Die Insolvenz des Online-Markisenhändlers Exclusiv Home spiegelt gerade aktuell bei unseren Mitgliedern deutlich wider, was auch im Duotorial der letzten GLASWELT angesprochen worden ist. Schon seit 2007 sind die Probleme mit den im Internet gekauften Markisen beim Bundesverband immer wieder ein Thema, und werden seitdem von unseren Mitgliedern an uns herangetragen. Regelmäßig werden Fachbetriebe unter fadenscheinigen Begründungen wie z.B. „die Markise haben wir zum Hochzeitstag geschenkt bekommen“ angerufen und sollen nun die Montage ausführen. Natürlich stellt sich an dieser Stelle die Frage nach den Nebenwirkungen und Risiken, wenn eine solche Montage vom Fachbetrieb durchgeführt wird. Wir raten unseren Mitgliedern aus Gewährleistungsgründen von einer Montageleistung ab.
Fachbetriebe arbeiten in der Regel mit vertrauenswürdigen Herstellern, die qualitativ hochwertige Produkte liefern. Mit Windwiderstandsklasse, mit CE-Zeichen und mit Ersatzteilgarantie (auch nach vielen Jahren). Vor allem aber stehen sie ihren Kunden schon vor dem Verkauf vor Ort für eine Beratung zur Verfügung.
Das fängt bei der Wahl der richtigen Markise und der fachgerechten Anbringung mit richtiger Breite und Ausfall an, und hört beim „Look and Feel“ auf. Dazu gibt es viele Möglichkeiten, sich in ganz Deutschland die Markise bei den Fachhändlern in der Nähe anzuschauen. Eine Möglichkeit, die im Internet, wenn überhaupt, nur regional am Sitz des Internethändlers besteht. Bei der Bestellung einer Markise im Internet ist diese durchgehende Betreuung gleich an mehreren Stellen lückenhaft. Das fängt bei der Auswahl an, denn gefertigt wird die Markise je nach Preis mal hier, mal dort. Der Transport nach Deutschland erfolgt erst, wenn der Versandhändler ein gewisses Kontingent, z.B. einen Container füllen kann. Dadurch schwankt die Lieferzeit extrem, wohl dem der das Glück hat, kurz vor Erreichen der Transportgröße zu bestellen.
Kritisiert werden muss ganz deutlich die bei den meisten Internetanbietern dargestellte Form von Listenpreisen und die vermeintlichen Preisnachlässe von bis zu 60 %. Sieht man jetzt in den Foren und Bewertungsportalen Kaufpreise für Markisen von 2500 bis 3000 Euro auftauchen, die meist per Vorkasse geleistet wurden, so sind die Preise im Internet und die Fachhändlerpreise vor Ort eigentlich gar nicht so weit auseinander. Man darf natürlich nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.
Apropos Vorkasse, hier sieht man deutlich das Risiko des möglichen Totalausfalls wie bei der Insolvenz von Exclusive Home. Beim Fachhändler besteht dieses Risiko nicht, denn der Kunde zahlt in der Regel erst nach Erhalt der Ware und Abnahme der Leistung. Auch der Service danach, wenn z.B. wenn die Neigung nachgestellt werden muss, findet im Internet in der Regel nicht statt.
Bedauerlich zu sehen ist für mich aber vor allem, dass jetzt die Verbraucher ihre Unzufriedenheit an vielen Fachhändlern auslassen, die für einen „Ersatz“-Service der Ersatzteillieferung nicht zur Verfügung stehen wollen bzw. können.
Die Jagd nach dem Schnäppchen lässt leider zu oft vergessen, dass die günstigen Preise nur mit einer Senkung der Leistung und des Services in Einklang zu bringen sind.
Fazit: Bei Produkten wie der Markise kann das Internet die Beratung vor Ort nicht ersetzen. Sicher wird sich der Kunde auch zukünftig vermehrt im Internet kundig machen und eine Vorauswahl treffen. Er sollte aber danach die Dienste eines seriösen Fachbetriebes in Anspruch nehmen. Natürlich müssen sich auch die Fachhändler dem Internet stellen, und ihr Informationsangebot stellenweise deutlich verbessern bzw. anpassen. Sonst sind sie schon sonntagnachmittags bei der Vorauswahl der Kunden auf dem iPad aus der Entscheidungsfindung raus.
Georg Nüssgens
Georg Nüssgens ist Präsident des Bundesverbandes Rollladen + Sonnenschutz e.V. und Geschäftsführer des Aachener Traditionsunternehmens Rolladen Kutsch GmbH. Als Dipl. Mathematiker sowie Rollladen- und Jalousiebau-Meister besitzt er ein breites und fundiertes Branchenwissen.
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