Die Provinz schlägt die Metropolen aus dem Feld: So hat sich zumindest das modernisierte Sparkassengebäude in Ludwigshafen beim Re-Skinning Award 2010 in der Kategorie „große Gewerbeobjekte“ gegen Gebäude aus Paris, Sydney und New York durchgesetzt. Dies war einem ausgefeilten Sanierungskonzept zu verdanken.
Das Gebäude der Sparkasse Vorderpfalz wurde im Jahr 1974 erbaut und besteht aus einem Turm mit neun Etagen, der auf einem dreigeschossigen Sockelbau ruht. Die Erneuerung der Haustechnik sowie die energetische Modernisierung der Gebäudehülle waren nötig. Diese Baumaßnahmen sollten bei laufendem Betrieb stattfinden und ohne Störung des Innenausbaus erfolgen. Prämissen der Planung waren eine bauphysikalische Verbesserung der Fassade, die deutliche Verminderung des Energieverbrauchs und eine Aufwertung der architektonischen Erscheinung.
Grundlagen der Sanierungsplanung
Die Fassaden des Turmgebäudes waren als Aluminium-Vorhangfassaden realisiert. Auf einem Fachwerk aus Vierkantprofilen waren Aluminiumkassetten und festverglaste Fensterelemente mittels Anpressleisten befestigt. Von der Stahlkonstruktion kragten zudem die Konsolen für die Wartungsbalkone und den Sonnenschutz aus. Die Anpressdichtungen der Konstruktion neigten zur Versprödung, was mit fehlender Luft- und Schlagregendichtigkeit einherging. Die mangelnde Wärmedämmung und überholte Lüftungstechnik führten zu sehr hohen Energie- und Wartungskosten.
Bei der Sanierung wurde zuerst vor der alten Fassadenebene eine zusätzliche, ungedämmte Fassadenebene als Klimahülle montiert. Durch die neue Außenhülle entstand ein Fassadenzwischenraum mit Wartungsstegen auf jedem Geschoss. Alle weiteren Maßnahmen an der Fassade wurden witterungsunabhängig von den Stegen aus durchgeführt.
Zunächst wurde über neun Etagen eine neue Glashülle montiert, als hängende Fassade ausgebildet und von der Dachebene abgehängt. Um die Vertikalkräfte aufzunehmen, wurde das horizontale Stahltragwerk auf dem Dach verstärkt und durch Fachwerkbinder in der Fassadenebene ergänzt. Horizontalkräfte aus der neuen Doppelfassade wurden direkt geschossweise über die vorhandenen Konsolen in den Rohbau eingeleitet.
Von der ursprünglichen Konstruktion der inneren Fassadenebene blieb das Stahlfachwerk und mit ihm die meisten Anschlüsse am Innenausbau erhalten. Auf diese bestehende Unterkonstruktion wurden neue Fensterelemente und neue gedämmte Paneele im Brüstungsbereich aufgebracht. So entstand eine neue Doppelfassade, die heutigen Anforderungen entspricht.
Die Verglasung aus ESG-Scheiben (3,50 x 2,42 m) ist linienförmig an Pfosten und Riegeln befestigt. Aufgrund der begrenzten Logistikfläche auf der Baustelle wurden die Gläser zunächst auf dem Dach zwischengelagert und mittels der umgerüsteten Befahranlage eingebracht.
Die geschlossenen Fassadenbereiche in den Ecken des Gebäudes, die keine Doppelfassade erhielten, wurden entsprechend der ursprünglichen Konstruktion als hinterlüftete Bekleidung ausgeführt. Diese Unterkonstruktion bot genügend Raum für eine zusätzliche Wärmedämmung. Die originalen Fassadenbleche wurden gereinigt, neu beschichtet und wieder montiert. So konnten 1000 m2 Fassadenbleche wiederverwendet werden.
Die ursprüngliche Fassade des Sockelbaus war eine einfache Fensterfassade aus Aluprofilen. Davor befanden sich vorgehängte Leichtbetonbalken als gestalterisches Element. Neben der sehr schlechten Wärmedämmung der alten Fassade, führten diese Betonbalken zur starken Verschattung und waren verschmutzungsanfällig. Nach der Modernisierung wird der Sockelbau jetzt von einer punktgehaltenen Glasfassade umgeben, die dem Gebäude eine transparentere Optik verleiht.
Auch im Sockelbau musste man auf den Innenausbau Rücksicht nehmen. Daher wurde die bestehende Fassade nicht ausgebaut. Eine neue Verglasung sorgt dort nun für einen guten Dämmwert in der Fläche. Die ungedämmten Aluprofile stellten als Wärmebrücken die größere Herausforderung dar. Für diese wurde ein gedämmtes Aufsatzprofil entwickelt und von außen montiert. Da die Doppelfassade den Regen abhält, war diese Lösung kostengünstig und bauphysikalisch zuverlässig zu realisieren.
Das neue Klimakonzept
Das Klimakonzept basiert auf einer dezentralen Anlagentechnik. Im Fassadenzwischenraum wurden für jeden Büroraum Lüftungsgeräte eingebaut, die die Funktionen Lüften, Wärmerückgewinnung, Heizen und Kühlen übernehmen. Die neue Doppelfassade ist dabei integraler Bestandteil des Klimakonzepts. Im Winter funktioniert die Fassade als Klimapuffer, in dem die Luft durch Sonneneinstrahlung vorgewärmt wird. Dazu werden am Fuß der Fassade Lüftungsklappen geöffnet. Die Luft steigt in der Fassade nach oben und wird durch die dezentralen Klimageräte nachbehandelt und individuell gesteuert in die Büroräume eingebracht. Die Abluft wird zunächst über den Wärmetauscher geführt und danach über geschossweise Lüftungskanäle quer zur Fassadenebene direkt nach außen geleitet.
Im Sommer wird die Luftführung umgekehrt. Die Doppelfassade wird am Dachrand geöffnet. Im Fassadenzwischenraum entsteht durch die Sonneneinstrahlung ein thermischer Auftrieb. Der dabei entstehende Unterdruck unterstützt die Klimatechnik bei der Abfuhr der Abluft und reduziert so die nötige Antriebsleistung. Frischluft wird von außen direkt nachgeführt.
Besonderes Augenmerk wurde bei der Planung auf den Sonnenschutz gelegt. Profilierte Lamellen lenken einen Teil des einfallenden Lichts an die Decke der Innenräume und sorgen so für eine bessere Tageslichtnutzung und reduzierte Beleuchtungslasten. Direkt einfallendes Licht wird vollständig bereits in halb geschlossener Lamellenstellung nach außen zurückgeworfen, sodass unerwünschter solarer Energieeintrag vermieden wird, während der Büronutzer jederzeit einen guten Sichtkontakt nach außen hat.
Bewertung und Ausblick
Die gesamte Erneuerung der Fassade und TGA (Technische Gebäudeausrüstung) erfolgte bei laufendem Gebäudebetrieb, wobei fast alle Sanierungsmaßnahmen von außen durchgeführt wurden. Die Wartungsbalkone in der Doppelfassade boten einen witterungsgeschützten Arbeitsraum, der auch im Winter genutzt werden konnte. Die Beeinträchtigung des Innenraumes und Büroalltages beschränkte sich somit nur auf den Austausch der Fensterverglasung und den Ausbau der Klimageräte in der Brüstung. Durch ein durchgängiges Projektmanagement des Bauherrn mussten die Mitarbeiter ihre Arbeitsplätze nur für acht Werktage räumen.
Durch die bessere Wärmedämmung und Dichtigkeit der Fassadenbauteile, dezentrale Klimageräte und einen effizienten Sonnenschutz sowie durch individuelle und auch zentral kontrollierte Steuerung der Klimatechnik, wurde eine Gesamtlösung mit hoher Energieeffizienz erreicht. Der Primärenergiebedarf des Gebäudes sank um über 60 % und liegt heute bei ca. 115 kWh/m2a. Für diese Leistung wurde das Gebäude im Rahmen des internationalen GreenBuilding-Programms der EU-Kommission von der Deutschen Energie-Agentur (dena) mit dem „GreenBuilding“-Zertifikat ausgezeichnet. Die zu erwartenden Lebenszykluskosten konnten durch die Modernisierung stark gesenkt werden. Die Energiekosten für Heizung/Kühlung wurden stark gesenkt, u.a. durch Steuerung der Anlagen. Die dezentralen Lüftungsgeräte werden in Zukunft von den Fassadenstegen ohne Störung des Büroablaufs gewartet. Die Amortisierung der Modernisierungskosten soll bei 14 Jahren liegen.
Das Sanierungprojekt zeigt deutlich, wie es durch integrale Planung und mithilfe einer geschickten Fassadenkonstruktion im Zusammenspiel mit intelligenten Klimakonzepten möglich ist, ein älteres Bürogebäude optisch, technisch und energetisch auf den aktuellen Stand zu bringen.
Gebäudesanierung wird in Zukunft die wichtigste Bauaufgabe für Planer sein. Mit dem Wissen, dass es möglich ist, Baumaßnahmen durchzuführen, ohne die Nutzer übermäßig zu belasten, mit minimalen Ausfallzeiten und Produktivitätseinbußen, steigt auch bei Bauherren das Interesse an der energetischen Optimierung des Bestandes. Dabei wird die Analyse unterschiedlicher Gebäudetypen verschiedenste Herangehensweisen ergeben.
Entscheidend für eine ressourcenschonende, ökologisch und ökonomisch erfolgreiche Sanierung ist immer die analytische Betrachtung, verbunden mit Erfahrung und Offenheit gegenüber innovativen Lösungen. —
Prämiertes Konzept
Für die vorbildliche Sanierung wurde dem Gebäude der Sparkasse Vorderpfalz der 1. Preis in der Kategorie „Large Commercial“ des „Re-Skinning Awards 2010“ verliehen.
Das Sanierungskonzept entstammte der interdisziplinären Teamarbeit der Evers Ingenieurgesellschaft, Dreieich, als Generalplaner (sachverständiger@r-evers.com), die Fassadenplanung lag in Händen von imagine-envelope (ebbert@imagine-envelope.eu), Den Haag, und Balck + Partner Beratergruppe (info@balck-partner.de) aus Heidelberg übernahm die integrale Technikplanung und das Lebenszyklus-Rechenmodell.