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Energetische Sanierung: Glasqualität im Gesamtkonzept

2-fach-ISO gegen 3-fach-ISO

Viele Wohn- und Nichtwohngebäude haben den Sanierungszyklus erreicht und müssen teilweise oder ganzheitlich energetisch saniert werden. Die öffentliche Verwaltung ist hier besonders gefragt, soll sie doch gemäß EU-Vorgabe jährlich dreiProzent des Bestandes sanieren. Auch private oder gewerbliche Eigentümer sind aufgefordert, die Potenziale der energetischen Sanierung für sich zu erschließen.

Nach Auskunft der Deutschen Energieagentur (dena) sind ca. 320 Millionen Fenster veraltet und sollten ersetzt werden. Bei Sanierungskonzepten ist der Fenstertausch deshalb eine der am häufigsten gewählten Maßnahmen. Für die Bauherren stellt sich vor diesem Hintergrund die Frage nach der Qualität, die für neue Fenster bzw. die zugehörigen Gläser zu wählen ist. In Tabelle 01 sind die Qualitäten aktueller Verglasungsarten dargestellt.

Die heutige Frage, ob eine 2- oder 3-fach-Verglasung dem energetischen und wirtschaftlichen Optimum entspricht, erscheint angesichts der hohen klimapolitischen Ziele entschieden. Da die EnEV bei der Bedarfsberechnung die Hülle in ihrer Gesamtheit betrachtet, ist dies jedoch noch keine Verpflichtung zum Einbau einer 3-fach-Verglasung. Gleichwohl ist dies Anlass genug, über die Standardisierung zu diskutieren.

Ist ein Mindeststandard 3-fach-Verglasung wirklich für alle Fälle sinnvoll? Wird 2-fach-Isolierglas auch in der Zukunft eine Berechtigung haben? Für eine Entscheidung ist die differenzierte Bewertung der folgenden Parameter notwendig:

  • Qualität der Gebäudehülle und Fensterflächenanteil
  • Art der Gebäudenutzung (Intensität, Temperatur)
  • Wärmeschutz (Sommer und Winter)
  • Verglasungsqualität und ganzheitliches Energiekonzept
  • Dämmstandard und Förderbedingungen

Fensterflächenanteil der Fassade

Die energetische Sanierung von Gebäuden führt i.d.R. zu einer Verringerung des Heizwärmeverbrauchs. Ausnahmen gibt es bei veränderten ­Nutzungsbedingungen oder veränderter Nutzungsintensität, bauphysikalische Fehler einmal außer Acht gelassen.

In der nachfolgenden Analyse wird das Einsparpotenzial einer 3-fach-Verglasung ins Verhältnis gesetzt zur Qualität der gesamten Gebäudehülle. Ausgangspunkt der Untersuchung ist ein beispielhaftes Bürogebäude nach Referenzgebäudevorgabe (EnEV 2009) mit einem Fensterflächenanteil von ca. 30Prozent. Die Berechnung ergab, dass eine Reduzierung der Transmissionswärmeverluste sich nicht proportional zur Verringerung des Wärmebedarfs verhält (Grafik 02). Die Reduzierung des Heizwärmebedarfs nimmt mit zusätzlicher Verbesserung der Bauteilqualität ab.

In Relation zum Gesamtheizwärmebedarf fallen energetische Einsparungen, die sich durch 3-fach-ISO erzielen lassen höher aus, je besser die Hüllqualität eines Gebäudes ist. Für ein Passivhaus lässt sich der Heizwärmebedarf im Vergleich von einer 3-fach-Verglasung zu einer 2-fach-Verglasung um etwa 20 % reduzieren, für einen Altbau sinkt das Potenzial auf 5 % ab, womit möglicherweise andere Sanierungsmaßnahmen wirtschaftlicher werden.

Entscheidend ist, dass neben dem energetischen Einsparpotenzial des Bestandsgebäudes die Mehrkosten für eine bessere Verglasungsqualität ins Verhältnis zu den Betriebskosten zu setzen sind. Berücksichtigt man zusätzliche Aspekte, wie die mechanische Belastung von Rahmen und Beschlägen durch erhöhtes Gewicht, kann eine 2-fach-Verglasung sinnvoller sein.

Sind neben einem geringen Fensterflächenanteil kleinteilige Formate oder Sprossen vorhanden, nimmt der Einfluss des Scheibenrandverbunds deutlich zu, sodass der energetische Vorteil noch geringer ausfällt und eine Wirtschaftlichkeit kaum mehr gegeben ist.

Der Fensterflächenanteil hat bei einer hohen Fensterqualität mit 3-fach-ISO nur noch einen sehr geringen Einfluss auf den Heizwärmebedarf, da die solaren Einträge die Transmissionsverluste ausgleichend wirken. Der sommerliche Wärmeschutz darf bei der Planung in keinem Fall außer Acht gelassen werden.

Ganzheitliches Energiekonzept

Wohn- und Nichtwohngebäude unterscheiden sich primär durch die Dauer der Nutzung. 2500 bis 2800 Stunden sind es im Durchschnitt in Bürogebäuden, 8760 also ganzjährig bei Wohngebäuden. So steht bei Wohngebäuden die Reduzierung des Wärmeverbrauchs im Vordergrund und macht den Einbau einer 3-fach-Verglasung heute überwiegend wirtschaftlich vertretbar (Mehrpreis ca. 20–40 Euro/m2). Gleichzeitig wird durch die Erhöhung der Oberflächentemperaturen auf der Innenseite der Scheibe der Raumkomfort verbessert. Die Mehrkosten fallen mit größeren Fensterflächenanteilen deutlich stärker ins Gewicht. Machen Großformate zusätzlich eine Anpassung von Rahmenprofilen und Tragkonstruktionen erforderlich, sind die Grenzen der Verhältnismäßigkeit allerdings schnell erreicht.

Unterschiede durch die Gebäudenutzung gibt es auch bei den internen Lasten, die bei gewerblichen Einheiten durch eine andere Belegungsdichte und höhere technische Ausstattung größer ausfallen. Die damit verbundene Abwärme trägt zusätzlich zur Beheizung bei und rückt den sommerlichen Wärmeschutz in den Vordergrund. Die Reduzierung der Transmissionswärmeverluste z.B. über ein 3-fach-Isolierglas kann ggf. zweitrangig sein.

Wird das Gebäude ganzheitlich saniert und werden auch die Konditionierungsmerkmale im Raum wie die Heiz- und Kühlflächen verändert oder erneuert, ist die Wahl der Verglasung im Gesamtkontext zum baulichen Wärmeschutz, Lüftungssystem, Komfort und Energieeffizienz zu bewerten. Für Konzepte, die eine Beheizung und Kühlung ausschließlich über Strahlung von der Decke vorsehen und in Kombination mit einer kontrollierten Lüftung umgesetzt werden, ist die Dreischeibenverglasung aufgrund des geringeren Wärmedurchgangs und zur Vermeidung einer Strahlungsasymmetrie der Raumumschließungsflächen zu wählen. Die Notwendigkeit wird umso entscheidender, je größer der Fensterflächenanteil ausfällt und je geringer die Systemtemperaturen zur Konditionierung

Wird die Wahl der Fenster- und Glasqualität im Zusammenhang mit der Erreichung von Förderzielen wie z.B. den Effizienzhaus-Standards nach KfW getroffen, sind die entsprechenden Vorgaben zu beachten. Im Rahmen einer ganzheitlichen Sanierung sollten dann auch Wärmebrücken an Bauteilanschlüssen zwischen opaken und transparenten Flächen erfasst werden. Zusätzlich lassen sich durch eine vorausschauende Planung nachfolgende Sanierungsmaßnahmen wie die Dämmung der Außenfassade berück­sichtigten.

Ausblick

3-fach-Isolierglas ist heute bei höchsten Ansprüchen in Bezug auf Energie, Wirtschaftlichkeit und Raumkomfort einsetzbar. Von zentraler Bedeutung wird es sein, das Optimum aus Einsparung und regenerativer Erzeugung sowie ggf. Speicherung zu generieren. —

Die Autoren

Architekt Thomas Wilken ist der stellvertretende Leiter des Instituts für Gebäude- und Solartechnik der TU Braunschweig. Lars Altendorf arbeitet dort als wissenschaftlicher Mitarbeiter. http://www.igs.tu-bs.de

Zum Thema: Von den Autoren Prof. M. N. Fisch, Thomas Wilken und Christina Stähr ist vor Kurzem ein neues Buch zum Thema energieeffizientes Bauen erschienen.

Bestellung: energieplus@igs.tu-bs.de

„EnergiePLUS –Gebäude und Quartiere als erneuerbare Energiequellen“, 2012, ISBN 9-783000-391675, 79 Euro.

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