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Neuapostolische Kirche in Zürich

“So einen Auftrag bekommt man vielleicht nur einmal“

_ Der Entwurf für das gläserne Kunstwerk stammt von Guignard & Saner Architekten (www.guignardsaner.ch) gefertigt und montiert wurde von der Quendoz Glas AG aus Schlieren (CH). Das Vorbild für die Kirchenwand baute Roger Quendoz vor rund 11 Jahren für seine eigenen Büroräume, wo eine solche Glaskonstruktion als Trennwand fungiert.

Auch wenn bei dem Kirchenbau das gleiche Konstruktionsprinzip zum Tragen kam, so waren er und sein Team mit großen Herausforderungen konfrontiert: In der Schichtbauweise sollten 10 mm dicke Floatglasstreifen zu einer mehrteiligen Wand von 18 m Breite und 8,5 m Höhe zusammengesetzt werden. Dazu galt es rund 57 t extraweißes Float in 150 mm breite Streifen zu schneiden, insgesamt 15 300 Streifen wurden gebraucht. Weiter musste vorab die Statik der Schichtkonstruktion geprüft werden.

Roger Quendoz: „Um dieses außergewöhnliche Projekt umsetzen und ein entsprechendes Angebot machen zu können, mussten wir uns bereits in der Angebotsphase sehr detailliert mit mehr Einzelheiten als üblich auseinandersetzen, gerade auch in Bezug auf Produktion und Montage.

So galt es zu klären, wo die über 15 000 Glasstreifen in der Werkstatt zwischengelagert werden können und wie viel Platz dafür überhaupt nötig war. Projektleiter Thomas Bührer ergänzt: „Doch obwohl wir nicht alle Fragen abschließend klären konnten, haben wir ein Angebot abgegeben. Und das passte: Einige Wochen später erhielten wir den Zuschlag zur Ausführung.“

Ein über 600 Jahre altes Verfahren kommt zum Einsatz

„Kurz nachdem wir den Zuschlag bekommen hatten, fand die erste Projektbesprechung mit den Architekten statt,“ erinnert sich Roger Quendoz. „Dabei äußerten die Planer die Sorge der Bauherrschaft, ob eine reine Glaswand nicht vielleicht zu kalt wirke. So kam dann die Frage auf, ob es möglich sei, die Glaskanten einzufärben. Die Farbe müsse allerdings transluzent bleiben, da die Gesamtwirkung der Glaswand und ihre Transparenz – trotz Farbe – gegeben sein musste“, so der Geschäftsführer.

„Spontan konnten wir zwar keine Lösung finden, wie wir die entsprechenden rund 15 300 Glasstreifen an einer Kante einfärben würden. Aber mit dieser Anforderung wuchs unser Respekt vor der Größe der zu bewältigenden Aufgabe deutlich.“

So setzten sich die Fachleute und Techniker der Quendoz Glas AG zusammen und diskutierten verschiedene Ansätze und Möglichkeiten durch. Schließlich fand Thomas Bührer, ein gelernter Glasmaler, zwei Wege zur Lösung der Aufgabe: So lasse sich entweder transparentes Email zum Einfärben der Glaskanten einsetzen oder man könne mit dem Silbergelb-Verfahren, eine Nanotechnik aus dem Mittelalter, arbeiten.

Die Lösung im Detail

Beim Emaillieren werden Verbindungen von Silikaten und Oxiden durch Erwärmen mit dem Glas verschmolzen, es entsteht dabei eine neu aufgetragene Schicht auf dem Glas bzw. in diesem Fall auf der Glaskante.

Beim Silbergelb-Verfahren hingegen dringt Silber beim Brennen in das Glas ein und färbt dieses goldgelb. Diese Technik stammt aus dem Mittelalter und wurde bereits im 14. Jahrhundert eingesetzt, um Kirchenfenster zu gestalten.

Nicht nur aus produktionstechnischen Gründen schien das letztere Verfahren damit für die Gestaltung der gläsernen Kirchenwand prädestiniert zu sein. Vom Silbergelb-Verfahren zeigten sich auch die Bauherrschaft und die Architekten begeistert und wünschten verschiedene Muster zu sehen.

Ohne Versuche geht es nicht

Projektleiter Thomas Bührer: „Das Aufbringen des Silbergelbs gestaltete sich zu Beginn schwieriger als gedacht, denn das Material verhielt sich bei der Applikation unterschiedlich, je nachdem, ob es auf der Zinn- oder auf der Feuerseite eines Floatglases aufgebracht wurde. Die Farbe musste jedoch auf der Kante wirken, einem Bereich des Glases, der weder mit dem Zinn des Floatbads noch mit der Stickstoffatmosphäre des Floatofens in Kontakt war. So begannen wir unsere Versuche und nach einer Reihe an Testläufen konnte unser Team eine passende Lösung finden.“ Es folgten weitere Versuche mit verschiedenen Maximaltemperaturen im Einbrennofen. Daraus resultierten wiederum vier verschiedene Glasfärbungen, die von hellgelb bis goldgelb reichten.

Die Architekten entschieden sich dann zu einer Ausführung mit gelbfarbigen Streifen, die jedoch mit einigen unbehandelten und einigen rosafarben emaillierten Glasstreifen kombiniert werden sollten.

Vor der „Serien-Produktion“ der Glasstreifen musste aber noch ein Werkzeug für das Fertigungsverfahren, sprich den Brennvorgang, konstruiert werden sowie in der Werkstatt der Platz für die über 15 000 Gläser geschaffen werden.

Nachdem diese Vorarbeiten abgeschlossen waren, konnte die Produktion beginnen. Hier zeigte sich schnell, dass der Einbrennprozess im Ofen ein Nadelöhr darstellte. Denn die Größe des Ofens begrenzte die Zahl der Glasstreifen auf 134 Stück pro 24 Stunden. Doch diese Zeit wurde akzeptiert, denn eine kontrollierte, langsame Abkühlung sollte gewährleistet werden, da nicht genau klar war, ob die untersten Streifen in den 8,5 m hohen Wänden bei einer zu schnellen Abkühlung unter Last nicht reißen würden. Dies war, nachdem die Produktion aufgegleist war, die letzte große Unbekannte im Projekt.

Sicherheit durch Tests an der ETH

Um die Standsicherheit der Konstruktion zu bestätigen wurde der Entschluss gefasst, mit einigen Streifen aus der Produktion Druckversuche am Institut für Baustatik und Konstruktion der ETH in Zürich zu machen.

Roger Quendoz: „Das Resultat war sehr beruhigend. Selbst beim maximal möglichem Druck in der Presse von 480 kN (rund 48 t) kam es zu keinen Glasschädigungen. Erst als wir in einem zweiten Versuch eine kleine Unebenheit in die Unterkonstruktion einbrachten, kam es zu einem Riss in einem Glas. Allerdings trat dieser erst bei einer Belastung von rund 200 kN auf. So hatte wir die Gewissheit, dass unser Aufbau funktionieren würde.“

Vor der Montage wurden die möglichen Toleranzen mit dem Metallbauer genau abgeklärt, da die Bewegungen der vertikalen Metallprofile nur bedingt durch das Glas abgefangen werden konnten.

Nun ging es an den Aufbau: Die Gläser wurden in eine Pfosten-Riegelkonstruktion eingesetzt und nur lose aufeinander geschichtet. Denn ein Kleber durfte nicht verwendet werden, da das Verkleben der Glasoberflächen deren Spiegelungseffekt aufgehoben hätte, was die Wand dann wieder transparent gemacht hätte.

Die Besonderheitden des Projekts

„Speziell an dieser Glaswand ist neben ihrer Konstruktion sicher auch die Kombination von heutigem Industrieglas und der verwendeten traditionellen Diffusionsfarbe, der Silberbeize, die ihren Ursprung in der Glasmalerei des 14. Jahrhunderts hat“, so Projektleiter Thomas Bührer.

Aber wie setzt man einen solchen Auftrag mit vielen Unbekannten auch wirtschaftlich rentabel um? Dazu der Geschäftsführer von Quendoz Glas (www.quendoz-glas.ch): „Die Wirtschaftlichkeit war für uns im Vorfeld nur schwierig zu beurteilen, denn das Projekt war immer wieder bis kurz vor dem eigentlichen Projektstart Anpassungen unterworfen. Sicher ist man gut beraten, wenn man vorab Bauteilversuche durchführt und in einem Projekt so viele Unbekannte wie möglich minimiert.“

Roger Quendoz weiter: „Dass alles bei der Glaswand gut geklappt hat lag mit daran, dass alle Beteiligten in erster Linie die gelungene Umsetzung und nicht die Kosten im Blick hatten. So konnten auch die notwendigen Änderungen besprochen und von uns nachofferiert werden. Wobei auch wir das Gelingen als primäres Ziel hatten. Denn den Auftrag für einen Sakralbau in dieser Größenordnung erhält man vielleicht nur einmal.“

Auf die Frage der GLASWELT, was er bei diesem Projekt im Rückblick anders machen würde, meint Roger Quendoz zufrieden: „Eigentlich nichts.“ —

Matthias Rehberger

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