Seit über zehn Jahren bewährt sich die niederländische Organisation für Flachglas-Recycling. Landesweit gibt es dazu ein Netz von über 250 Flachglas-Sammelstellen für Bruchglas (z.B. aus ausgebauten Fenstern). Die Organisation sammelt im Jahr rund 80000 t Glas und führt sie der Wiederverwertung zu. Um dies zu finanzieren wird auf neu produziertes Glas eine Müllentsorgungsgebühr von 50 Cent/m2 erhoben. Zur besseren Verwertung hat sich zudem eine große Firma darauf spezialisiert, bei Verbundscheiben das Glas von der PVB-Folie zu trennen.
Warum gibt es in Deutschland noch immer kein vergleichbares Flachglas-Recycling wie in den Niederlanden? Das verstehe ich nicht. Ihr seid doch sonst auf vielen Gebieten der Nachhaltigkeit führend. Bei Bruchglas handelt es sich doch um einen wertvollen Rohstoff.
Die Solarbranche hat sich in Hinblick auf das Entsorgen von Photovoltaik-Modulen europaweit viel besser organisiert. Mittlerweile können Verarbeiter und Monteure gebrochene Module an 450 Sammelpunkten in verschiedenen Ländern abliefern und entsorgen.
Nach Auskunft der Recyclinghöfe lassen sich alle Materialien entsprechend trennen und komplett wiederverwenden. Warum greifen Glas- und Fensterbranche dieses Vorbild nicht auf?
Neben dem Recycling sollte sich die Glasbranche auch in Sachen CO2 besser positionieren. Gerade vor dem Hintergrund der immer wichtigeren Zertifizierungen wie DGNB, Leead, Breeam. Erste Schritte sind getan: Saint-Gobain Glass hat als weltweit erster Glashersteller eine umfassende Lebenszyklusanalyse (LCA) seiner Produkte in Bezug auf Rohstoff- und Energieverbrauch durchgeführt. Und AGC verfügt jetzt über eine Cradle-to-Cradle (C2C) Nachhaltigkeits-Zertifizierung. Die Idee hinter beidem ist es, umweltverträglich in Bezug auf Energie- und Rohstoffverbrauch zu produzieren und dies weiter zu optimieren. Obwohl die Glasindustrie aufgrund des Schmelz-prozesses viel Energie verbraucht, steht Glas in der Umweltbilanz gut da, laut Zahlen von AGC: So fallen bei der Herstellung von 2-fach-Isolierglas 21,7 kg CO2/m2 an und bei 3-fach-ISO 32,8 kg CO2/m2. Das ist nicht viel und zudem spart ISO über seinen Lebenszyklus wieder CO2 ein. Dazu ein Vergleich: Bei 2-fach-ISO mit LowE-Beschichtung fallen 22 kg CO2 an. Mit dem Glas lassen sich aber 91 kg CO2 pro Jahr einsparen. Das ist eine Amortisation in vier Monaten (bei einer Lebensdauererwartung bei ISO von über 35 Jahren). Diese Zahlen unterstreichen die Nachhaltigkeit. Es wird Zeit, dass wir dies auch den Konsumenten sagen. Ein Eco-Label für Glas, das die Energieeffizienz belegt, könnte dem Verbraucher zeigen, was für ein nachhaltiger Werkstoff Glas ist.
Paul Bastianen
Als gelernter Bauingenieur ist Bastianen seit 1981 in der Glasbranche tätig. Der Niederländer füllt im Wechsel mit anderen Branchenkennern diese Gastkolumne. Sein Fokus zielt auf die europäische und internationale Glasbranche.
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