Glaswelt – Sie planen ein neues Floatwerk in Polen. Welche Maßnahmen wurden bereits ergriffen?
Guus Boekhoudt – Die Investitionen für die zweite Float und das Beschichtungswerk sind genehmigt, ebenso die Erneuerung des bestehenden Floatwerks. Bei diesen Maßnahmen handelt es sich um die bis dato größte Investition von Guardian Glass. Die neue Anlage hat dann eine Fertigungskapazität von 1000 t Float pro Tag.
Glaswelt – Guardian Glass verfügt am polnischen Standort bereits über ein Floatglaswerk, wieso investieren Sie dort jetzt in eine weitere Produktion?
Boekhoudt – Der Markt in Polen gibt eine zweite Float her. Wir sehen einen zunehmenden Bedarf an beschichteten und veredelten Gläsern. Das gilt gleichermaßen für den Wohnbau wie für das Objektgeschäft. Getrieben wird dieser Trend in Europa durch immer größere Glasformate, auch hier sowohl bei Gewerbebauten als auch im Wohnbau. Dazu kommt, dass heute immer mehr Dreifachgläser verbaut werden. Weiter sehen wir Polen als europäisches Zentrum der Glas- und Fensterherstellung für den Wohnungsbau. Deshalb ist es logisch, genau dort auch das neue Floatglaswerk zu positionieren.
Zielmärkte für die Abnahme sind dabei neben Polen auch die umliegenden Nachbarstaaten. Die zweite Float und das angegliederte Beschichtungswerk unterstreichen auch unser Vertrauen in die Region. Und last, but not least sehen wir erweiterte Kanäle für unsere Glaserzeugnisse in Europa.
Glaswelt – Was genau umfasst die Investition und wann soll die neue Produktion starten?
Boekhoudt – Neben der Float entsteht in Czestochowa gleichzeitig eine hochmoderne Magnetron-Sputter-Anlage zur Glasbeschichtung. Wenn alles rundläuft, könnten wir bereits im dritten Quartal 2019 in Betrieb gehen.
Glaswelt – Wie schätzen Sie den Markt in Europa aktuell ein und was schätzen Sie am deutschen Markt?
Boekhoudt – Die Entwicklung in Europa ist generell gut. Selbst in Südeuropa, das sich langsam wieder erholt. Und aus Deutschland kommen die neuen Trends. Das fordert uns, und das schätzen wir. Denn diese Entwicklungen bringen uns als Unternehmen voran, da wir aus Deutschland viele neue Impulse erhalten.
Glaswelt – Planen Sie den deutschen Standort Thalheim auszubauen?
Boekhoudt – Ja. Die Floatglasanlage in Thalheim wurde bereits erneuert. Doch dieser Standort bietet noch um einiges mehr als nur Basisglas bzw. Float. Wir fertigen dort auch beschichtete Hochleistungsgläser und Laminate, sprich Verbundgläser. Dazu kommen vorverarbeitete Produkte, die wir ebenfalls in Thalheim fertigen.
Glaswelt – Wo sehen Sie aktuell Wachstumspotenziale und wie sieht es mit Dünnglas aus?
Boekhoudt – Klarglas (= Low Iron Glass) ist ein deutlich wachsender Markt. Hier steigt die Nachfrage konstant. In Bezug auf Dünnglas können wir 2 mm Gläser anbieten. Wenn hier die Nachfrage anzieht, werden wir auch die entsprechenden Kapazitäten bereitstellen.
Glaswelt – Wie bewerten Sie die Nachfrage nach Sicherheitsglas? Und welche Chancen sehen Sie hier für vorgespannte Gläser?
Boekhoudt – Ich sehe keinen Grund mehr zum Vorspannen, die Sicherheitsfunktion kann heute Verbundsicherheitsglas übernehmen.
Gerade unter Verwendung von Dünnglas – als Basisglas für Laminate – lassen sich daraus auch recht dünne Verbundglasaufbauten fertigen. Als Einsatzgebiet kann ich mir hier beispielsweise beschichtete Monogläser für vorgesetzte Fassadengläser vorstellen.
Weiter gibt es eine steigende Nachfrage nach reflexionsarmen Gläsern. Das ist einer der großen Trends, die wir sehen. Hierfür haben wir unser reflexionsarmes Guardian Clarity Glas im Programm.
Glaswelt – Lange Zeit war Vakuumisolierglas (VIG) in der Diskussion, sind Sie auch in diesem Marktsegment aktiv?
Boekhoudt – Ja, für Vakuumisolierglas haben wir in den USA eine Pilotlinie laufen. Diese Gläser sind jedoch in Europa nicht für den Einsatz in Fassaden bestimmt, damit richten wir unseren Fokus auf Gläser für Kühlschränke, die in Supermärkten aufgestellt werden. Gerade bei VIG war es ein großer Schritt vom Labor zum marktreifen Produkt.
Glaswelt – Welche Produkte gibt es in den USA noch, die Sie nicht in Europa fertigen?
Boekhoudt – Wir haben in den Vereinigten Staaten eine eigene Spacer-Produktion sowie auch eine eigene Isolierglaslinie, die den Markt in Nordamerika bedient.
Glaswelt – Was geben Sie Verarbeitern mit auf den Weg, die selbst neue Glasprodukte entwickeln?
Boekhoudt – Neue Produkte müssen fertig sein, wenn sie auf den Markt kommen. Auch in diesem Segment sind wir aktiv. Darüber hinaus sollte man nie vergessen, dass Innovation in der Regel auch eine engere Verbindung mit Kunden und Zulieferern bedeutet bzw. verlangt.
Glaswelt – Was ist Ihr Motto, um erfolgreich am Markt zu agieren?
Boekhoudt – Bei uns steht der Kunde immer im Vordergrund. Unser Ziel ist es, die Anforderungen und Erwartungen unserer Kunden vorwegzunehmen und entsprechende Produkte anzubieten. —
Die Fragen stellte Matthias Rehberger.
Guardian in Europa
Neben dem Floatwerk in Czestochowa verfügt Guardian Glass in Europa über zehn Standorte. Dazu zählen neben der Europazentrale mit Floatwerk in Luxemburg auch Niederlassungen in Deutschland. Grossbritannien, Russland, Spanien und Ungarn.