GLASWELT: Herr Feigl, sie sind bei Glas Marte für den konstruktiven Glasbau verantwortlich, wie entwickelt sich die Nachfrage?
Feigl: Der konstruktive Glasbau hat ein sehr großes Entwicklungspotenzial. Die Technologien und Entwicklungen sind insgesamt gesehen noch relativ jung. Dennoch gibt es heute schon genügend gesicherte technische Erkenntnisse, um mit überschaubarem Risiko am Markt zu agieren. Der konstruktive Glasbau ist die „Königsklasse“, denn es ist für alle Beteiligten spannend, Glas als tragendes Bauteil einzusetzen. Die entscheidende Herausforderung ist meist nicht die Bauaufgabe selbst, diese können Architekten und die ausführenden Unternehmen lösen, sondern die Schwierigkeit im konstruktiven Glasbau liegt meist darin, den richtigen Bauherren zu finden. Soll heißen, die Glasbranche braucht mehr zukunftsorientierte Bauherren, dann wird sich die Nachfrage in diesem Segment weiterhin sehr positiv entwickeln.
GLASWELT: Was wird dabei im Interieur nachgefragt? Wo liegen hier aktuell die Trends?
Feigl: Wir stellen täglich fest, dass die „Erlebniskomponente“ verstärkt nachgefragt wird. Es geht um fühlen und um spüren. Werden diese Gefühle auf das Glas übertragen, geht es somit um Farben, Designs, Gestaltung, oft um die vielschichtige Darstellung von Motiven; der Werkstoff muss „erlebbar“ sein. Die Multifunktionalität hat an Bedeutung verloren. Dies geht teilweise soweit, dass in puristischer Denkweise bei entsprechender Raumgröße in Bädern selbst auf die Duschtüren verzichtet wird. Diese sind – strenggenommen – nicht notwendig. Man will Transparenz, man will Licht – deshalb sind Ganzglasanwendungen ohne sichtbare Konstruktionen sehr gefragt. Vor allem in Bädern, bei Ganzglasgeländern und bei Trennwänden sowie gläsernen Wandverkleidungen. Soll man die Konstruktion sehen, dann ist der Kunde oft sehr selektiv und kritisch, welche Konstruktionsteile er bewusst gezeigt haben will und welche nicht.
GLASWELT: Worauf kommt es bei statisch tragenden Glassystemen an?
Feigl: Für den konstruktiven Glasbau sind meines Erachtens drei Dinge wichtig: Verstand, Mut und Können. Insbesonders im konstruktiven Glasbau ist ein sorgsamer, solider Umgang mit der Aufgabe und eine seriöse Betrachtung der Resttragkriterien erforderlich. Es sollten für die Verarbeiter dabei die Aufgaben mit dem Erfahrungsschatz wachsen, und nicht umgekehrt.
GLASWELT: Wenn Verarbeiter den konstruktiven Glasbau angehen wollen, worauf müssen sie achten, und wo liegen die Fallstricke?
Feigl: Die Schwierigkeiten beginnen bereits bei der Kalkulation, ebenso bei der Einschätzung der statischen Auslegung sowie der erforderlichen konstruktiven Maßnahmen und bei der Auswahl von Materialien und Materialeigenschaften. Prüfungen und statische Nachweise sind oft schwer einschätzbar. Im konstruktiven Glasbau entwickeln die Projekte, insbesondere auf der Kostenseite, oft eine Eigendynamik. Hinzu kommen oft Bauherren und Architekten, die tatsächlich glauben, je weniger man sieht desto billiger wird es. Die hohen Anforderungen sind aber auch eine Chance, sofern die geeigneten Partner für die Projektumsetzung und die entsprechenden finanziellen Mittel bereitstehen. Einen solide tragende Glaskonstruktion gibt es allerdings nie als ‚Billigangebot‘, das geht nicht.
GLASWELT: Sie entwickeln selbst tragende Glassysteme, was ist das jüngstes Produkt?
Feigl: Seit Jahren beschäftigen wir uns mit Glaseinspannung und Klebetechnik in der Bauteilfertigung. Hierbei und im Bereich Schiebesystem- und Glasbefestigung werden wir künftig weiter offensiv mit patentierten Systemen am Markt agieren. Unser jüngstes Produkt ist Windoorail, eine gläserne Absturzsicherung für französische Fenster, die den ‚red dot award‘ erhalten hat. Das System wird einfach am Stockrahmen der Fenstertür montiert; es besitzt ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis.