GLASWELT: Bei 3-fach-Isoliergläsern wächst der Marktanteil massiv. Was bedeutet das für die Isolierglasproduzenten?
Klaus Puschmann: Wenn sich der Anteil von 3-fach-Einheiten erhöht, wird sich – je nach Produktionsmix – die Zahl der gefertigten Isolierglaseinheiten verringern. Die ISO-Linie und insbesondere der Versiegelungsautomat werden mehr und mehr zum Flaschenhals der Produktion. Daraus entsteht logischerweise der Wunsch, 3-fach-Einheiten in der gleichen Geschwindigkeit zu produzieren wie bisher 2-fach-Gläser.
GLASWELT: Denken Sie, dass dieser starke Anstieg bei 3-fach-ISO weiter anhalten wird?
Puschmann: Aktuell verzeichnen wir in Deutschland einen Anteil an 3-fach-Isoliergläsern von etwa 40 Prozent. In Österreich und der Schweiz liegt der Anteil in etwa bei 60 bis 70 Prozent. Meiner Einschätzung nach wird das Wachstum weiter anhalten. Wie schnell es weitergehen wird, hängt jedoch auch von den gesetzlichen Vorgaben zur Energieeinsparung ab.
GLASWELT: Und was bedeutet das für Sie als Maschinenhersteller?
Puschmann: Selbstverständlich beobachten wir den Markt und die aktuellen Trends sehr aufmerksam. Der Trend zu 3-fach-ISO stellt uns als Maschinenbauer vor neue Herausforderungen. Diese nehmen wir aber gerne an. Mit der neuen, dynamischen Mischtechnologie, die wir erstmals in unserem Versiegelungsautomaten speed’sealer einsetzen, haben wir bereits den ersten Schritt in die richtige Richtung gemacht.
GLASWELT: Welche Anforderungen stellen die ISO-Produzenten aktuell an die Anlagen?
Puschmann: Wir erhalten von den Isolierglasherstellern die Rückmeldung, dass sie sich einen verbesserten Produktionsausstoß bei gleichzeitig höherer Flexibilität wünschen. Außerdem müssen die Maschinen den veränderten Anforderungen der Produktion von 3-fach-Isolierglaseinheiten im Vergleich zu 2-fach-Einheiten genügen: Mit dem steigenden Anteil an 3-fach-Einheiten werden die Glaspakete tendenziell breiter und durch die dritte Glasscheibe steigen ihre Gewichte. Zusätzlich nimmt das Thema „Drehen von Scheiben“ an Bedeutung zu. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Qualität der Endprodukte: Diese hängt entscheidend von der Qualität der Maschinen ab, auf denen sie gefertigt sind. Und der Qualitätsanspruch der Isolierglashersteller wird zukünftig sicher weiter steigen. Unser Anspruch als Maschinenbauer ist es, die Qualität unserer Anlagen stetig zu perfektionieren.
GLASWELT: Und an welcher Stelle hakt es oft bei der Fertigung, wo liegen die Engpässe?
Puschmann: Im Vergleich zu 2-fach-ISO bringt die Herstellung von 3-fach-ISO prinzipiell einen erhöhten Logistikaufwand mit sich: Es müssen zwei Abstandshalter und drei Glastafeln – statt lediglich ein Abstandshalter und zwei Glastafeln – bereitgestellt werden. Eine weitere Engstelle stellt nach dem Zusammenbau der 3-fach-Einheiten die Sekundärversiegelung dar. Uns war daher klar, dass wir einen Versiegelungsautomaten entwickeln wollen, der 3-fach-Gläser ebenso schnell versiegeln kann wie 2-fach-Einheiten. Mit dem speed’sealer ist uns dies gelungen: Durch seine Dynamik lassen sich 3-fach-Isoliergläser mittels einer speziellen Düse in einem einzigen Umlauf versiegeln. Verarbeiter, die viele unterschiedliche 3-fach-Aufbauten produzieren oder häufig zwischen 2-fach- und 3-fach-Einheiten wechseln, profitieren von der Flexibilität der Anlage mit ihrer Mehrbereichsdüse: Diese versiegelt 3-fach-ISO in zwei Umläufen mit schnellstmöglicher Geschwindigkeit.
GLASWELT: Sie haben das Mischersystem bei den Versiegelungsautomaten überarbeitet. Können Sie dies etwas detaillierter erläutern?
Puschmann: Die Optimierung des Mischersystems ist die Voraussetzung dafür, um die Geschwindigkeit des gesamten Versiegelungsprozesses zu erhöhen. Beim Einsatz eines statischen Mischers ist man systembedingten Restriktionen unterworfen, die keinen höheren Volumenstrom und somit keine schnellere Versiegelung ermöglichen. Deshalb arbeitet unser neuer Versiegelungsautomat mit einem dynamischen Mischer, der es erlaubt, 6 Liter Versiegelungsmaterial pro Minute aufzubringen. Mit dem dynamischen Mischer können wir – verglichen mit einem statischen System – einen bis zu vier Mal höheren Volumenstrom generieren und die Einheit somit schneller versiegeln. Durch den Einsatz des dynamischen Mischers verringert sich zudem der Materialdruck um bis zu 75 Prozent. Das verringert den Verschleiß des Dosiersystems deutlich. Ein weiterer Vorteil ist die Mischqualität: Wir mischen die Komponenten des Versiegelungsmaterials aktiv längs und quer der Strömungsrichtung, was eine sichtbar verbesserte Homogenität zur Folge hat. Dank des dynamischen Mischsystems ist erstmals in der Branche eine aktive und homogene Durchmischung der beiden Versiegelungsmaterialkomponenten auch bei unterschiedlichen Produktionsbedingungen möglich. Zudem arbeiten wir mit einem Stiftmischer, der keine Hohlräume enthält. So besteht keine Gefahr, dass diese Bereiche langsam mit gemischtem Material zuwachsen. Das Spülen mit einem relativ geringen Volumen der A-Komponente ist als vollständige Reinigung ausreichend, eine externe Reinigung im Spülkabinett ist nicht erforderlich.
GLASWELT: Hatten Sie bei der Entwicklung dieser neuen Anwendung einen Partner?
Puschmann: Das neue Mischelement haben wir gemeinsam mit dem Institut für Kunststofftechnik der Universität Stuttgart entwickelt. Wir haben diesen Partner gewählt, weil das Institut aufgrund seiner Erfahrung uns die beste wissenschaftliche Grundlage zur Entwicklung unseres dynamischen Mischers bieten konnte. Gemeinsam haben wir das Mischelement dann für die Bedürfnisse der Verarbeiter optimiert.
GLASWELT: Worin liegt der größte Vorteil des neuen Systems?
Puschmann: Für die Isolierglashersteller zählt neben der Qualität der Endprodukte letztendlich die Anzahl der Einheiten, die sie pro Schicht auf einer Anlage produzieren können. Wie der Name schon sagt, ist der speed’sealer schnell. Er ist derzeit der schnellste Versiegelungsautomat am Markt. Doch die Anlage arbeitet nicht nur sehr schnell sondern auch überaus präzise. Die Maschine versiegelt 2- und 3-fach-Isolierglaseinheiten mit hoher Geschwindigkeit und in gleichbleibender Qualität: sofort nach dem Anfahren der Produktion, unabhängig vom gewählten Versiegelungsmaterial, von Schwankungen der Materialqualität oder der Temperatur. Das konstante Mischungsverhältnis der beiden Klebstoffkomponenten wird elektronisch überwacht. Die hochpräzise, volumengeregelte Dosiertechnik sorgt für eine exakte Applikation des Versiegelungsmaterials und eine unmittelbare Volumenanpassung bei Änderung der Fugentiefe. Neben dem schnellen Versiegelungsprozess kommt dazu noch ein vollautomatisches Materialwechselsystem: Damit lässt sich der Materialwechsel innerhalb von zwei Minuten automatisiert durchführen.
GLASWELT: Ab wann sind diese Systeme am Markt verfügbar?
Puschmann: Der Versiegelungsautomat mit dynamischem Mischer ist ab sofort verfügbar. Seit Ende 2010 wird der speed’sealer bei Kunden im Dauerbetrieb in der Produktion eingesetzt. —
Die Fragen stellte Matthias Rehberger. Weitere Firmeninfos unter https://www.bystronic-glass.com/.
Das leistet der dynamische Mischer
Vorteile der neuen dynamischen Mischereinheit:
Homogene Mischqualität durch aktives bidirektionales Mischen
Maximaler Volumenstrom 6 Liter / Minute für schnelles Versiegeln
Geringer Verschleiß und reduzierter Energieverbrauch durch auf ein Viertel reduzierten Pumpendruck
Selbstreinigender Stiftmischer macht externes Reinigungsbad überflüssig
Glass Performence Days 2011
Klaus Puschmann ist Produktmanager bei der Bystronic Lenhardt GmbH. Auf den Glass Performence Days 2011, die vom 17. bis 20. Juni im finnischen Tampere stattfinden, wird er die Vorträge „New Benchmark in Sealing Speed and Quality of IG Units with Dynamic Mixing“ und „Integration of Window Bonding into IG Production Line“ halten. https://gpd.fi/