Können Sie sich den Betrag vorstellen, der auf dem vorläufigen Höhepunkt der US-Bankenkrise am Montag, dem 29. September, an der Börse verdampfte? Es ist 25 mal soviel wie das jährliche Bruttosozialprodukt der Niederlande, das wir mit 17 Mio. Einwohnern pro Jahr erwirtschaften. Die britische Notenbang rechnet wegen der Finanzkrise weltweit mit Verlusten von rund 2,8 Billionen Dollar. Und die deutsche KfW-Bank zahlte ohne vorherige Prüfung per automatischer Anweisung noch einmal 300 Mio. Euro an den Konkurskandidaten Lehman Brothers hinterher. Willkommen in der digitalen Welt. Nimmt man aber das Beispiel der KfW-Bank fragt man sich, was ist denn jetzt die Wirklichkeit, die virtuelle Welt oder die scheinbare echte Welt? Wir haben gelacht als im Internet die ersten virtuellen Welten auftauchten, wo man ein Leben spielen kann, wie in der Realität, nur nach eigener Vorstellung.
In der Baubranche ist das teilweise genauso. Wir haben Gebäude-Projektentwickler, die mit digitalem Geld Bürohäuser und komplette Stadtteile bauen, aber kein Interesse daran haben, was danach kommt, wenn das Gebäude veräußert wird. Sie haben kein Interesse an den Menschen, die dort später leben oder arbeiten müssen oder daran, wie das Objekt in 20 oder 30 Jahren aussieht, oder wieviel die Instandhaltung in all den Jahren den Vermieter kostet. Häufig wechselt eine solche Immobile in den ersten zehn Jahren bis zu viermal den Besitzer. Da wundert es mich nicht, dass auf die Qualität beim Bau keinen großen Wert gelegt wird. Ich habe früher schon geschrieben, dass sich alleine in Europa mit optimierten Fassaden leicht 625 Mio. t CO2 verhindern ließen. Allerdings nicht so.
Kosten und Umweltbelastung haben nichts mit der digitalen Welt zu tun, aber sehr viel mit der realen, in der reale Menschen leben. Beim Auto wird nicht gespart, wenn es um Instandhaltung geht. Bei Fassaden sehr wohl. Höhere Preise durch bessere Profile, optimiertes Glas, etc. werden sofort auf die Miete umgerechnet. Ist man dadurch noch wettbewerbsfähig? Ich kenne ein Bankgebäude in Rotterdam, das nach dem Verkauf saniert werden musste. Die Kosten überstiegen um 10 Prozent die ursprünglichen Baukosten, und das kaum fünf Jahre nach Fertigstellung. Sie denken, dass das eine Ausnahme ist? Leider muss ich Sie enttäuschen, willkommen in der realen Welt.
Ihr Paul Bastianen p.bastianen@planet.nl | Mobil (+31) 6 43 88 87 28
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