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Interview mit Jochen Grönegräs

Zartes Wachstum beim Glas

Glaswelt – Wie waren Umsatzzahlen der Glasbranche in 2017 und was erwartet uns 2018?

Jochen Grönegräs – Der Umsatz der Flachglasbranche in Deutschland in den wichtigsten Produktbereichen stieg im letzten Jahr um 1 % auf rund 2,6 Mrd. Euro. Und für 2018 rechnen wir mit einem Zuwachs von etwa 1,3 %.

Glaswelt – Was ist momentan der Treiber?

Grönegräs – Im Jahr 2017 hat Verbundsicherheitsglas (VSG) nochmals zugelegt, die Absatzmenge stieg um 4,3 %. Da erwarten wir auch für die Zukunft noch Potenzial.

Glaswelt – Werden die heimischen ISO-Hersteller am Wachstum beim Fenster profitieren, ich denke hier an die Importe aus dem Osten?

Grönegräs – Sie haben recht, das Wachstum des Isolierglasmarkts in Deutschland blieb in den letzten Jahren hinter dem des Fenstermarkts zurück. Es werden immer mehr komplette Fenster bei uns eingeführt. Laut Verband Fenster + Fassade (VFF) kommen heute etwa 20 % der PVC-Fenster aus Polen, inklusive der Gläser, Tendenz steigend. Das hat einen Einfluss auf den bis dato eher regionalen Isolierglasmarkt. Wie es andere Branchen schon hinter sich haben, wird das sicher zu Verdrängungs- und Konzentrationsprozessen bei den Fensterbauern, aber auch in der Isolierglasbranche führen. Den Zuwachs beim Isolierglas für 2018 schätzen wir daher nur auf 0,5 %, obwohl der Fenstermarkt in Deutschland deutlich stärker wächst.

Glaswelt – Welche Rolle spielt der Wohnbau?

Grönegräs – Im Jahr 2010 machte der Wohnbau 62 % des Fensterabsatzes in Deutschland aus; 2017 waren es 66 %. Der Nichtwohnungsbau stagniert. Bis zum Jahr 2020 sehen wir einen schrumpfenden Markt, da wir von einem leichten Rückgang der Baugenehmigungen ausgehen.

Glaswelt – Wenn der Wohnbau schrumpft, gibt es wenigstens bei der Sanierung Potenziale?

Grönegräs – Um nochmal den Vergleich zu 2010 zu ziehen: Damals machte die Sanierung 65 % des Fensterabsatzes in Deutschland aus; 2017 waren es noch 57 %. Der Neubau steigt; die Sanierungszahlen stagnieren. Nach einer Studie von uns und dem VFF sind von den 610 Mio. Fenstereinheiten hierzulande etwa 266 Mio. energetisch veraltet, darunter immerhin noch 17 Mio. mit Einfachglas. Hier gibt es also eigentlich genug zu tun. Eine Steigerung der energetischen Sanierung ist also dringend notwendig, auch mit Blick auf die CO2-Reduktionsziele der Bundesregierung, denn die aktuellen Sanierungsquoten liegen weit unter den 2 % pro Jahr, die allgemein für erforderlich gehalten werden. Hier gibt es Handlungsbedarf.

Glaswelt – Dieses Ziel wird schon länger gefordert, aber wie lässt es sich umsetzen?

Grönegräs – Nötig ist vor allem eine steuerliche Förderung der energetischen Sanierung. Zusammen mit dem BDI und einem breiten Verbändebündnis haben wir der Bundesregierung einen Vorschlag für die Ausgestaltung vorgelegt. Die steuerliche Förderung steht ja auch im Koalitionsvertrag. Die finanzielle Ausgestaltung, 2 Mrd. Euro zusammen mit dem Baukindergeld, das den Löwenanteil der Summe bekommt, halten wir aber für unzureichend. Die steuerliche Förderung bräuchte allein mindestens 2 Mrd. Euro pro Jahr. Eine Austauschverpflichtung für alte (Isolier-)Gläser befürwortet der BF dagegen nicht.

Glaswelt – Noch eine Frage zur Novellierung der Glas-DIN 18008, was wird sich hier ändern?

Grönegräs – Das betrifft unter anderem bodentiefe Verglasungen. Diese sollen künftig mit Sicherheitsglas ausgeführt werden, was heute nicht der Fall ist. Hier hinken wir in Deutschland etwas hinterher, wenn man sich unsere Nachbarn wie die Schweiz, die Niederlande oder Italien anschaut – dort muss sogar jedes Lochfenster mit Sicherheitsglas ausgestattet sein. Die Norm liegt als Entwurf vor; das heißt, jetzt können Einsprüche erhoben werden, die auf einer Sitzung im Sommer verhandelt werden.

Glaswelt – Mit Hinblick auf eine kommende Änderung in der Norm, was sollten die Verarbeiter unbedingt beachten.

Grönegräs – Wer heute ein Angebot schreibt, muss sich darüber im klaren sein, dass seine (Isolier-)Gläser – wenn nichts anderes vereinbart ist – alle zum Zeitpunkt der Abnahme geltenden Anforderungen erfüllen müssen. Der Rat kann daher nur lauten: Weisen Sie Ihre Kunden darauf hin, dass diese Regel nach heutigem Stand voraussichtlich kommen wird und lassen Sie sich den Mehraufwand für Sicherheitsglas bezahlen – oder vom Kunden bestätigen, dass er trotz Ihres Hinweises darauf verzichtet.

Glaswelt – Haben Sie auch aktuelle Zahlen für das Segment Interieurglas vorliegen?

Grönegräs – Im Jahr 2017 wurden 19 % der VSG- und über 50 % der ESG-Menge für Interieuranwendungen eingesetzt. Das zeigt die wachsende Bedeutung dieses Marktes.—

Das Gespräch führte Matthias Rehberger.

Tipp der Redaktion: Eine Tabelle mit den aktuellen Glasmarktzahlen sowie der Prognose für 2018 finden Sie unter folgendem Link https://bit.ly/2I1F72e

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