_ Insgesamt herrschte eine optimistische Stimmung bei den Ausstellern vor, denn die Anlagenhersteller, Softwareanbieter und anderen Aussteller erwartete mehr Business als vermutet. Bei vielen Anbietern wurden unerwartete Direktverkäufe gemeldet: So gingen selbst größere Anlagen auf der Messe „über den Tresen“.
Durchweg waren die Gespräche mit den Besuchern sehr zielorientiert, äußerte sich eine Reihe an Ausstellern gegenüber der GLASWELT.
Gezielte Besuche mit Kaufabsichten
Diesmal gab kaum Messetourismus, um einfach zu schauen, was der Markt so bietet. Im Gegenteil, diesmal waren die Entscheider selbst nach Düsseldorf gekommen: Rund 40 Prozent der Besucher kamen mit konkreten Investitionsabsichten, so die Veranstalter. Der Besucheranteil an Führungskräften aus dem oberen und mittleren Management war mit rund 75 % höher als vor zwei Jahren.
Bei Hegla am Stand waren drei komplette Zuschnittlinien aufgebaut. Dazu sagte Geschäftsführer Manfred Vollbracht im Gespräch mit der GLASWELT: „Wir hatten ein positives Besucherfeedback. Mit dem Messemotto ‚Erleben Sie Hegla Live’ haben wir die Kunden erreicht. Das Gelingen einer Messe definiert sich über die Wahr-nehmungen und die Aussagen der Besucher.“
Auf die Effizienz kommt es an
Zu den aktuellen Trends meinte er: „Automationslösungen wurden vielfach nachgefragt und waren bei uns ein Hauptthema, das wir anhand der gezeigten Linien präsentiert haben“.
Als Messeneuheit stellte Hegla den Clean-Blower vor: Gerade bei Automationslinien ist es wichtig, dass vor dem Zuschnitt der Scheiben das Trennmittel entfernt wird, um der Verschmutzung der Anlagen und der Werkhalle vorzubeugen.
Vollbracht: „Mit dem Clean-Blower lassen sich automatisch Lucite entfernen; wir haben eine kompakte Anwendung vorgestellt, die vor den Schneidtisch in die Linie integriert werden kann. Damit ergibt sich zudem die Möglichkeit, eine Qualitätskontrolle mittels Scannern einzusetzen und eine Re-Optimierungs-Software anzuwenden. Insgesamt waren wir mit dem Messeverlauf und dem Besucherinteresse sehr zufrieden.“
Dies unterstrich auch Carlo Strappa, Marketing Manager von Intermac: „Dieses Jahr sind wir sehr zufrieden. An unserem Stand hatten wir viele interessierte Besucher. Wir haben einige Maschinen direkt auf der Messe verkauft, was großartig ist. Schon am zweiten Tag war für uns klar, dass die Messe ein Erfolg werden würde. “
Dass die Automation auch bei Lisec ein Fokusthema war, bestätigte Geschäftsführer Ottmar Sailer: „Die Branche rechnet immer genauer und muss es auch. Mit automatisierten Anlagen wollen wir dem Verarbeiter helfen, seine Stückkosten zu senken. Dabei spielt die Ablauforganisation in der Fertigung die entscheidende Rolle, sie ist künftig der Schlüssel zur Produktivität.“
Johny de Baere, GF Bottero Deutschland: „Der Bedarf bei Einzelmaschinen ist rückläufig. Wir haben uns darauf eingerichtet, integrierte, lösungsorientierte Linien anzubieten. Hier steht beim Verarbeiter der Prozessablauf im Vordergrund. Er sucht oft Kompaktanlagen mit verbessertem Automatisierungsgrad und höherer Flexibilität.“
Neuheiten für die ISO-Fertigung
Um dem steigenden Anteil an 3-fach-ISO gerecht zu werden, zeigten die Anlagenbauer (Lisec und Bystronic) aktuelle Applikationslösungen für TPS-Spacer. Und die Glass Alliance präsentierte ihren flexiblen FGS-Spacer, der sich mit der entsprechenden Maschinentechnik von Bystronic glass automatisch verarbeiten lässt.
Nach Einschätzung von Alessandro Fenzi, dem Leiter der Fenzi-Gruppe, werde sich im Schlüsselmarkt Deutschland das Wachstum bei 3-fach-ISO verlangsamen, doch insgesamt werde die Nachfrage nach 3-fach-Einheiten in Gesamteuropa deutlich zulegen, denn der allgemeine Trend hin zu besser gedämmten Gebäuden, Fenstern und Gläsern lasse sich nicht mehr aufhalten. Insgesamt werde der ISO-Markt differenzierter: Die Auswahl der Basisgläser, der Beschichtungen, der Spacerfarben etc. werde zunehmend individueller an einzelne Gebäude angepasst werden.
Alessandro Fenzi: „Wer solche Kundenwünsche erfüllen kann, wird sich in Zukunft am Markt behaupten. So können sich die ISO-Hersteller von ihrem Wettbewerb absetzen. Wir bieten alle (Spacer-)Systeme an. Damit geben wir dem ISO-Hersteller die Wahl und müssen nicht für oder gegen ein System argumentieren, denn wir geben dem Kunden was er braucht.“
Auf der Sonderschau glass technology live waren neue ISO-Anwendungen zu sehen. So wurde beispielsweise im Rahmen des MEM4WIN–Forschungsprojekts ein 4-fach-ISO für die Fenster der Zukunft mit einen Ug von 0,3 W/(m2K) präsentiert. Durch Einsatz vorgespannter Dünngläser lasse sich das Gewicht von Fenstern künftig um die Hälfte reduzieren. Das ISO liefert zudem noch Energie. Weiter sei eine um 50 % bessere Lärmdämpfung umsetzbar.
Buntere Gläser
Design wird für die Glasbranche immer wichtiger, da hier die Nachfrage von Seiten der Architekten und Endkunden stetig wächst. So waren farbige Gläser und (VSG-)Folien sowie Oberflächenbearbeitungen in allen Varianten zu sehen, inklusive der 14 x 3,21 m bedruckten Maxischeibe des Veredlers sedak.
Passend für den Glasdruck wurden die zugehörigen Anlagen sowie die Verbrauchsmaterialien in einer noch nie gesehenen Breite vorgestellt. Sieb- und Digitaldrucker, Randbedruckungsanlagen, Rollercoater und Co. wurden von Anbietern aus aller Welt präsentiert. Das Druck-Segment konnte sich eines regen Besucherzulaufs erfreuen, ebenso die Hersteller von Laser-Gravurtechnik, bei der sich nicht nur die Glasoberfläche, sondern auch das Glas in seinem Inneren bearbeiten lässt (z. B. das Einlasern von Lichtlenklamellen).
Als Neuheit präsentierte der Glasanbieter Isophon erstmals eine Flächenbeleuchtung von Glasscheiben. Patentiert wurde das System am Dienstag, dem ersten Messetag. Anfang 2015 soll die Lösung marktreif sein.
Schönere Beschläge
Für die individuelle Glasanwendung im Interieur und in der Fassade gab es vielfältige Glasbeschläge zu sehen. Hier zeigten gerade die Anbieter aus Deutschland eine Fülle von Design-Beschlägen in hochwertigen Materialien.
Wie groß die Nachfrage war, zeigte das Beispiel der Firma MWE: Bereits nach dem zweiten Messetag waren die über 600 mitgebrachten Beschlagkataloge vergriffen und es musste nachgeordert werden. Diesen Ansturm hätte man nicht erwartet.
Einen unerwartet starken Zulauf bestätigte auch Thomas Stukenkemper. Am Stand des Flachglas Markenkreises waren auch eine Reihe von Beschlagherstellern vertreten, die neben Design-Beschlägen, Systeme zur Absturzsicherung sowie schaltbare und beleuchtbare Glas-Beschlag-Kombinationen präsentierten. Auch hier wurde der Trend zu individualisierten Lösungen bestätigt.
Auf der Sonderschau glass technology live präsentierten Permasteelisa und Gartner die D3-Fassade. Der neue Fassadentyp ist mit drei beschichteten Monoscheiben verglast, statt mit Isoliergläsern. Dies verbessere die Transparenz sowie den Wärmeschutz. Der vorgestellte Prototyp erziele dabei einen g-Wert von 0,08 im Sommer und 0,57 im Winter, einen U-Wert von 0,62 W/(m²K) nachts und 0,83 W/(m²K) tagsüber, eine Lichtdurchlässigkeit von 65 % bei diffusem Licht sowie einen Schallschutz von 55 dB. Sonnen- und Blendschutz sowie Tageslichtlenkung werden mit motorbetriebenen, integrierten Alu- und Holzlamellen in den beiden Scheibenzwischenräumen realisiert.
Auch die neue Ganzglas-Element-Fassade namens Iconic Skin von seele erfreute sich eines großen Besucherinteresses. Das Besondere an diesem System ist eine außen und innen vollkommen homogene Fassadenoberfläche ohne sichtbare Pfosten und Riegel. Dabei lässt sich ein nahtloser Übergang zwischen transparenten und opaken Flächen umsetzen, auch hier wieder ohne sichtbare Pfosten, Riegel oder Fugen. Alle Glasflächen lassen sich mit Mustern und Farben bedrucken. Öffnungselemente, Sonnen- und Blendschutz können in die bis 3,20 m breiten und 15 m hohen Fassadenelemente integriert werden.
Gutes Nachmessegeschäft erwartet
Nach Messeangabe waren die rund 43 000 Fachbesucher überaus zufrieden. Während die Ausstellerzahl um 55 gesteigert werden konnte, sei die Besucherzahl mit einigen Hundert mehr gegenüber 2012 in etwa gleich geblieben. Über 96 Prozent der Fachbesucher stellten der Weltleitmesse ein positives Zeugnis aus.
Auch das Gros der 1217 Aussteller beurteile seine Zukunftsaussichten als positiv. Trotz der schwierigen Zeiten für weite Teile der Branche seien deutliche Signale für eine positive Marktentwicklung spürbar.
A+W Geschäftsführer Dr. Uwe Schmid freute sich über regen Zulauf: „Die glasstec verlief für uns von Anfang an sehr lebhaft. Ab dem Messestart waren auf unserem Stand alle Demo-Plätze permanent belegt. Wir hatten eine sehr hohe internationale Nachfrage und schrieben auch Abschlüsse mit Glasverarbeitern.“
Auch Peter Nischwitz von Bystronic glass zog ein positives Resümee: „Die Messe verlief für uns sehr positiv. Wir sind guten Mutes, dass allgemein die Zeichen in der Branche wieder auf positive Signale umschalten. Weiter sehen wir einem sehr positiven Nachmessegeschäft entgegen.“
Das Fazit der GLASWELT Redaktion
Um es noch einmal auf den Punkt zu bringen: Die Stimmung war besser als der Markt. Man hatte an den vier Messetagen in Düsseldorf das Gefühl, dass ein Schub durch die Branche geht. Die Unternehmen – groß und klein – stecken nicht den Kopf in den Sand. Sie wollen investieren, wollen dass es vorangeht. Hoffentlich hält diese Stimmung an, auch vor dem Hintergrund einer sich vielleicht abschwächenden Konjunktur. Wichtig ist, dass die Branche eine eigene Wachstumsdynamik erzeugt, statt sich gegenseitig im Preiskampf zu schwächen.
Der Schlüssel und die Basis für eine solche Dynamik sind eine verbesserte Kundenansprache, innovative Glasprodukte, eine höhere Qualität und ein verbesserter Service für Partner und Endkunden. Damit lässt sich Billiganbietern kontern und ihnen Paroli bieten.
Die glasstec 2016 findet vom 20.–23.09.2016 auf dem Messegelände in Düsseldorf statt.—