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Nicht wieder in dieselbe Falle tappen

Zwischen 1997 und heute betrug der Anstieg des Isolierglasabsatzes über 123 Mio. m2 auf heute fast 200 Mio. m2 pro Jahr. Das ist eine Steigerung von 65 %. Dieser Anstieg ist hauptsächlich den Märkten in Osteuropa zu verdanken – die westeuropäischen Länder haben ihr Niveau in etwa gehalten. Momentan sieht man in Deutschland den Trend hin zu 3-fach-ISO mit ­U-Werten von 0,5–0,7 W/m2K. Damit steigt die Nachfrage nach Floatglas und Low-E beschichtetem Glas stark an. Gleichzeitig führt 3-fach-ISO bei den Verarbeitern zu Produktionsengpässen, da 3-fach-ISO mehr Zeit in der Herstellung braucht, als herkömmliche 2-fach-Gläser. Ein ähnliches Phänomen gab es bereits in den 90er Jahren: Mit der Wiedervereinigung wurden Isoliergläser in Ostdeutschland stark nachgefragt und eine Produktionskapazität um die 40 Mio. m2 aufgebaut. Preisverfall und hohe Rückbaukosten ­ waren die Folge, als man sich wieder dem normalen Bedarf annäherte.

Liebe Isolierglashersteller, passt auf, dass Ihr in der Euphorie um 3-fach-ISO nicht in dieselbe Falle tappt wie damals. Erhöht nicht die Kapazitäten, ohne einschätzen zu können, wie sich der Trend entwickelt und welches Volumen man mittelfristig erwarten kann.

Die Bauregelliste und EnEV verlangen heute Scheiben mit 1,1er U-Wert, um den nötigen Gesamt-U-Wert für Fenster zu erreichen. Werden die Anforderungen weiter verschärft, geht es ohne 3-fach-ISO nicht mehr. Das Glas trägt heute die Hauptlast in Sachen Wärmedämmung. Wenn die Fensterhersteller ihre PVC-, Holz- oder Aluprofile entsprechend weiter verbessern, könnte dies 3-fach-ISO wieder etwas mehr in Frage stellen. Denn wir kennen ja dessen Nachteile: Allem voran das hohe Gewicht sowie die dickeren Glasaufbauten. Diese verlangen Fensterprofile mit größeren Einbautiefen. Wird also 3-fach-ISO verwendet, müssen die Profil- und Fensterhersteller ihre Produkte entsprechend anpassen. Auch aus bauphysikalischen Gründen kann man nicht ohne weiteres von 2-fach- auf 3-fach-ISO umsteigen: Der U-Wert der Gläser und der Rahmenmaterialien muss im ausgewogenen Verhältnis stehen. Bei extremen Temperaturen im Winter kann sonst die Temperaturdifferenz zwischen hochgedämmten Gläsern und deutlich kälteren Rahmen zu Unbehaglichkeit sowie zur ungünstigen Verschiebung des Isothermenverlaufs führen (Stichwort tiefer Glaseinstand). Um solchen Problemen vorzubeugen, sollten Glasindustrie und Profil- und Fensterhersteller in Zukunft enger zusammenzuarbeiten, um Produkte gemeinsam zu entwickeln.

Wir sollten aus der Vergangenheit zwei Dinge lernen: Nicht wieder zu hohe Kapazität aufzubauen, die wir langfristig nicht brauchen und zudem – und das gilt für die Glas- und die Fensterbranche – müssen wir darauf achten, adäquate Preise für hochentwickelte Glas- und Fensterprodukte einzufordern.

Ihr Paul Bastianen p.bastianen@planet.nl | Mobil (+31) 6 43 88 87 28

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