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Der Kommentar

Hoffen auf den heißen Herbst

Mit Glas lässt sich momentan kein Geld verdienen, heute bewegen wir uns auf dem Preisniveau von 1963: Die laufenden Kosten stehen bei vielen Floatherstellern in keinem Verhältnis zu den Gewinnen. Große Floatwannen werden in Europa stillgelegt oder auf Stand-by gestellt. Das gab es noch nie.

Der Grund: es gibt Rückgänge im Automobilglassegment und – mit Ausnahme von Deutschland – steht es um die europäische Baukonjunktur nicht rosig. Gerade in den südeuropäischen Ländern sieht es in Sachen Bauinvestitionen düster aus. Und durch reduzierte Förderung bricht auch der Solarmarkt weg – den Politikern sei Dank. Ihnen ist es (mit) zu verdanken, dass die Baukonjunktur so miserabel läuft. Den Banken wird geholfen, der europäischen Baubranche nicht.

Und die Glasindustrie kann momentan froh sein, dass sie noch vom Energiezuschlag profitiert. Denn in den letzten Monaten sind die Ölpreise um mehr als 30 Prozent gesunken und der Trend hält an.

Da momentan der Energiezuschlag bei Float höher ist als der Glaspreis selbst, wird das die Floathersteller veranlassen die Preise zu heben (denn der Zuschlag ist an den Ölpreis gekoppelt).

Aber das Anheben kann nicht so hoch sein, dass es den Wegfall wettmachen könnte.

Als es in 1970er Jahren mit dem Isolierglas losging, lagen die Deckungsbeiträge der ISO-Hersteller bei 70 Prozent. Da ging es der Branche gut. Heute müsste der Deckungsbeitrag wegen der effektiveren Produktion rund 50 Prozent betragen. Aufgrund des harten Wettbewerbs liegt er bei weniger als der Hälfte. Denn die Veredler geben die aktuell geringen Grundpreise für Float direkt in der Kette weiter, ebenso der Fensterbauer und keiner verdient mehr am Glas.

Selbst die steigende Mengennachfrage beim Float durch 3-fach-Isolierglas (in Deutschland weit über 40 % Marktanteil) wird wohl bald nachlassen. Der Trend geht hin zu ISO-Einheiten aus dünnem ESG. Zudem erlaubt es die neue ­Anlagentechnik, 2 mm Scheiben mit einem geringeren Energieaufwand von 14,2 kWh/m2 statt 25 kWh/m2 für 4 mm Glas zu fertigen. Damit haben die ISO-Hersteller die Chance wieder besser zu verdienen.

Aber ehrlich gesagt rechne ich nicht damit. Die letzten Jahre zeigen, dass die ISO-Produzenten aufgrund des Wettbewerbs ihre Marge wahrscheinlich wieder in den Markt abgeben werden. Und dann bleiben zwei Verlierer: Die ISO-Anbieter und die Float-Hersteller. Beide Gruppen können in Sachen Baukonjunktur nur auf einen heißen Herbst hoffen, in der vagen Erwartung, dass die steigende Nachfrage die Preise wieder deutlich anziehen lässt. Hoffen wir mit ihnen.

Paul Bastianen

Als gelernter Bauingenieur ist Bastianen seit 1981 in der Glasbranche ­tätig. Der ­Niederländer füllt im Wechsel mit anderen Branchen­kennern diese Gast­kolumne. Sein Fokus zielt auf die ­europäische und internationale Glasbranche.

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