_ Der Prozess des Glashandlings klingt zunächst simpel: Am Einlauf der ISO-Linie wird das Glas vom Glasbock aufgenommen und auf das Transportband vor der Waschmaschine gestellt. Am Auslauf wird die Isolierglaseinheit nach dem Versiegeln vom Band genommen und auf einem Glasbock abgestellt, fertig. „Diese vermeintlich einfachen Arbeitsschritte bergen große Herausforderungen für Mensch und Technik“, so Holger Brechtelsbauer, Leiter Sales Engineering Handling bei Bystronic glass. „Wenn die Ausrüstung der Aufgabenstellung nicht gewachsen ist, muss der Bediener versuchen, das mit menschlichem Kraftaufwand auszugleichen. Das kann schnell Risiken für die Gesundheit und negative Folgen für die Produktivität haben. Daher ist es wichtig, zu den jeweiligen Produktionsbedingungen die passenden Handlingsysteme sorgfältig auszuwählen“, erklärt er.
Die größte Herausforderung sind stark schwankende Gewichte der Glastafeln und Isolierglaseinheiten. Bei Letzteren liegen zwischen minimalem und maximalem Gewicht nicht selten 1000 kg Gewichtsunterschied, bei Linien für sehr große ISO-Einheiten sogar bis zu 2000 kg. „Mehr als das Maximalgewicht ist in der Praxis aber die Frage entscheidend, in welchem Gewichtsbereich lässt sich die Masse (d.h. 80 bis 90 Prozent) der täglich bewegten Gläser mit Handlinggeräten abdecken“, so Holger Brechtelsbauer.
Unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Hebezeuge, z.B. Hallenkräne, muss der Verarbeiter seinen individuellen Bedarf abschätzen, der auch das maximale Transportgewicht mit einschließt. Ein Hallenkran kann eine Leichtüberkranung nicht ersetzen, da sich mit ihm und den eingehängten, kettengeführten Handlinggeräten im Tagesgeschäft viel zu träge arbeiten lässt.
Deshalb empfiehlt Brechtelsbauer die zusätzliche Anschaffung eines Systems aus Überkranungen in Leichtbauweise in Kombination mit Vakuumhebegeräten mit starrer Lastführung.
Diese Anforderungen gelten
An die eingesetzten Handlinggeräte sind die Anforderungen am Einlaufband und am Auslaufband sehr verschieden. Bei der Beschickung der Isolierglaslinie liegen die Gewichte der Glastafeln selten über 350 kg, meist weit darunter.
Bei der Abnahme der fertig versiegelten Isolierglaseinheiten sind die Gewichtsunterschiede der zu bewegenden Lasten deutlich größer als noch bei der Beschickung. Dazu trägt die steigende Nachfrage nach immer größeren Isolierglaseinheiten, z.B. für Fassaden, und der zunehmende Anteil an 3-fach-Einheiten bei.
„Eine gängige Verteilung für Gewichtsklassen von Handlinggeräten am Auslaufband einer Isolierglaslinie liegt bei 150/350/1100 (in kg)“, so Brechtelsbauer. Dabei sollte mindestens das leichteste Gerät mit einer 90°-Drehfunktion ausgestattet sein, um rechteckige Einheiten bei Bedarf hochkant auf dem Glasgestell platzieren zu können und somit eine platzsparende Kommissionierung zu erlauben.
„Die Geräte ab spätestens 350 kg Traglast und mehr empfehlen wir üblicherweise mit Untergreiffüßen auszurüsten, die ein Abgleiten der nicht angesaugten Glastafeln bei 3-fach-Isolierglaseinheiten verhindern“, erklärt er. Die Untergreiffüße sind in Bezug auf Höhen- und Seitenverstellung meist standardisiert und lassen sich an notwendigen Aussparungen im Auslaufband der ISO-Linie anpassen.
Bei der Abnahme von Glaseinheiten bis 350 kg lassen sich die besten Taktzeiten erzielen, wenn eine Leichtüberkranung zum Einsatz kommt. Dank hohem Bedienkomfort lasse sich damit schnell arbeiten und selbst mehrere Glasgestelle innerhalb kürzester Zeit beladen. Und das sei nur mit starrer Lastführung möglich.
Säulenschwenkkräne seien zwar eine Alternative vor allem im Gewichtsbereich bis 350 kg, sie sind aber weniger flexibel und weniger ergonomisch zu bedienen als starr geführte Handlinggeräte in einer Leichtüberkranung.
Bei der Abnahme schwererer Glaseinheiten kommt am besten ein kettengeführtes Gerät zum Einsatz. „Da dies seltener verwendet wird, empfehlen wir, es in den Hallenkran einzuhängen. So kann die Leichtüberkranung so groß wie nötig und gleichzeitig so schlank wie möglich ausgelegt werden“, rät der Handling-Experte.
Kein Anwendungsfall ist gleich
„Jede allgemeine Empfehlung könne allerdings immer nur ein Denkanstoß sein“, unterstreicht Brechtelsbauer. Faktisch müssen alle Handlingkombinationen – z.B. aus Leichtüberkranung, leichten Handlinggeräten und kettengeführten Geräten oder Säulenschenkkran – individuell auf die Produktionsbedingungen in den jeweiligen Werkshallen zugeschnitten werden und mit den Produktionsverantwortlichen vor Ort entsprechend abgestimmt werden.—
Halle 13, Stand H 21