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GLASWELT im Gespräch

Alle wollen leichtes ISO, bezahlen will es keiner!

GLASWELT: Wie entwickelt sich aktuell der Markt in der DACH-Region für vorgespanntes Dünnglas als Basisglas für ISO-Einheiten?
Stephan Gründel, Flachglas Wernberg: Dünn­glasprodukte haben ein enormes Potenzial. Das besondere Merkmal des berührungsfreien Vorspannes ist die daraus resultierende Planität, diese ermöglicht die Herstellung von Glasprodukten für den Baubereich in einmaliger Qualität. Das ist im Fenster- und Fassadenbau aber noch nicht wirklich angekommen.

GLASWELT: Welche Vorteile ergeben sich für Fenster- und Fassadenbauer durch Dünngläser?
Gründel: Das Verarbeiten von leichteren Glasprodukten in hoher Qualität bedeutet Materialeinsparung im gesamten Fenster- oder Fassadensystem. Auch logistische Prozesse und die Montage können optimiert werden. Um sich gegen den immer weiter steigenden Wettbewerb durch europäische Fensterfabriken zu wehren, müssen sich deutsche Fensterbauer Alternativen überlegen, mit denen sie sich von ihren Marktbegleitern absetzen können. Auf diesen „Zug“ springen jedoch derzeit nur ganz wenige auf.

GLASWELT: Werden diese Argumente auch vom Markt honoriert? Was sagen die Fensterbauer dazu?
Gründel: Im klassischen Fensterbau hat man sich mittlerweile auf Standard-3-fach-Isoliergläser eingestellt. Die Herstellungskosten einer vorgespannten 3 mm Scheibe liegen höher als bei einem 4 mm Glas. Diese Mehrkosten werden vom Markt nicht akzeptiert, solange nicht eine Gesamteinsparung im gesamten Fenstersystem unter Berücksichtigung aller Herstellkosten erzielt wird. Hier müssen bei den Fenster-Herstellern die Produkte und Prozesse optimiert werden, damit sich das deutlich hochwertigere Dünnglas-ISO am Markt etablieren kann. Unser Ziel ist es, hochwertige Verglasungen zu entwickeln, die in Summe durch leichtere Gläser eine entsprechende Kosteneinsparung in der Gesamtfassade bedeuten.

GLASWELT: Gibt es auch Konstruktionen, die sich nur mit Dünngläsern umsetzen lassen?
Gründel:  Mit Blick in die Zukunft: Vakuumisoliergläser sind nur mit Dünngläsern umsetzbar. Da diese Produkte über kurz oder lang auf den Markt kommen werden, sehe ich eine verstärkte Nachfrage und in diesem Bereich besondere Wachstumschancen. Auch Elemente für den Photovoltaikbereich werden immer häufiger mit vorgespannten Dünngläsern hergestellt.

GLASWELT:  Hebt sich die Qualität der einzelnen ISO-Einheit, z.B. in puncto (Maß-)Genauigkeit und Toleranzen, hervor?
Gründel: Die heutige Maschinentechnik ermöglicht die Herstellung von Standardisoliergläsern aus Floatglas mit sehr geringen Toleranzabweichungen. Durch den Einsatz von vorgespannten Dünngläsern wird die Maßtoleranz nochmals verbessert, da bei uns grundsätzlich die Kanten geschliffen werden.

GLASWELT: Gibt es einen optimalen Aufbau der ISO-Einheit oder muss dies von Fall zu Fall entschieden werden? Auf welcher Position sitzt bei verschieden dicken Basisgläsern die dünne Scheibe am sinnvollsten?
Gründel: Bei 3-fach-Isoliergläsern hat die Mittelscheibe die optimale Position für ein Dünnglas. Durch die Außen- und Innenscheibe werden oftmals Zusatzfunktionen wie Sicherheit und Schallschutz in das Isolierglas integriert.

GLASWELT: Treten bei Dünnglas größere Verformungen unter Klimalast auf? Wenn ja, wie beeinflusst dies das Erscheinungsbild der Fassade?
Gründel: Der Einsatz von Dünngläsern als Monoscheibe ist i.d.R. für den klassischen Fensterbau geeignet, da die Formate hier sehr überschaubar sind. Bei Fassadengläsern mit hochreflektierenden Beschichtungen bringt der Herstellungprozess bis zu einer Glasdicke von 8 mm deutliche Vorteile gegenüber herkömmlichen Vorspannmehoden, da die Planität deutlich besser und die Außenansicht deutlich homogener ist.

GLASWELT: Will ein ISO-Hersteller in eine Dünnglas-Verarbeitung investieren, welche Stolperfallen muss zu vermeiden?
Gründel: Bevor sich ein ISO-Hersteller für die Investition in eine Dünnglasverarbeitung entscheidet, muss er sich bewusst sein, ob er damit in seinem bestehenden Marktumfeld Wertschöpfung generieren kann oder ob er neue Märkte mit Dünnglasprodukten erschließen möchte. Deshalb ist eine umfassende Markt- und Trendanalyse unumgänglich.

GLASWELT: Wie schätzen Sie den Markt für Dünnglaser mittel- bis langfristig ein?
Gründel: Aus unserer Sicht wird das klassische Standardisolierglas in Kombination mit Dünnglas aufgrund der höheren Herstellkosten weiterhin ein Nischenprodukt bleiben. Innovative Firmen mit einem guten Vertrieb werden sich jedoch mit Dünnglasprodukten von anderen Marktteilnehmern abheben und dadurch mehr Profit generieren können. Innerhalb der Flachglas-Gruppe arbeiten wir kontinuierlich an neuen Produktkombinationen, die für unsere Kunden einen Mehrwert bedeuten. Wir freuen uns auf jede Herausforderung. ­—

Die Fragen stellte Matthias Rehberger.

Tipp der Redaktion: Lesen Sie im nächsten GLASWELT Newsletter, warum ein deutscher Fensterbauer jetzt auf Dünnglas-ISO setzt.
 

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