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GLASWELT vor Ort: Laserworkshop in Nürnberg

Grenzen sprengen mithilfe von Lasern

_ Heute sind Laser als Werkzeug in der Lage, Glas zu schneiden, zu bohren, es zu strukturieren und zu gestalten, es zu verbinden, zu markieren und zu entschichten. Wie der Laser als Bearbeitungswerkzeug im Detail eingesetzt werden kann, präsentierten die Bayerisches Laserzentrum GmbH (blz), Erlangen und das Laser Zentrum Hannover (LZH) in dem gemeinsamen Workshop. Dort wurde u. a. ein sehr spezielles Lasereinsatzgebiet die Firma LightFab aus Aachen vorgestellt. Mit ihrem Bearbeitungsverfahren ist es möglich, komplexe dreidimensionale Strukturen aus Glaswerkstoffen zu erstellen, indem mit einem negativen 3D-Druck-Verfahren gearbeitet wird.

Hierbei werden die Bereiche im Glas, die herausgelöst werden sollen, mittels Laser modifiziert und so für einen chemischen Ablaugprozess empfindlich gemacht. Der nachfolgende Abtrag erzielt (für Quarzglas) eine Selektivität von bis zu 1500, d. h. die behandelten Teile werden durch eine Säure/Lauge um den Faktor 1500 stärker abgetragen als die unbehandelten Bereiche des Glassubstrats.

Zur Anwendung kommt das Verfahren heute bereits bei der Herstellung von Mikro-Reaktoren sowie für optische Bauteile. Doch die Entwickler sind dabei, das Verfahren auch auf andere Gläser und Anwendungen auszuweiten. Hier stehen Flachglasanwendungen im Fokus.

Impulsgeber für die Glasbranche

Zu den Treibern bei der Entwicklung des Lasereinsatzes in der Glasbearbeitung zählt die Displayindustrie. Heute sind bereits vielfältige Formen der Laserbearbeitung von Dünnglas für Mobiltelefone, Tablets und andere Touchsysteme im Einsatz. Hier ist der Laser inzwischen das Standardwerkzeug, um Gläser – auch mit chemischer Vorspannung – zu scheiden und zu bohren. Runde Ecken, Innenausschnitte sowie Aus- und Abschnitte lassen sich so in sehr guter Qualität und hoher Geschwindigkeit erzeugen.

Glasschweißen und -fügen mittels Laser ist im Rohrglasbereich ein wirtschaftliches Verfahren, das industriell zur Anwendung kommt. Für andere Anwendungsbereiche ist die Entwicklung auf einem gutem Weg, wie das LZH bestätigt. Dort werden Verfahren zur Verbindung von Glasteilen entwickelt und zur Serienreife gebracht.

Wo kommt welches Lasersystem zum Einsatz?

Neben dem CO2-Laser, der seit Jahren zum Markieren und auch Schneiden von Glas verwendet wird, setzt man heute verstärkt Kurzpuls- und Ultrakurzpuls-Laser zur Bearbeitung ein. Der Vorteil solcher Systeme besteht in erster Linie darin, das Material nur am Angriffspunkt zu erwärmen, das Werkstück selbst bleibt „kalt“; dadurch werden keine Spannungen in das Glas induziert, die zu Beschädigungen oder Rissen führen können.

Neue CO-Laser, die mit halber Wellenlänge als CO2-Laser arbeiten, sind inzwischen marktreif und werden neue Anwendungen in der Glasbearbeitung ermöglichen, da sie eine größere Eindringtiefe des Laserstrahls in das Glas erlauben.

Laser, die die Oberfläche von Architekturgläsern strukturieren, sind bereits bei Flachglasverarbeitern im Einsatz, Tendenz steigend. So werden aktuell Mattierungen in beliebiger Form PC-gesteuert auf Flachglasscheiben ausgebracht und so zur Dekoration oder Markierung der Scheibe genutzt. Mit zusätzlicher LED Beleuchtung erzeugen solche Gläser besondere Effekte, wie die Firma Cerion über eine neue Entwicklung bei einem ihrer Anwender berichtete.

Wie sich der Laser als Multifunktionswerkzeug zum Mattieren, Transferdruck, Funktionalisieren, Dekorieren und Einschichten nutzen und das Ganze über eine App steuern lässt, stellte die Firma boraident vor. Hierbei hat der Glasverarbeiter die Möglichkeit, in einer Maschine verschiedene Werkzeuge zu integrieren, um so verschiedene Anwendungen auf oder mit seinem Glas herzustellen.

Ob Oberflächengravur oder Vogelschutzglas, ob Markierung zur Rückverfolgbarkeit oder Dekorgravur von Beschichtungen, die Möglichkeiten sind vielfältig und werden stetig erweitert.

Ausblick

Der Laser als Werkzeug zur Bearbeitung von Glas ist aus dem Entwicklungsstadium herausgetreten. Laseranlagen zur Bearbeitung von Flachglas sind bereits etabliert und serienmäßig erhältlich. Die Möglichkeiten des Lasers sind aber noch lange nicht ausgeschöpft. Im Gegenteil, die Entwicklung geht rasant weiter und wird künftig die Flachbearbeitung signifikant beeinflussen. Wir dürfen gespannt sein, wann und wie mit dem Laser in Zukunft gearbeitet wird. —

www.glasberater.com

Das meint Glasberater Dr. Thomas Schmidt

GLASWELT  – In welchen Bereichen der Glasveredlung sind heute am häufigsten Laser im Einsatz?

Dr. Thomas Schmidt – Im Bereich der Displayfertigung und der Rohrberarbeitung, aber auch immer stärker in der Oberflächenbearbeitung von Flachglas, insbesondere für die Veredlung und beim Design.

GLASWELT  – Welches sind Ihrer Meinung nach die besonderen Vorteile der Laserbearbeitung?

Dr. Schmidt – Der Laser ist ein universell einsetzbares Werkzeug, das z. B. Glas schneidet und dabei eine so gute Schnittkante hinterlässt, dass sie für das Vorspannen nicht weiter bearbeitet werden muss. Mit dem Laser können auch Bearbeitungen getätigt werden, die mit anderen Werkzeugen unmöglich sind, wie z. B. das Verbinden unterschiedlicher Materialien (Glas mit Metall). Darüber hinaus lassen sich Bearbeitungen im Glassubstratvornehmen (Innenlaserung, z. B. für Lichtlenkung).

GLASWELT  – Worin sehen Sie die größten Unterschiede der neuen Technik gegenüber herkömmlichen Veredelungsmethoden?

Dr. Schmidt – Erweiterte Möglichkeiten, wie z. B. sehr kleine Bohrungen oder freie Formenausschnitte in einem Arbeitsgang auszuführen, bei gleichzeitig sehr hoher Kantenqualität. Bearbeitungen von Glasbeschichtungen auf der Glasoberfläche sowie auch Entschichtung.

GLASWELT  – Wie ist der Stand der Technik in der Laserbearbeitung von Glas, wohin geht die Reise?

Dr. Schmidt – Die Entwicklung serienreifer Werkzeuge und Anlagen für die Glasbearbeitung hat eindeutig an Tempo gewonnen. Der Laser wird immer stärker ein Werkzeug für die Glasbearbeitung, dabei lässt er sich hochautomatisiert einsetzen. Gleichzeitig wird der Laser die klassischen Werkzeuge nicht oder nur in Teilen ersetzen, sondern er wird sie ergänzen.

GLASWELT  – Welche Produkte lassen sich mittels Laser fertigen, die mit bisherigen Techniken nicht oder kaum umsetzbar waren?

Dr. Schmidt – Glas-Glasverbindungen (schweißen), Glas-Metallverbindungen (aufbringen und kontaktieren von z. B. einer Alarmspinne), 3D-Bearbeitung (z. B. Lichtlenkfunktion im Glas einbringen), kleinste Radien und Bohrungen, Dekorationen der Oberfläche und des Volumens (Innenlaserung, negativer 3D-Druck).

GLASWELT  – Welche Märkte lassen sich mit solchen Produkten neu erschließen?

Dr. Schmidt – Erweiterte Anwendungen beim Fassaden- und Interieurglas und Technische Glasanwendungen außerhalb des Architekturbereichs.

GLASWELT  – Was müssen die Mitarbeiter von Laserbearbeitungsanlagen mitbringen, um die entsprechenden Anlagen und Techniken zu bedienen?

Dr. Schmidt – Das kommt stark auf die Anlagen an. Mitarbeiter, die heute bereits mit CNC-Anlagen arbeiten, werden auch mit Lasertechnik umgehen können. Heutige Anlagen werden zudem so konfiguriert, dass keine zusätzlichen externen Schutzmaßnahmen mehr nötig sind. Es sollte zusammen mit den Herstellern aber auf jeden Fall geklärt werden, ob und welche Maßnahmen nötig sind (z. B. Laserschutzbeauftragter etc.)

GLASWELT  – Wird die Laserbearbeitung die Glasveredelung grundlegend verändern?

Dr. Schmidt – Ja, wir werden ganz neue Möglichkeiten bekommen, Glas auf uns heute noch teilweise unbekannte Art und Weise zu bearbeiten. Dabei stehen künftig Möglichkeiten offen, die wir erst noch in Glasanwendungen umsetzen müssen. Hier ist Fantasie gefragt. Dazu kommt, dass Verarbeiter die Laser einsetzen gut planen müssen und Mut bei der Umsetzung brauchen.

Die Fragen stellte Matthias Rehberger

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