Zeiten ändern sich, so auch die Ansprüche, die heute ein Handwerksunternehmen an seine Interessensvertretung, sprich seinen Verband stellt. In § 54 der HwO sind die Aufgaben der Handwerksinnung aufgeführt. Schnell wird man feststellen, dass sich dort in den letzten 50 Jahren inhaltlich nichts geändert hat. Grundsätzlich stelle ich die Inhalte nicht in Frage. Dennoch ist es aber an der Zeit darüber nachzudenken, ob sich damit heute noch neue Mitglieder für die Innungsgemeinschaft begeistern lassen. Meines Erachtens ist das so nicht mehr der Fall.
Ich meine, die Bereitschaft Mitglied in einem Verband zu werden oder dort zu verbleiben hängt davon ab, welche Leistungen ihm angeboten werden und welchen Nutzen der Handwerker und sein Betrieb daraus ziehen. Für die Attraktivität einer Interessenvertretung spielen die Organisationsgröße, sowie deren finanzielle und fachliche Kompetenz eine entscheidende Rolle. Diese Aussage machte Rechtsanwalt Schwanecke ZDH auf einer außerordentlichen Sitzung des BIV im September 2002 in Kassel. Zentrales Thema war dort die Reform im Glaserhandwerk.
Alle Beteiligten einigten sich darauf, ernsthaft zu prüfen, inwieweit und in welcher Form hier Veränderungen vorgenommen werden können, um den Verband im Glaserhanderk und bei seinen Mitgliedern attraktiver zu machen. Das ist bald 12 Jahre her. Und was hat sich geändert? Nichts! Außer Lippenbekenntnissen wurden von Verbandsseite keine weiteren Anstrengungen unternommen.
Warum hat sich nichts geändert? Hat sich der BIV zu sehr mit anderen Themen befasst und vergisst darüber die Bedürfnisse seiner Mitglieder? Ohne den Kontakt zur Basis geht es aber nicht. Und das bedeutet: Fachkompetenz zeigen und Vertrauen aufbauen. Die Mitglieder müssen ernst genommen und in ihrer täglichen Arbeit auf verschiedenen Ebenen unterstützt werden. Es reicht eben nicht, sie nur als Beitragszahler zu führen.
Die Anforderungen, die heute an ein Handwerksunternehmen gestellt werden, haben sich zu früher stark verändert. Der Werkstoff Glas hat sich zum Hightech-Produkt weiterentwickelt. Glasprodukte müssen heute einer Vielzahl an Verordnungen, Normen und Richtlinien gerecht werden. Dazu kommen für die Betriebe noch Auflagen der BG und zur Arbeitssicherheit sowie der SOKA Bau. Weiter drückt der Schuh bei Fragen zur Fachkräftesicherung und Nachwuchsarbeit etc. pp. Zu all diesen Anforderungen erwarten die Mitglieder entsprechende Antworten und Unterstützung.
Oft wird von Verbandsseite über Mitgliederschwund geklagt. Die Antwort ist einfach: Wer sich zu den genannten Aufgaben bekennt und bereit ist, sich organisatorisch so zu positionieren, dass er den Anforderungen gerecht wird, braucht sich um seinen Mitgliedsbestand keine Sorgen machen. Ganz im Gegenteil, eine solche Interessenvertretung wird in der Öffentlichkeit als innovativer Verband wahrgenommen.