Das transparente Bauen hat in seiner Attraktivität nichts eingebüßt. Nein, vielmehr hat das Interesse noch zugenommen. Neben der Steigerung des Wohnwerts und der Aufwertung des eigenen Gebäudes mit Investitionen in wahre Werte, spielt der Aspekt Energie heute mehr denn je eine Rolle.
Meine nun fast 30-jährige Erfahrung im transparenten Bauen, hier vor allem im Wintergarten- und Glashausbau, haben meine mindestens 20 Jahre alte Behauptung immer wieder bestätigt: „Ein fachkompetent geplanter, qualitativ hochwertig erstellter und fachlich richtig montierter Wintergarten hat bei überlegter Nutzung durch die Bewohner zumindest eine ausgeglichene Energiebilanz im Zusammenspiel mit dem angrenzenden Wohnhaus“. Sogar ein Energiegewinn ist nicht auszuschließen. Auch sind diese Pluspunkte nicht mit Einschränkungen bei den Wohngewohnheiten zu erreichen und nicht mit Heizreduzierung oder dickerer Kleidung im Winter – sondern mit überlegter Nutzung.
Ein vor kurzem geführtes Gespräch mit einem „Wintergartenbewohner“ hat diese Aussagen wieder einmal eindrucksvoll bestätigt. Beobachtungen und Messungen haben gezeigt, dass der Heizenergieverbrauch des Gesamtgebäudes über 2 Jahre mit dem zum Wohnraum integrierten Wintergarten mit einer Grundfläche von rund 20 m2 um 5 % gesunken ist.
Erfolg weckt Begehrlichkeiten
Nach Aussagen vieler den Markt Beobachtender ist der Wintergarten zur Zeit das Produkt, welchem die meiste Aufmerksamkeit geschenkt wird. Dieses Interesse weckt natürlich sofort auch beim qualifizierten Anbieter, aber auch beim „Quereinsteiger“, Begehrlichkeiten.
Der Fachbetrieb richtet seine Strategie in der Regel noch mehr auf das Potenzial potenter Kunden aus. Doch auch der Händler oder reine Montagebetriebe, möchten sich von diesem vermeintlich höchstgewinnbringenden Kuchen ein Stück abschneiden.
Aber Vorsicht! Der heutige Verbraucher sucht bei diesen Produkten nicht mehr den geilen Geiz, sondern Qualität, fachkompetent in Beratung und Ausführung angeboten und vor allen Dingen auch in der Montage umgesetzt.
Der Wintergarten stellt große Anforderungen an Material- und Werkstoffkunde, bauphysikalisches und statisches Wissen sowie an ein ausgezeichnetes Gefühl für Architektur.
Ja, auch das Auge „isst“ mit und nichts ist hässlicher, als der Anbau einer „Schuhschachtel mit schräg gestelltem Deckel“ an ein schmuckes, liebevoll gestaltetes Haus. Der Ruf eines Pfuschers und Verunstalters läuft dem Wintergartenbauer schneller voraus als er denkt.
Material- und Werkstoffkunde
Kenntnisse, welche Materialien wie kombiniert werden können, fehlen bei manchem sogenannten Spezialisten. So vertragen sich Kupfer und blankes Aluminium nicht wirklich gut und der Wasserlauf über eine Kupferrinne in eine Regenrinne aus Aluminium oder Zink führt langfristig zur Zerstörung des geringeren Materials.
Ebenso ist größte Vorsicht geboten, wenn die Silikon-Hausmarke mit dem Randverbund der Isolierglaseinheit in Verbindung gebracht wird, ohne vorher die Verträglichkeit geprüft zu haben. Unbedacht ist, wer Glasstöße im Schrägdach mit Silikon anfüllt, weil man damit die dichtmöglichste Ausführung erreichen will. Sind beide Massen nicht kompatibel, ist die Zerstörung des Randverbunds nicht aufzuhalten und die Glaseinheit defekt. Man erkennt dies sehr gut am „angelaufenen Zustand“ im Scheibenzwischenraum.
Hiermit wird schon bei einer defekten Scheibe eine Schwachstelle geschaffen, über die mehr Energie verloren geht als man möchte. Ein Ug-Wert von beispielsweise 1,1 W/m2K wird dann schnell zu einem 2,5er-Wert oder schlechter. Summiert sich die Anzahl defekter Gläser, steigt folglich auch der Energieverlust nicht unbeträchtlich.
Grundsätzlich sollte mit dem Glashersteller geklärt werden, welche spritzbaren Materialien von welchem Hersteller mit dem Material seines Randverbundes im Einklang sind. Bei aller Materialverträglichkeit sollte jedoch nicht vergessen werden, dass die Wasserführung im Dachsystem nicht mit größeren Silikonmengen behindert werden darf. Hier wird eben häufig bei Quersprossen unwissend eine Sperre eingebaut.
Dachverglasung
Hierbei ist immer wieder die Ungenauigkeit der Stein des Anstoßes für Mangelerscheinungen. Eine nicht plane Auflage der Glaseinheit auf dem Untergrund lässt über die Fugen und Ritze warme und mit Feuchtigkeit angereicherte Luft nach außen, sprich in das System eindringen.
Auch hierüber geht teuere Heizenergie unwiederbringlich verloren. Dadurch werden nicht nur Kosten produziert die bei fachgerechter Ausführung vermeidbar wären, sondern auch dem Bundesgesetz EnEV klar zuwider gehandelt. Fehlt dazu noch eine kontrollierte Entwässerung mit Hinterlüftung, kann Tauwasser unbemerkt Schäden verursachen.
Wintergärten müssen raumseitig absolut luftdicht erstellt und an den Baukörper angeschlossen sein. Ein Glasdach muss außen nicht absolut dicht sein, jedoch ist eventuell eindringendes, geringfügiges Leckwasser kontrolliert nach außen zu führen. Hier fehlt häufig Verständnis und Wissen, wie der kontrollierte Wasserlauf auszuführen ist. Häufig wird darunter auch verstanden, die komplette Wasserführung allen Niederschlags durch das System zu führen.
Mobiliar und Bepflanzung
Vor allem mit der kälteren Jahreszeit häufen sich die Rufe nach dem Sachverständigen, da der Wintergarten angeblich zur Tropfsteinhöhle geworden ist. Betritt man die Glasoase, so endet es manchmal schon beim ersten Versuch, da Einrichtungsgegenstände und Pflanzen ein Durchkommen fast unmöglich machen.
Hier ist der Wintergartenbauer nicht zwingend im Fokus der Ermittler, vorausgesetzt, die verbauten Materialien sind ausreichend dämmend und die Montage fachmännisch ausgeführt.
Wird die Luftführung im Raum so behindert wie auf dem Foto sichtbar, hat sie kaum die Möglichkeit, Glas- und Rahmenflächen des Wintergartens zu erreichen.
Sofortige Einsicht der Nutzer und ein Freimachen der Flächen ist oft nicht zu erwarten, da Wissen und Verständnis fehlen. Die lapidare Aussage vieler ausführenden Handwerker, „ja da müssen Sie halt lüften“ führt zu keinem Erfolg und schafft meist Verdruss.
Entwässerung bei Kunststoff- und Alu-Elementen
Die Entwässerungsöffnungen bei Elementen aus Kunststoff und Aluminium sollten in der Regel zugeordnet werden können. Nicht selten werden bei Planung und Bestellung Fehler gemacht. Ist die Entwässerung im Profil nach unten vor den Falz für den Anschluss der Leichtmetallbank geführt, so kann die weiterführende Einblechung bzw. Verwahrung nicht vorne angebracht werden. Zum einen ist die vorne aufgesetzte Leichtmetallbank oder der Anschlusswinkel gegen den Wasserlauf gerichtet und wird nur mit Silikon versucht abzudichten, zum anderen ist der Entwässerung meist in die gedämmte Anschlussfuge des Elements unterhalb der Abdeckung. Durchnässte Dämmmaterialien haben einen erheblich reduzierten Dämmwert und fungieren so einmal mehr als Wärmebrücken.
Dampfdruckausgleich
Bekannt sollte jedem Verarbeiter sein, dass jede Verglasung Dampfdruckausgleichsöffnungen nach außen benötigt. Bei Öffnungsflügeln sind sie meist schon konstruktiv vorhanden. Bei Festverglasungen tauchen öfter Unterlassungen auf. Vor allem im Sockelbereich führt die Öffnung häufig nach unten nutzlos in die Dämmung. Oder sie sind gar nicht vorhanden und die Scheibe wird ringsum sauber mit Silikon eingefasst.
Statik
Ein Großteil der nachträglich angebauten Wintergärten und Glashäuser sitzt seitlich am Wohnhaus. Wie die vergangenen Winter gezeigt haben, hat sich mit dem Thema Schnee nicht nur die Alpenregion oder der Harz und Thüringerwald auseinander zu setzen, sondern auch alle anderen Regionen bis hoch in den nördlichsten Norden.
Hat man vielleicht die Schneemengen, die vor allem die Dachkonstruktion und die Verglasung des Wintergartens beanspruchen, mit der Zuordnung in die richtige Schneelastzone bedacht und die Bauteile entsprechend dimensioniert, so bleibt das darüber befindliche Dach des Haupthauses meist unberücksichtigt.
Oft können große Mengen in einem Schwung nach unten rutschen und sowohl die Dachkonstruktion selbst als auch die Befestigung am Baukörper und die Verglasung über Gebühr beanspruchen. Die neue DIN 1055 behandelt dieses Thema in Absatz 5 Schnee- und Eislasten.
Eine Dimensionierung der Wintergarten-Sparren und der Verglasung über den Daumen, dürfte sicher nicht immer den richtigen Wert ergeben. Eine saubere statische Berechnung der eingesetzten Teile sollte zwingend durchgeführt werden. Die Ausbildung der äußeren Scheibe der Dachverglasung in ESG hat sich in Schnee- und Hagelregionen längst bestens bewährt.
Hinweispflicht beachten
Neben der Ausführung der Arbeiten nach Norm- und Regelwerk sowie Stand der Technik und anerkannten Regeln der Technik hat der Anbieter auch eine Hinweispflicht.
Der Wintergartenkunde und Nutzer ist umfassend und fachkompetent, auf eine erforderliche Be-und Entlüftung sowie Beschattung hinzuweisen. Dass eine ausreichend dimensionierte Heizquelle für eine ganzjährige Nutzung als Wohnraum erforderlich ist, wissen viele Endverbraucher erstaunlicherweise nicht. Der Wintergartenanbieter muss auch hier, wie bei allen anderen Parametern, nachweislich seiner Hinweispflicht nachkommen.
Einen Auftrag zu schreiben, ohne diese Punkte angeboten und darauf hingewiesen zu haben, nur um wegen eines eventuell niedrigeren Preises die Nase vor dem Wettbewerb zu haben, ist kontraproduktiv und kann im Nachhinein empfindlich teuer werden. —
Der Autor
Franz Wurm ist Sachverständiger und Vorsitzender des Wintergarten Fach-verbandes.
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