bedeutung eines frühzeitigen Services wird zunehmen, nicht nur um Ausfällen vorzubeugen, sondern auch, um konstant einen optimalen Lauf zu gewährleisten. Im Rahmen der steigenden Automatisierung werden die Maschinen „intelligenter“ werden und den Verarbeiter frühzeitig auf einen möglichen Verschleiß bzw. Ausfall sowie auf anstehende Serviceintervalle hinweisen.
GLASWELT – Und worauf müssen sich die Glasverarbeiter noch einstellen?
Dürrstein – Hier sehe ich zwei Entwicklungen: Die gemischte Produktion wird zunehmen sowie der Trend zur Spezialisierung einzelner Anbieter auf Nischenprodukte. Beginnen wir mit der Mischproduktion: Die nachgefragten Glasstärken und Glasgrößen werden innerhalb einer Bestellung immer unterschiedlicher werden. Darauf müssen sich die Glasverarbeiter einstellen. Diese Entwicklung müssen auch die Anlagen abfangen können. Dies wird über den bereits erwähnten steigenden Automationsgrad erfolgen. Die Scheiben werden künftig von den Anlagen selbstständig erfasst werden: der Maschinencomputer liest die Informationen selbstständig (z.B. über Barcode) ein und startet die geplanten Arbeitsschritten. Zunehmend werden auch Roboter eingesetzt, etwa im Transport oder beim Positionieren der Gläser.
Eine ganze Reihe von 08/15-Produkten kommt heute vielfach schon aus China und das bringt für die deutschen und europäischen Verarbeiter einen enormen Preisdruck. Hochwertige Spezialprodukte, die einen hohen Grad an Veredlung aufweisen, bieten jedoch für unsere Verarbeiter interessante Potenziale. Wer hier die passende Nische für sich findet, hat sehr gute Chancen sich solide am Markt zu positionieren. Das setzt allerdings bei einem Neueinstieg wieder ein gewisses Investitionsvolumen voraus. —
Die Fragen stellte GLASWELT Chefredakteur Matthias Rehberger während eines Besuchs bei Bottero Deutschland in Grevenbroich.
Merkmale der Variant-Kantenschleifmaschinen
Die Variant-Schleifmaschinen von Bottero sind durch ihre robuste Materialien auf Langlebigkeit und Präzision ausgelegt:
- Der komplette Rahmen ist verschweißt und verschraubt, um keine Vibrationen auf die Scheiben zu übertragen.
- Alle Spindelteile, die mit Wasser in Berührung kommen sind aus rostfreiem Stahl und/oder Alu.
- Mit 150 kg/m lassen sich schwerste Scheiben transportieren (Vorschubgeschwindigkeit von 0,6 bis 6 m/min.)
- Die Glasdicke wird am Bedienpult eingestellt. Die Einstellungen der Diamantspindel für die Flachkanten und den Saumschliff erfolgen jeweils über ein Handrad.
- Jede Schleifscheibe wird mit zwei Kühlwasserrohren versorgt.
- Alle Maschinen sind mit einem Ceriumsammel- und Rücklauftank ausgestattet.