_ „Wir arbeiten viel für den exklusiven Ladenbau und stellen sehr hochwertige Gläser für die Inneneinrichtung her“, so Guido Brüdgam. Wegen der meist sehr hochwertigen Anwendungen werden fast nur Weißgläser verarbeitet. Rund 500 Glas- und Spiegelsorten halte sein Unternehmen dafür ständig vorrätig. Dies umfasst unter anderem Weißglas von 3,2 bis 25 mm, satinierte Gläser von 3,2 bis 19 mm und Float Monoglas von 3 bis 25 mm.
Weiter im Angebot ist das gesamte Farbspektrum von AGC Lacobel T; 15 Farben und rund zehn Sonderprodukte seien stets ab Lager verfügbar. So könne man auch ausgefallene Kundenwünsche schnell bedienen, so der Geschäftsführer.Seit 1953 und nunmehr in der dritten Generation konzentriert sich das Unternehmen auf Glasveredelung und Glasverarbeitung. Dabei produziert Brüdgam, der Mitglied im Flachglas Marken-kreis ist, heute auch seine Sicherheitsgläser als ESG und VSG selbst, wie überhaupt die meisten Produktionsschritte im eigenen Haus stattfinden.
Glas-Leidenschaft
Bei Brüdgam werden vorrangig hochwertige Glasprodukte angefragt, die sich häufig am besten mit Weißgläsern umsetzen lassen. Besonders deutlich wird dies bei VSG-Anwendungen, in denen beispielsweise Holzfurniere, Stoffe oder natürliche Gräser einlaminiert werden. Alles Materialien, bei denen deren Farbcharakter erhalten bleiben muss. Neu sei ein Verbund aus Gussglas mit einem Weißglasspiegel, bei dem eine farbige Folie den Farbton erzeuge.
Und das notwendige Know-how für die Umsetzung solcher Anforderungen hat sich Guido Brüdgam über viele Jahre erarbeitet, so war er beispielsweise der erste Glasveredelungsmeister im Kammerbezirk Wiesbaden.
Die ersten Berührungen mit dem Werkstoff erlebte er im elterlichen Betrieb, wo er bereits mit zehn Jahren in der Werkstatt anfing, sein Taschengeld aufzubessern. Seine Leidenschaft zum Glas merkt man ihm schnell an, wenn er anfängt darüber zu sprechen: „Wir probieren im Glas aus, was im Metall möglich ist. Wenn ich einem Kunden sage, es geht, dann geht es auch, wenn ich sage es geht nicht geht, dann habe ich das vorher ausprobiert.“
Kein Wunder also, dass Brüdgam alle Maschinen im Betrieb selbst bedienen kann. Schnell wechselt er im Betriebsrundgang die Stationen und drückt mit großer Routine – ohne überlegen zu müssen – die richtigen Knöpfe, um auf den Maschinen etwas zu demonstrieren.
Bei den Maschinen steht Intermac im Fokus
Bei seinem Maschinenpark verlässt sich der Geschäftsführer seit Jahren schwerpunktmäßig auf die Anlagen des italienischen Herstellers Intermac. Diese Zusammenarbeit hat bereits eine so lange Tradition, dass sich Intermac regelmäßig mit Brüdgam über Verbesserungen oder Modifikationen der Maschinen austauscht.
So zählen NC-gesteuerte Sandstrahlmaschinen, modernste Parallelkantenschleifmaschinen mit 0,3 mm Toleranzbereich und eine Wasserstrahlschneidanlage mit 3500 bar Druck und einer 45 kW-Pumpe zur Ausstattung. Der Hagener Glasveredler besitzt eine 5- und eine 3-achs-Wasserstrahlscheindanlage, die 2D- und 3D-Schnitte durchführen können.
Dadurch sei man in der Form der Ausschnitte nicht begrenzt, sagt der Chef: „Wir können selbst eckige Löcher bohren.“ Das Schneiden mit dem Wasserstrahl habe einige Vorteile. Verhindert würden die thermischen Belastungen beim sonst üblichen Bohren und die bekannte Sprungbildung im Lochbereich trete nicht auf.
Kürzlich kam zum bisherigen CNC-Bearbeitungszentrum eine neue Intermac 35 hinzu. Insgesamt über 600 Werkzeuge hält das Unternehmen für die beiden letztgenannten Maschinen bereit.
Ein großer Vorteil des oberitalienischen Unternehmens sei bei der Anlagenentwicklung die Orientierung auf Glas. Andere Anbieter, so Brüdgam, stellten oft Bearbeitungsmaschinen für Stein und Glas her und passten die Software an. Gerade beim Wasserstrahlschneiden sei aber die Kommunikation zwischen Software und Pumpe sehr wichtig. Und hier sei es von großem Vorteil, wenn beide originär fürs Glas entwickelt und nicht nachträglich angepasst wurden.Bei seinem Vorspannofen setzt der Glasveredler auf eine ESG-Anlage von North Glass, die für Formate bis 2500 x 1300 mm ausgelegt ist. Der Ofen sei besonders für harte Coatings geeignet, wie sie für die die Guardian Dielectric Spiegel oder Spionspiegel auf Weißglas zum Einsatz kommen.
Eine weitere Kompetenz der Veredlers ist das UV-Verkleben. Dabei werden auch gebogene Gläser sowie auf Gehrung geschnittene ESG-Scheiben verarbeitet. Die Klebung findet ausschließlich auf Granit als Arbeitsfläche statt, da nur dieser Werkstoff plan bleibe und sich nicht verspanne.
Individualität schlägt Serie
„Wir leben mit der Aufgabe“, betont Guido Brüdgam immer wieder. Damit meint er, dass sich Kunden oft mit ganz neuen Problemstellungen und Anforderungen an ihn wenden.
So habe er kürzlich eine Produktanfrage erhalten, bei dem echtes Gold verarbeitet werden soll. Für diesen Auftrag beschäftigt er aktuell einen Glasmalermeister als Mitarbeiter, der Blattgold verarbeiten kann.
Die Herausforderung bei solchen Produkten sei es, neben der Umsetzung des künstlerischen Entwurfs auch noch wirtschaftlich rentabel zu fertigen. Kalkulation und Kostenkontrolle seien gerade für einen kleinen Hersteller, der ausschließlich „Losgröße eins“ oder Kleinserien produziere, das A und O für den Erfolg.
Um die nötige Fachkompetenz auch nachhaltig und langfristig sichern zu können, gilt es für den Unternehmer nicht nur seine Mitarbeiter immer auf dem neuesten Stand der Technik zu bringen, sondern auch den Nachwuchs im Fokus zu haben. Deshalb bildet der Glasveredler selbst aus und jedes Jahr wird ein neuer Flachglasmechaniker ins Team aufgenommen.
Über Referenzen schweigt der Chef
Die Liebe zum Glas sowie der Wunsch, die Grenzen des Machbaren weiter auszuloten und zu überschreiten treiben den Geschäftsführer bei seine Arbeit an. „Glas ist ein schöner Werkstoff“, unterstreicht Guido Brüdgam: „und es gibt noch so vieles, was ich gerne ausprobieren will, Lasertechnik zum Beispiel.“
Diese Neugier sowie die Kompetenz des Hagener Glasspezialisten schätzt auch die Industrie und weitere Kunden kommen insbesondere mit komplexen Aufgabenstellungen auf das Unternehmen zu. Doch um wen es sich dabei handelt, darüber schweigt sich der Glasexperte aus. Genauso wie über die meisten Referenzen im hochwertigen Ladenbau, wo seine Produkte weltweit zum Einsatz kommen.
„Meine Kunden wollen nicht, dass man über sie berichtet und woher die schönen Glasdetails in den Luxusboutiquen und Showrooms stammen. Deshalb muss ich häufig eine Verschwiegenheitserklärung als Teil unseres Vertrags unterzeichnen. Aber soviel kann ich sagen: Es stehen schon einmal 25 000 Euro in Glas in einem 8 m2 großen Ladenlokal. Und auch soviel ist sicher: Wenn ich verraten würde, wo diese Boutique zu finden ist, wäre ich den Kunden los. Solche Auftraggeber haben im Vorfeld den Markt ausgiebig geprüft und mögliche Lieferanten lange im Visier, bevor sie auf einen zukommen und man angesprochen wird. Ist man mit solchen Kunden dann im Geschäft, halten diese Verbindungen in der Regel jedoch sehr lange.“
Dann: Ein Telefonat wird hereingereicht, wichtig. Der Chef entfernt sich mit entschuldigender Geste. Wahrscheinlich ein Kunde, dessen Name nicht genannt werden darf. Und wieder kommt eine neue Herausforderung auf den Glasspezialisten aus Hagen zu.—
Spezialisiert auf Spezialitäten
Die Glasschleiferei Brüdgam veredelt und verarbeitet Glas und fertigt heute sehr individuelle Glasprodukte, speziell fur den exklusiven Ladenbau. Die hochwertigen Glaslösungen kommen weltweit zum Einsatz. Referenzen finden sich in den exklusivsten Shopping-Malls Nordamerikas, in Moskau, Peking und in den arabischen Emiraten.
Hergestellt werden unter anderem Glasmöbel, Türen, Vitrinen, Kücheneinrichtungen und Verbundgläser mit den verschiedensten Zwischenlagen. Brüdgam produziert hierfür sein eigenes ESG und VSG. Eine weitere Stärke des Glasveredlers ist das UV-Verkleben von Gläsern.