_ Das Haus der Bauern schmiegt sich weich in die Bodenformationen ein und passt zu den benachbarten Gebäuden und der typischen Winzerlandschaft. Der Neubau des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands (BLHV) präsentiert dabei eine ungewöhnliche Konstruktion aus Holz und Glas, die die Holzfassade sichtbar macht. 7000 m3 Fichten- und Weißtannenholz wurden dafür verarbeitet, die regionale Herkunft – aus den Wäldern badischer Holzbauern – war eine der Anforderungen an den Verwaltungsbau.
Carl Langenbach von der Architektenpartnerschaft Werkgruppe Lahr hat fur den Entwurf gemeinsam mit Jurgen Dittus und Adelbert Hassler die Architektursprache der traditionellen Schwarzwaldhäuser studiert.
Für den Entwurf wählten sie eine Bauweise, die sich an den Vorzugen regionaler Konzeptionen orientiert, ohne das traditionelle Schwarzwaldhaus in irgendeiner Weise zu kopieren.
Gut geschützt vor Nässe und Schlagregen
In eineinhalb Jahren entstand so die Massivholz-Konstruktion. Die Holzfassade benötigte jedoch einen besonderen Schutz, denn verwittertes, graues Holz war nicht erwünscht und hätte den Vorstellungen des Bauherrn nicht entsprochen. Jetzt dient eine doppelt geschuppte Glashaut als transparenter Wetterschutz.
„Wir konnten uns einfach nicht vorstellen, ein attraktives Holzhaus hinter Putz zu verstecken“, erklärt Architekt Adelbert Hassler. Aus dem Wunsch nach einem transparenten Wetterschutz entstand dann die Idee fur die Glashaut.
Bis zu 100 kg wiegen die Glasplatten, die die rippenartigen Fassadenfliesen aus Fichtenholz vor Witterung schutzen und ein Vergrauen verhindern.
Fur die Befestigung holte man sich Know-how von Längle Glas. „Wir haben uns beim Glasfassadensystem für Al-Wall DS von Längle Glas entschieden, da dieses System durch die horizontale und vertikale Überlappung einen sehr guten Schutz vor Nässe – auch Schlagregen – bietet und gleichzeitig die Hinterluftung der Fassade sichergestellt ist“, so Hassler weiter.
Die Glasplatten konnten nicht nur uberlappend angebracht, sondern auch nach der Hauptwetterseite ausgerichtet werden. Eine UV-Schutz-Folie im Glas schutzt vor Sonneneinstrahlung, dem zweiten „Feind“ des Holzes, vor dem Ausbleichen.
Fur Zimmermeister und Betriebsleiter Reinhard Haas von Holzbau Langenbach, der für die Umsetzung verantwortlich zeichnete, war vieles am Projekt spannendes Neuland. Ein Holzgebäude dieser Größe zu bauen war schon in Bezug auf den Brandschutz nicht ganz einfach.
Innen erhielt das Holz einen transparenten Brandschutzanstrich und eine Brandmeldeanlage wurde installiert. „Es gibt zahlreiche derartige Brandschutzanstriche, die jedoch nur fur Innenräume geeignet sind. Das Holz der Außenfassade wurde deshalb im Kesseldruckverfahren mit Brandschutzsalz imprägniert“, so Haas.
Nun konnte jedoch das Holz nicht mehr mit einer schutzenden Grundierung vorbehandelt werden und war daher extrem anfällig gegenüber Witterung. Vor allem nass werden durfte es nicht: Bei Feuchtigkeit hätte sich das Brandschutzsalz wieder ausgewaschen.
Den Wetterbericht immer im Auge, musste es demnach auch bei der Montage auf der Baustelle schnell gehen: Stand der Rohbau, wurde er sofort mit Folie abgedeckt und die Glasplatten montiert. „Das ging glucklicherweise sehr einfach“, so Haas. Fur das Befestigungssystem der Glasfassade waren keine Glasbohrungen nötig, die Schuppenhalter ließen sich leicht fixieren.
Und dass bei der doppelt geschuppten Fassade keine vertikalen Fugen entstehen, war ein weiterer Pluspunkt. Die Glashaut wird so neben dem funktionalen einem ästhetischen Anspruch gerecht.
Mehr als nur reine Funktion
„Durch die weichen Winkel und die Form des Baukörpers bekommt das Gebäude mit der Glashaut eine kristalline Wirkung. Diese reflektiert, spiegelt und schimmert je nach Lichteinfall. Das ist eine wunderbare Veränderung der gewohnten Erscheinungsweise einer Holzfassade“, beschreibt Architekt Carl Langenbach die Fassade.
„Glasfassaden sind in der Regel durch den Sonnenschutz häufig undurchsichtig, während sie beim Haus der Bauern durch Spiegelung einmal verschlossen wirkt oder durch Lichteinstrahlung eine völlige Offenheit entstehen lässt. Diese Offenheit zeigt, was dahinter ist, in unserem Fall die Holzfassade. Dieses Bild ist sehr ungewöhnlich und schafft eine neue Haus-Charakteristik“, so der Architekt.
Transparent und nachhaltig
Auch ein Blick in das Innere des Gebäudes lohnt. Durch die hohen Fenster und teilweise offenen Deckenfelder werden die Räume und Treppenhäuser mit viel Tageslicht ausgeleuchtet.
Über 100 Menschen aus verschiedenen Verbänden arbeiten heute hier und das stellte unterschiedliche Anforderungen an die Buroräume.
Trennwände konnten durch das Baumaterial Holz variabel und nach den Wunschen der Mieter gesetzt werden. Rechts und links im Gebäude sind die Buro-Zonen. Die großzugigen, kommunikativen Mittelbereiche dienen der allgemeinen Nutzung. Es gibt unterschiedliche Raumgrößen und -formen, weiche und fließende Grundrisse, eine uberschaubare Unterschiedlichkeit.
Der auf dem Grundstuck verlaufende Bach wird mit einer Wärmepumpe zum Heizen und im Sommer zur Kuhlung genutzt. Mit gesammeltem Regenwasser wird die Außenanlage bewässert und die Photovoltaik-Anlage erzeugt jährlich mehr Energie als fur den Betrieb des Gebäudes erforderlich ist. Somit erfullt das Haus der Bauern auch die Anforderungen an ein Passivhaus. —
Bautafel
Kosten: ca. 8 Mio. Euro
Bauweise: Massivholz-Konstruktion
Fassade/Konstruktion: Fichte
Befestigungssystem Glasfassade: Al-Wall DS Glas ESG, VSG, mit PVB-Folie