Glaswelt – Es gibt heute zwar viele spannende Glasprodukte, gleichzeitig hat man das Gefühl, diese sind beim Endkunden nicht bekannt. Woran liegt das?
John De Baere –
Dazu kommt, dass wir uns aktuell in einer Übergangsphase befinden. Viele Glasverarbeiter müssen investieren. Meist stehen hierbei aber nicht die angesprochenen Innovationen im Blick, sondern nur die Kosteneinsparung. Und genau da sehe ich den Knackpunkt. Richtet sich der Fokus zu sehr auf die Einsparungen in der Produktion, kann dies leicht die wichtigen Innovationsgedanken ausbremsen.
Glaswelt – Können Sie das bitte etwas näher erläutern?
De Baere – Die Produktion zu optimieren ist doch erst der zweite Schritt. Diesem muss die Entscheidung vorangehen, wie ich mich als Glasverarbeiter und -anbieter künftig am Markt positionieren will. Ich muss entscheiden, ob und wie ich mein Portfolio umstelle und welche (neuen) Produkte es dazu braucht.
Glaswelt – Wenn diese Entscheidung gefallen ist, wo sehen Sie bei einer Optimierung die kritischen Punkte für Glasverarbeiter bzw. für ISO-Hersteller?
De Baere – Die Branche hat eindeutig einen zu geringen Automatisierungsgrad. Hier schlummern noch viele Potenziale, die es zu heben gilt. Denn diese werden künftig über das Überleben eines Betriebs mitentscheiden. Doch bevor ein Verarbeiter an die Anschaffung neuer Anlagentechnik/Maschinen geht, sollte er für sich eine Reihe von signifikanten Fragen beantwortet haben.
Glaswelt – Und welche Fragen sind das, die ein Verarbeiter im Vorfeld seiner Investition klären muss?
De Baere – Die Hauptfrage dabei wird sein: Wie gut ist das Anpassungsvermögen meines Betriebs an die künftigen, sprich wechselnden Marktanforderungen? Ich muss klären, wie ich als Verarbeiter künftige Aufträge komplett und in der versprochenen Zeit umsetzen will bzw. kann.
Gleichzeitig muss der Verarbeiter in Sachen Kapazität flexibel sein, um sich schnell auf ändernde Anfragen einstellen zu können. Weiter braucht er entsprechende Kapazitäten, um wachsen zu können. Sind diese wesentlichen Punkte bzw. ihre Umsetzung geklärt, kann er sich Gedanken über die Automatisierung machen.
Glaswelt – Ich vermisse bei diesen Ausführungen aber noch die Kosteneinsparung durch eine Automatisierung.
De Baere – Erst wenn die genannten Fragen geklärt sind, kann man die Frage nach der Kosteneinsparung angehen. Und dazu braucht es wiederum ein Konzept zum Return on Investment, ohne das man die Automatisierung nicht angehen sollte. Ein guter Wert wäre ein Return der Investitionskosten innerhalb von drei Jahren.
Glaswelt – Und wo steht dabei Bottero, welche Hilfe bieten Sie den Verarbeitern neben der Anlagentechnik?
De Baere – Wir wollen dem Verarbeiter helfen, die Anforderungen, die eine mögliche Automatisierung seiner Fertigung betrifft, erst übergeordnet zu betrachten.
Erst danach schlagen wir eine Lösung vor. Und dazu gehört für uns – wenn es an die Details geht – auch ein Konzept für die Bedienung der Maschine durch die Mitarbeiter. Weiter ist es unsere Aufgabe, Anlagen bereitzustellen, die bedienerfreundlich und sehr zuverlässig sind.
Glaswelt – Sagen Sie uns noch etwas mehr über mögliche Konzepte für die Maschinenanschaffung?
De Baere – Hier gibt es zwei Möglichkeiten: das ideale Konzept und eines für die gegebenen Rahmenbedingungen im Betrieb, bei dem man immer den Vergleich zur Ideallösung ziehen muss.
Hier muss der Verarbeiter auch den Preis mit ins Kalkül ziehen, um mit den eigenen finanziellen Möglichkeiten möglichst nah an das Ideal-Konzept heranzukommen. Auch hier ist Bottero gefordert: Wir müssen bezahlbare Automatisierungslösungen anbieten. Hierbei müssen wir sehr akkurat produzieren.
Weiter muss die Anlage/Linie – trotz komplexer Technik – einfach zu bedienen sein, zudem muss der händische Eingriff niedrig sein. Dies schaffen wir aber nur gemeinsam mit dem Verarbeiter. Für uns ist es deshalb wichtig, die gewünschte Produktpalette des Verarbeiters zu kennen. Das gilt weiter, um die zugehörige Logistik zu optimieren.
Bei der Automatisierung ist es unumgänglich, dass ein Verarbeiter im Vorfeld auch den Prozessfluss genau für sich festlegt und in der späteren
Produktion auch immer wieder vor Augen hat. Nur dann kann man ihn auch später weiter optimieren. Erst wenn dieser Prozessfluss fest definiert ist, richtet man die Maschinen entsprechend danach aus und passt sie dem Ablauf entsprechend an und nicht umgekehrt.
Glaswelt – Wo sind bei einer Umstellung der Produktion die Knackpunkte?
De Baere – Lokal optimieren macht manchmal weniger Sinn. Egal ob der Output oder die Qualität höher gewichtet wird, das Zusammenspiel aller beteiligten Maschinen muss stimmen.
Die schnellste Anlage bringt nichts, wenn sie nicht mit Nachschub versorgt wird oder wenn sie zu schnell für die nachgelagerten Prozesse produziert. Das bedeutet, alle Anlagen müssen auf einem gleich hohen Niveau sein, sonst bringt die Investition nicht den gewünschten Effekt.
Glaswelt – Welche Potenziale sehen Sie für Isolierglashersteller?
De Baere – Dünne, leichte Gläser werden beimIsolierglas in Zukunft das Rennen machen, insbesondere bei 3-fach-Isolierglas.
Glaswelt – Worauf richtet Bottero den Fokus?
De Baere – Unser Ziel ist es, ein sogenannter Full-Liner zu werden. Wir bieten Gesamtlösungen für Ihren jeweiligen Arbeitsablauf an sowie für die gesamte Produktion, wenn gewünscht. Dazu wollen wir alle Bearbeitungsanlagen anbieten können, inklusive Maschinen für die Isolierglasherstellung. Einzige Ausnahme: Wir stellen keine ESG-Vorspannöfen her.
Glaswelt – Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?
De Baere – Das ist ganz einfach, wir hören unseren Kunden sehr gut zu.—
Das Gespräch führte Matthias Rehberger, Chefredakteur der GLASWELT. Auf der Vitrum 2013 stellt die Bottero S.p.A. neue Anlagentechnik aus.