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Der Kommentar

Nutzen aus der Krise ziehen

In der letzten Zeit wird es Ihnen ebenso wie mir ergangen sein: Sobald man Fernseher oder Radio einschaltet, hört man schlechte Euro-Nachrichten, insbesondere über die Währungskrise und Griechenland und wie Frau Merkel und Herr Sarkozy jedes Mal mit anderen Finanzierungsvorschlägen als Lösung kommen. Das ist einfach, wenn man über endlose Geldquellen verfügt, nämlich die europäischen Steuerzahler. Demgegenüber muss sich die Glas- und Fensterindustrie aus eigener Kraft durchschlagen, wenn es einmal kriselt, um heute und morgen ihren Broterwerb zu verdienen.

Krisen wie die Energiekrise der 1970er und die zunehmende Umweltverschmutzung in den 1980er Jahren haben weltweit einschneidende Veränderungen mit sich gebracht. In den 80er Jahren haben wir angefangen, mehr und mehr über die Umwelt nachzudenken, sodass der Umweltschutz heute im Denken von Verbrauchern und Anbietern fest verankert ist. Das gleiche gilt für saubere, nachhaltige Energien. Solar und PV treiben die Glasindustrie mit Zuwächsen voran, von denen in den 80ern niemand zu träumen wagte.

Die Verbraucher sind aus der jüngsten Finanzkrise ebenfalls klug geworden: Viele haben anstatt in Aktien ins eigene Haus und in umweltfreundliche sowie in nachhaltige und energieeffiziente ­ Produkte investiert. In Anbetracht der hohen Energiepreise lässt sich somit gut investieren.

Angesichts der Energiepreisentwicklung war auch die Politik nicht untätig, und so ist die Idee von Null-Energiehäusern entstanden, die bis 2020 zum Standard bei Neubauten werden sollen.

An sich ein guter Gedanke. Wie sich das wirtschaftlich in die Praxis umsetzen lassen soll, weiß allerdings noch niemand.

Die baulichen Anforderungen an Gläser sowie an die Leistungsfähigkeit von Fenster und Fassaden sind heute bereits sehr hoch. Doch der weitere Sprung hin zum Null-Energiehaus ist gewaltig und wird von den Herstellern einiges abverlangen.

Aber Sie kennen auch das Sprichwort „Man wächst mit seinen Aufgaben“ und ich wünsche mir, dass dies insbesondere auch für unsere tendenziell konservative Branche gilt.

Wenn Veränderungen kommen, wird von Seiten der Industrie und des Handwerks (fast schon traditionell) erst einmal geklagt. Zu kompliziert, geht nicht, zu aufwendig, zu teuer etc. pp. Hier braucht es die Mutigen, die die ersten Schritte wagen und etwas Neues ausprobieren, auch auf die Gefahr hin zu scheitern.

Aber es besteht auch die Chance, als Branchenprimus dazustehen und gute Margen mit neuen Produkten einzufahren. Ich hoffe, Sie gehören dazu, um die Anforderungen von Morgen umzusetzen, und damit aus der Krise zu profitieren.

Paul Bastianen

Als gelernter Bauingenieur ist Bastianen seit 1981 in der Glasbranche ­tätig. Der ­Niederländer füllt im Wechsel mit anderen Branchen­kennern diese Gast­kolumne. Sein Fokus zielt auf die ­europäische und internationale Glasbranche.

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