Schön und gut: Die glastechnischen Anforderungen, die sich aus der EnEV ergeben, müssen erfüllt werden. Dabei ist der Werte-Wettbewerb in vollem Gang. Ug- und g-Werte werden haargenau verglichen und sämtliche Mitstreiter im Markt wetteifern hierbei um das letzte Zehntel. Aber worum geht es hier eigentlich wirklich? Sicherlich gibt es Objekte, wo genau dieses eine Zehntel auftragsentscheidend sein kann. Jedoch ist dies nicht das Tagesgeschäft der Glas- und Fensterbranche. Schlimm ist vor allem, dass die gesamte Branche auf den Zug des Werte-Wettbewerbs aufgesprungen ist, doch niemandem scheint dabei aufzufallen, dass der Zug in die falsche Richtung fährt. Warum? Trotz U-Wert-Olympiade wird kein Quadratmeter Glas mehr verkauft, der Kunde jedoch wird völlig links liegen gelassen!
Es heißt doch so schön: „Der Kunde ist König“, deshalb sollten wir ihn auch wieder in den Mittelpunkt rücken und nicht nur die Erfüllung der technischen Regeln. Denn was das Nutzerverhalten der Bauherren betrifft, so kümmert sich die Branche derzeit absolut zu wenig oder gar nicht darum.
Die gezielte Beratung von Bauherren mit durchschnittlichem bis hohem Anspruch zeigt ein klares Bild: Sie wünschen sich
- mehr Tageslicht, um auch bei bedecktem Himmel ohne künstliches Licht auszukommen;
- die Sonne zu nutzen, ohne dass die Temperaturen im Innenraum zu schnell in die Höhe „schießen“;
- den Blick in den Garten und das Bild der vorbeiziehenden Wolken.
Alles in allem möchten die Bauherren ein angenehmes Wohlfühlklima und unmittelbaren Kontakt zur Außenwelt. Während die Fensterflächen mit der EnEV 2009 und dem Werte-Wettbewerb immer kleiner werden, fordert der Bauherr genau das Gegenteil: Sein Anliegen ist es, sich nach außen zu öffnen. Er möchte möglichst große Fensterflächen – anstatt sich hinter kleinen Schießscharten zu verstecken. Das ist genau der Punkt, an dem unsere Branche ansetzen muss. Wir sollten den Kunden geben, was sie fordern. So erreichen wir bessere Margen durch höhere Quadratmeterflächen und sind zufrieden! Also, wenn die Verkäufer der Fenster- und Glasbranche schon Schwierigkeiten haben, dem Kunden einen Zusatznutzen zu verkaufen, dann sollten sie ihn doch wenigstens darüber aufklären, dass sich durch größere Fenster energetische Gewinne und ein besseres Wohn- und Lebensgefühl erzielen lassen!
Ihr Hermann Schüller h.schueller@semcoglas.de
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