_ Flachglas Nord-Ost ist mit rund 120 Mitarbeitern in den Segmenten Sicherheits- und Isolierglas aktiv. Die Firmenspitze setzt neben einer hohen Kompetenz der Mitarbeiter auf einen leistungsstarken Maschinenpark für die optimale Fertigung und Bearbeitung. Gerade wurde die ISO-Fertigung auf den neuesten Stand gebracht. Zwei Millionen Euro hat Geschäftsführer Enno Kecker in eine neue Produktionslinie investiert, die jetzt täglich bis zu 2000 m2 Isolierglas verarbeiten kann.
Das Besondere daran ist der Verzicht auf klassische Abstandhalter. Kecker setzt auf blackline, sprich auf thermoplastische Abstandhalter für den ISO-Randverbund, um „blackline-Isoliergläser“ zu fertigen. Dieses Randverbund-System für die Warme Kante basiert auf dem Dichtstoff Ködispace von Kömmerling. „Das Besondere ist bei uns die Herstellung des Abstandhalters“, so Kecker. „Dies erfolgt mit nur einem einzigen Dichtstoff aus dem Fass. Der thermoplastische Spacer wird automatisch direkt auf das Glas appliziert und anschließend mit dem Sekundärdichtstoff versiegelt. Ich ersetze also damit die starren Abstandhalter aus Alu, Stahl, Edelstahl oder Kunststoff. Und damit entfallen Arbeitsschritte wie Zuschneiden, Biegen, Befüllen mit Trockenmittel und Butylieren der Abstandhalter.“
Das blackline-Isolierglas sei ein qualitativ hochwertiges Premium-Isolierglas, das aus der Systempartnerschaft zwischen dem Kleb- und Dichtstoffhersteller Kömmerling und namhaften Isolierglasherstellern entstanden ist.
Doch die Zusammenarbeit mit dem Dichtstoff-Hersteller geht noch weiter, denn das Produkt wird durch Kömmerling von einem ganzheitlichen Marketingkonzept begleitet. Flachglas Nord-Ost hat dieses Konzept von Anfang an mit vollem Einsatz unterstützt. Beim Blick in die Werk-halle des Isolierglasherstellers wird deutlich, welche Chancen in dieser Produktionsweise stecken.
Kooperation erlaubt neue ISO-Linie
Flachglas Nord-Ost zählt eher zu den regionalen Herstellern von Isolierglas. Der Betrieb sitzt in Osterburg in der Altmark und ist Teil der Flachglasgruppe. Am Standort mitten im Dreieck Hamburg-Hannover-Berlin werden auf einer Produktionsfläche von 6000 m2 jährlich rund 600 000 m2 Glas verarbeitet. Dabei sucht sich Enno Kecker bewusst Nischen außerhalb der Standardproduktion, um seinen Kunden Produkte anzubieten, die sie schon immer gern gehabt hätten, aber nie bekommen konnten.
Dieser Mut zum Unkonventionellen in einer traditionsbewussten Branche führte vor zwei Jahren zu der Kooperation mit der Kömmerling Chemische Fabrik GmbH aus Pirmasens und dem Maschinenbauer Bystronic. Man forcierte gemeinsam bei Flachglas Nord-Ost den Aufbau einer Premium-Isolierglaslinie mit thermoplastischen Abstandhaltern.
Und seit einigen Monaten wird nun in Osterburg das Isolierglas blackline hergestellt. Das Herz dieser neuen Produktionslinie ist ein blackline-Applikator von Bystronic glass, der den schwarzen Dichtstoff aus Synthesekautschuk (Polyisobutylen) vollautomatisch auf das Glas aufträgt. Wobei der Applikator von einem vorgelagerten ERP-System mit den erforderlichen Fertigungsdaten versorgt wird.
Vor dem Auftrag des thermoplastischen Spacers wird das Glas gereinigt, auf Fehler gescannt und von einem Mitarbeiter noch einmal überprüft. Für das Auftragen wird der Dichtstoff dann direkt dem Fass entnommen, auf 140 °C erhitzt und durch einen Schlauch zum Roboterkopf des Applikators gebracht.
Dieser fährt mittels Computersteuerung und optischer Kontrolle auf 1/10 mm genau und in einem einzigen Zug an der kompletten Glaskante entlang. Für den sauberen Abschluss wird der Stoß zwischen Anfang und Ende der Dichtstoffbahn jeweils angeschrägt. Das Material verbindet sich dort und dichtet anschließend völlig ab.
Flexibel in Form und Größe
Aufgrund seiner speziellen Eigenschaften haftet der Dichtstoff nicht nur sofort auf dem Glas, sondern bleibt dort bis zu einer Breite von 20 mm stabil senkrecht zur Scheibe stehen. Dank der einfachen Applikation und des formbaren Materials lasse sich diese Breite stufenlos regulieren und mache die ISO-Produktion sehr flexibel: Jeder Scheibenzwischenraum von 3 bis 20 mm und jede Kombination aus verschieden breiten Zwischenräumen bei 3-fach-ISO sei so ohne weiteren logistischen Aufwand realisierbar. Der Applikator kann zudem jede beliebige Scheibenform – vom Bogen über den Kreis bis zum Dreieck – in Größen bis zu 2,70 m x 6 m abfahren. Damit sind für Isolierglas bisher unmögliche Fensterformen umsetzbar. Gleichzeitig falle sowohl das fehleranfällige Eckenbiegen als auch das umständliche Hantieren mit riesigen durchhängenden Abstandhalterprofilen komplett weg.
Da immer derselbe Dichtstoff zu Einsatz kommt, erübrigen sich große Lagervorräte an unterschiedlichen Abstandhaltern oder Dichtstoffen von der Rolle für verschiedene SZR-Breiten.
ISO ohne Toleranzabweichungen
Beim Applizieren wird zeitgleich die Glasstärke gemessen und die Breite des aufgetragenen Dichtstoffes entsprechend angepasst. So lassen sich unregelmäßige Glasstärken einer Scheibe vollkommen ausgleichen.
Für einen 3-fach-Aufbau werden eine äußere und die mittlere Scheibe jeweils mit Dichtstoff versehen. Zusammen mit der dritten Scheibe werden diese dann in einer Tandempresse zum Gesamtpaket zusammengefügt und mit Gas befüllt.
Presse und Applikator sind genau aufeinander abgestimmt. Aufgrund der maschinellen Präzision und der variabel an die Glasstärke angepassten Dichtstoffbreite habe laut Kecker die fertige ISO-Einheit praktisch keine Toleranzabweichungen mehr und lasse sich präzise für jedes gewünschte Fensterprofil anfertigen. „Produkte außerhalb des Standards lassen sich nicht mit Standardmaschinen herstellen“, ist Geschäftsführer Kecker überzeugt.
Ein weiterer Vorteil: die beiden Dichtstoffbahnen weisen laut Kecker im 3-fach-ISO keinen Versatz auf, sondern liegen optisch deckungsgleich. „Das ließ sich mit den bisherigen Abstandhaltersystemen und der daraus resultierenden manuellen Produktion nie richtig verwirklichen“, sagt Kecker.
Die Fertigung mit Dichtstoff aus dem Fass sei erheblich schneller als eine konventionelle ISO-Herstellung. Das liegt an der Einsparung einzelner Arbeitsschritte: Das teils manuelle Zuschneiden, Biegen und Befüllen der Abstandhalter etc. entfällt und wird durch einen einzigen maschinellen Prozess ersetzt.
Diese Arbeitsweise ist jetzt Teil des hohen Automationsgrads in Osterburg. Nach der Pressung der ISO-Einheit erfolgt ein automatischer Qualitätsscan. Nun wird die Sekundärversiegelung, ein Polysulfid-Dichtstoff appliziert, den Flachglas Nord-Ost ebenfalls von Kömmerling bezieht. Materialunverträglichkeiten zwischen den abgestimmten Dichtstoffen seien so ausgeschlossen.
Bei der Versiegelung des Sekundärdichtstoffs wird gleichzeitig der Abstand zur Paralleldichtung gemessen, um den Dichtstoff optimal zu platzieren. Zum Schluss werden die fertigen ISO-Scheiben manuell an den Ecken abgerollt und gehen wieder durch eine Sichtprüfung.
Besseres System, besseres Design
Die Vorteile der Warmen Kante sind bekannt: Gesteigerte Energieeffizienz durch geringere Psi-Werte, geringerer CO2-Ausstoß und geringere Heizkosten, weniger Kondensatbildung an der Scheibe, höherer Wohnkomfort. Warum blackline-Isoliergläser noch besser sein sollen als die ebenfalls genutzte Rollenware, erläutert Dr. Knut Göke, Produktmanager bei Kömmerling: „blackline beweist seine technische Überlegenheit dank der hohen Verarbeitungsqualität in einer sicheren Prozesskette. Das umlaufend homogene Verbundsystem gewährleistet nicht nur eine dauerhafte Gasdichtigkeit, der flexible Randverbund ist in der Lage, Klimalasten ohne Folgeschäden zu kompensieren. Das verhilft blackline zu einer hohen Langlebigkeit, die wir selbst testen und nachprüfen“, so Göke.
Aufgrund der schwarzen Farbe spiegelt sich der Fensterrahmen im SZR. Dank des deckungsgleichen Randverbunds und der optimalen Eckenausbildung sei so kein Versatz an den Kanten zu sehen. Das störende dicke Glaspaket „verschwinde“, der Scheibenzwischenraum werde so fast unsichtbar. Ein optischer Vorteil, von dem Architekten und Bauherren profitieren.—
Was ist Blackline?
Bei blackline handelt es sich um ein Premium-Isolierglas mit Warmer Kante, bei dem das Abstandhalterprofil durch den thermoplastischen Dichtstoff Ködispace ersetzt wird. Dieser erfüllt die Funktion des Abstandhalters, des Trockenmittels und der Primärversiegelung. Im Vergleich zu herkömmlichen ISO-Einheiten werden Belastungen, z. B. durch Temperaturschwankungen, durch den dauerelastischen Dichtstoff-Ködispace deutlich besser kompensiert.
Jetzt im Netzwerk Mitglied werden
„Für die Mitglieder des blackline-Netzwerkes ergeben sich viele Vorteile“, verspricht Produktmanager Dr. Knut Göke. Die Kömmerling Chemische Fabrik bietet Unterstützung beim Einfahren einer blackline-Produktionslinie an. Zum Service gehören weiter Verarbeitungsrichtlinien sowie Schulungen für Vertrieb und Technik. Dabei stütze sich Kömmerling auf fast 20-jährige Erfahrung mit thermoplastischen Abstandhaltern. Weiter wird den Netzwerkpartnern ein abgestimmtes Marketing mit diversem Verkaufs- und Werbematerial bereitgestellt und die Partner werden mit einem kostenlosen Produktionsaudit und einer jährlichen Prüfung nach EN 1279 Teil 6 unterstützt.
Wir setzen auf flexible Spacer
GLASWELT – Warum setzen Sie heute auf thermoplastische Abstandhalter?
Enno Kecker – Wir hatten uns bei der Planung der neuen Anlage im Vorfeld alle verfügbaren Fertigungssysteme angesehen, gegenübergestellt und auch im internen Informationsaustausch in der Gruppe beraten, um eine für unseren Standort zukunftssichernde Entscheidung bzw. Investition tätigen zu können. Wir waren und sind auch heute von der Isolierglasfertigung mit einem flexiblen Abstandhaltersystem überzeugt. Dies ist die Zukunft und wird in einigen Jahren die Isolierglasfertigung mit starren Abstandhaltern verdrängen.
GLASWELT – Wie zeichnet sich „blackline“-Isolierglas zu Standard ISO aus?
Kecker – In der Fertigung durch den Wegfall von Arbeitsschritten in der Produktion: Das Zuschneiden, Biegen, Befüllen mit Trockenmittel und Butylieren der Abstandhalter entfällt. Das dort bisher eingesetzte Personal kann an anderer Stelle aktiv werden. Durch das automatische Applizieren der Profile auf die Glasscheiben wird einerseits die Genauigkeit und die Parallelität der Abstandhalter stark verbessert. Verschobene Abstandhalter bei 3-fach-Isolierglas und Wellen Im Abstandhalter sind mit „blackline“ kein Thema mehr.
GLASWELT – Wo sehen Sie weitere Vorteile?
Kecker – Wir tragen mit blackline-Isolierglas auch dem anhaltenden Trend von immer größeren Scheibenformaten bei Isolierverglasungen mit einer höheren Präzision in der Fertigung Rechnung. Bei solchen Großformaten entfällt jetzt auch das leidige Setzen der Abstandhalterrahmen mit zwei oder drei Mitarbeitern auf dazugestellten Leitern.
Kömmerling auf der glasstec 2014
Der Systemlieferant Kömmerling Chemische Fabrik präsentiert sich mit neuen Produkten und Systemlösungen für die Glasbranche. Schwerpunkte sind Dichtstoffe für die Warme Kante und ein neues, quecksilberfreies Polyurethan. So zeigt der Hersteller mit Ködispace 4SG ein Warme-Kante-System, das aufgrund seiner Materialeigenschaften optimal für den Einsatz in Structural-Glazing-Fassaden geeignet sei. Ködispace 4SG sorge mittels chemischer Bindung zu Glas und Silikon für eine sehr gute Langzeitstabilität.
Parallel dazu zeigt das Unternehmen die Vermarktungsinitiative „blackline“. Der Name blackline stehe als Markenzeichen für Premiumisolierglas mit einem thermoplastischen Abstandhalter. .
Mit Blick auf das 2017 gültige Quecksilber-Verbot wird ein quecksilberfreies Polyurethan präsentiert. Der 2-K-Dichtstoff GD 677 NA ist eine Sekundärversiegelung und kommt ohne quecksilberhaltigen Katalysator aus.