_ „Die Anforderungen von Seiten der Bauherren und Architekten werden größer, ebenso die gewünschten Formate“, erklärt Niederlassungsleiter Reinhard Gruber, „deshalb haben wir Geld in die Hand genommen und weiter investiert.“ Kernstück der Investitionen war ein neuer Biegeofen für extragroße Floatgläser. Gruber: „Nun sind wir in der Lage, auch Scheiben von bis zu 4 x 12 m zu biegen“.
Im September/Oktober wird zudem noch ein ESG-Biegeofen für Scheiben von 3,21 x 6 m installiert. Mit beiden Öfen für große und extragroße Scheiben positioniert sich der Anbieter nach eigenen Angaben in Europa ganz weit vorne.
Ein Grund für die steigende Nachfrage nach gebogenem Glas sieht der Betriebsleiter vor allem im Wunsch vieler Architekten und Bauherren nach exklusiven Lösungen.
Spezialisierung als Strategie
Im gleichen Maße wie die individuelle Nachfrage steige, konzentriere sich die Firma zunehmend auf Sondergläser und damit weg von Standard- und Serienprodukten.
„Wir haben uns als Anbieter etabliert, der genau dort einsteigt, wo viele Mitbewerber aussteigen. Das ist anspruchsvoll und bringt zugleich Herausforderungen“, so Gruber. Mit dem Ausbau der Biegekapazitäten ist der Glasveredler dann in der Lage, mehr als die heutigen 250 bis 300 gebogene Gläser pro Tag zu produzieren. In dieser Menge sind Fassadengläser in „Übergröße“ ebenso enthalten wie gebogenes Vitrinenglas.
„Wir rechnen insgesamt mit einer steigenden Nachfrage“, sagt Gruber, „deshalb haben wir unsere Produktionskapazitäten so ausgelegt, dass wir bei Bedarf auch entsprechend mehr Gläser biegen können.“
Neben der Allgemeinen bauaufsichtlichen DIBt-Zulassung (Z-70.4-190) für gebogenes Flisa Curve (Float) sowie für das gebogene VSG Flisa Curve save (aus Float) laufen aktuell weitere Zulassungsverfahren, die nach Auskunft der Glasspezialisten kurz vor dem Abschluss stehen.
Doch auch in weiteren Segmenten hat das Unternehmen investiert. Neben einer zusätzlichen TPS-ISO-Linie wurden eine neue VSG-Zuschnittanlage von Hegla angeschafft sowie eine Roboterschleifanlage und ein Laserbearbeitungszentrum.
Ein Laser alleine reicht nicht
Mit dieser Laseranlage lassen sich Scheiben bis zu 2,40 x 4 m bearbeiten. Das Ziel von Flintermann ist es, nicht nur eigene Motive auf die Scheiben zu lasern, sondern auch jeden Kundenwunsch grafisch umsetzen zu können.
Nach Einschätzung der Glasspezialisten aus Salzbergen wird sich die Lasertechnik in der Oberflächenveredlung durchsetzen und zunehmend Sandstrahl-und andere Oberflächenbearbeitungen ersetzen. Hintergrund: Mittels Laser lassen sich deutlich filigranere, ja selbst fotorealistische Abbildungen auf oder in das Glas auf- bzw. einbringen.
Die Möglichkeiten der Lasertechnik werden sich nach Meinung von Reinhard Gruber bei Architekten, ebenso wie bei Industriekunden etablieren, und dabei einen echten Boom erfahren.
Die jüngsten Investitionen bieten dem Veredler eine höhere Qualitätssicherheit aufgrund der vergrößerten Fertigungstiefe. „Unsere Stärke als industrieller Veredler liegt eindeutig darin, dass wir nicht auslagern, sondern die gesamte Prozesskette hier unter einem Dach konzentrieren“.
Fertigungstiefe ausgebaut
„Wir werden mit unseren Investitionen unabhängiger von Zulieferern. Gleichzeitig können wir dadurch unseren Kunden gegenüber Liefertreue und höchste Qualitätsstandards gewährleisten. Dazu kommt: Jeder Transport von Glas birgt immer auch Bruchrisiken. Je weniger eine Scheibe bewegt wird, desto geringer die Gefahr, dass sie zu Bruch geht.“
Die Spezialisierung bezieht sich nicht allein auf gebogene Großformate, sondern umfasst auch den Interieurbereich: Gebogenes Glas ist z.B. im Mö-belbau gefragter den je. Dabei lassen sich vor allem durch Klebetechnik neue Formen umsetzen.
Gefragt sind weiter Kombinationen aus transparentem und lackiertem Glas. Hierfür hat der Veredler in eine neue Lackieranlage investiert, mit der sich Einbrennlackierungen in allen RAL-Farben umsetzen lassen. Die hohe Spezialisierung und die Tiefe in der Fertigung sowie ein entsprechendes Image würden dazu beitragen, dass das Wachstum im Jahresschnitt um etwa 10 bis 15 Prozent zulegt. Etwa 50 Prozent der gefertigten Gläser gehen heute in den Export.
Ein Schwerpunktmarkt ist Europa, doch zunehmend werden Scheiben nach Asien, auf die arabische Halbinsel, nach USA und Kanada geliefert. Die andere Hälfte der gefertigten Scheiben wird in Deutschland abgesetzt. Eine Herausforderung ist dabei immer wieder der Transport von gebogenen Großscheiben, da hier besondere Sicherungen erforderlich sind.
Bis zu einer Entfernung von etwa 100 km liefert Flintermann mit eigenen Fahrzeugen aus. Alles was darüber liegt, wird mit Speditionen erledigt. Allerdings gibt es nur wenige Speditionen, die über entsprechende Fahrzeuge zum sicheren Transport von gebogenen Großscheiben verfügen.
Die heimischen Kunden des Glasveredlers kommen aus unterschiedlichen Bereichen. Das Gros der Abnehmer sind Fassadenbauer, größere Bauunternehmen sowie Handel und Industrie (z. B. Möbelproduzenten) sowie auch die Automobilindustrie. Rund 40 Prozent sind mittlere bis große Handwerker, d. h. Metallbauer oder Holzverarbeiter. An Endkunden, sprich Häuslebauer, liefert Flintermann nicht.
Gut 125 Mitarbeiter sind heute am Standort beschäftigt. Aufgrund der hohen Auslastung wird in einigen Bereichen sogar im 3-Schichtbetrieb gearbeitet.
Auch die Zahl der Beschäftigten soll weiter steigen. Doch qualifizierte Fachkräfte zu erreichen, ist eine der großen Herausforderungen dieser Zeit, unterstreicht Reinhard Gruber. Die Unternehmen der Glasbranche kämpfen heute sprichwörtlich um „die besten Köpfe“.
Bei Flintermann setzt man deshalb bei der Mitarbeitersuche zunehmend auf die sozialen Netzwerke, denn viele Bewerber informieren sich oft darüber über einen künftigen Arbeitgeber. Auch hier sei man deshalb aktiv.
Die Glas-Produkte von morgen
Nach Ansicht des Niederlassungsleiters wird Glas in naher Zukunft noch viele weitere Funktionen übernehmen. Photovoltaik, Schall- oder Sonnenschutz bei Isoliergläsern sind zwar bereits Standard, werden aber noch weiter perfektioniert werden. Auch im Interieurbereich werde die Komplexität bzw. der Bearbeitungsgrad der Gläser zunehmen.
So werde die Nachfrage nach Heizgläsern zur Wärmeerzeugung ebenso steigen, wie nach Gläser mit LED-Beleuchtung, die sich via App vom Smartphone aus steuern lassen.
Ein weiteres Einsatzfeld von Glas sieht Gruber in der Audiotechnik, denn auch hier lässt sich der Werkstoff als Soundsystem, sprich als Lautsprecher, einsetzen. Mit solchen Systemen kann im Smart-Home die Ansteuerung via Bluetooth erfolgen.
Verdeckt liegende Lautsprecher sorgen für einen glasklaren Klang und lassen sich im Badezimmerspiegel genauso wie in der Ganzglasdusche, in der gläsernen Küchenrückwand und in Vitrinen anbringen. Selbst die Isolierglasscheibe eines Fensters kann auf Wunsch zum Klangkörper werden, um Räume zu beschallen.
Weiteres Wachstum auf der Agenda
Da der Glasveredler nach Auskunft von Niederlassungsleiter Gruber weiter auf Wachstum setzt, plant das Unternehmen am Standort auch räumliche Erweiterungen.
Um langfristig die Wettbewerbsfähigkeit zu festigen, soll gleichzeitig auch der Automationsgrad der Produktion weiter vorangetrieben werden.
Ziel ist eine hohe Flexibilität bei gleichbleibender Fertigungsqualität. Das Stichwort lautet hier Industrie 4.0. Reinhard Gruber ist davon überzeugt, dass die intelligente Vernetzung mit den Kunden schon bald selbstverständlich werden wird.
Vor diesem Hintergrund wurden in den vergangenen Monaten bereits erste Schritte in Richtung Robotereinsatz erfolgreich umgesetzt.
„Egal welche Anforderungen der Markt an uns heranträgt und egal wohin die Reise geht“, unterstreicht Niederlassungsleiter Reinhard Gruber, „wir sind in Sachen Glas für alle Trends offen und sehen uns bestens für die Zukunft gerüstet.“—