Auch bei Werkverträgen größeren Umfangs ist der Handwerker zur Vorleistung verpflichtet. Das bedeutet für ihn nicht selten ein hohes Risiko. Seit dem Jahr 2000 gibt es gesetzliche Vorschriften, die dem Handwerker das Recht einräumen, Abschläge zu verlangen, auch wenn keine vertragliche Abrede dazu vorliegt. Diese Regelung wurde zuletzt mittels des Forderungssicherungsgesetzes (FoSiG) mit Wirkung ab 2009 deutlich erweitert. Die jüngste Neufassung des § 632a BGB bringt weitere Vereinfachungen in Bezug auf die Abschlagszahlung. „Die Regeln bzw. Voraussetzungen, die für Abschlagszahlungen gelten bzw. erfüllt sein müssen, sollte man kennen und beachten“, so Bernd Drumann, Geschäftsführer der Bremer Inkasso GmbH.
Im Nachfolgenden beantwortet er die häufigsten Fragen zum Thema:
Sollten Abschlagszahlungen im Vertrag berücksichtigt werden?
„In der Neufassung (s. o.) des § 632a BGB heißt es in Abs. 1 Satz 1 jetzt: ‚Der Unternehmer kann von dem Besteller eine Abschlagszahlung in Höhe des Wertes der von ihm erbrachten und nach dem Vertrag geschuldeten Leistungen verlangen.‘ Streng genommen müssen Abschlagzahlungen also nicht extra vertraglich geregelt werden, da sie bereits gesetzlich vorgesehen sind. Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass es für beide Vertragspartner besser ist, genau zu vereinbaren, wann eine Abschlagszahlung in welcher Höhe gezahlt werden soll, wenn z. B. erforderliche Stoffe angeliefert wurden. Es hilft sowohl dem Auftraggeber als auch dem Auftragnehmer bei der Finanzplanung und beugt Missverständnissen und ‚Gedächtnisverlust‘ vor.“
Abschlagszahlungen können also auch verlangt werden, wenn sie vertraglich nicht vereinbart waren?
„Ja, das können sie, sofern die Bedingungen dafür erfüllt sind und der Vertrag nicht umgekehrt Abschlagszahlungen explizit ausschließt oder einschränkt.“
In welcher Höhe und wofür können Abschlagszahlungen verlangt werden?
„Auch wenn das Verlangen von Abschlagszahlungen ein Recht des Auftragnehmers ist, kann deshalb noch lange nicht jede x-beliebige Summe gefordert werden. Aus dem bereits zitierten Gesetzestext geht hervor, dass ‚eine Abschlagszahlung in Höhe der vom Auftragnehmer erbrachten und auch vertraglich so vereinbarten Leistung‘ gefordert werden darf. Dies stellt eine erhebliche Vereinfachung der bis dahin gültigen Regelung dar, da es nicht mehr auf einen (vom Auftragnehmer nachzuweisenden) Wertzuwachs beim Auftraggeber ankommt – ein sehr unbestimmtes Kriterium, über das leicht Streit entstehen kann. Jetzt gilt die im Vertrag bestimmte Wertfestsetzung der Leistung. Die erbrachte Leistung muss aber weiterhin in einer Aufstellung nachgewiesen werden, und zwar so, dass sie für den Auftraggeber schnell und sicher zu beurteilen ist.
Abschlagszahlungen dürfen gemäß § 632a Abs. 1 Satz 6 BGB auch gefordert werden ‚[…] für erforderliche Stoffe oder Bauteile, die angeliefert oder eigens angefertigt und bereitgestellt sind, wenn dem Besteller nach seiner Wahl Eigentum an den Stoffen oder Bauteilen übertragen oder entsprechende Sicherheit hierfür geleistet wird‘. Eigentum wird einem Auftraggeber z. B. an einem Bauteil in der Regel spätestens dann übertragen, wenn dies in ‚seinem‘ Werk verbaut wurde, und eine geleistete Sicherheit kann z. B. eine Bankbürgschaft sein.
Einige Besonderheiten gelten nach § 650m BGB für den Verbrauchervertrag – insbesondere werden die Abschläge hier auf 90% der Gesamtvergütung begrenzt und muss der Auftragnehmer dem Auftraggeber im Gegenzug eine Sicherheit für die ordnungsgemäße Herstellung des Werks leisten (z. B. durch die bereits genannte Bankbürgschaft oder auch durch eine Kürzung der verlangten Abschläge.)“
Muss der Auftraggeber eine Abschlagsrechnung auch dann zahlen, wenn die bisher ausgeführte Leistung Mängel aufweist?
„Das Wort „Mängel“ ist in der Neufassung des § 632a BGB nicht mehr zu finden. Vielmehr heißt es nun in § 632a Abs. 1 Satz 2 BGB: ‚Sind die erbrachten Leistungen nicht vertragsgemäß, kann der Besteller die Zahlung eines angemessenen Teils des Abschlags verweigern.‘ Der Auftraggeber kann also nach Fälligkeit der Abschlagsrechnung einen angemessenen Teil des Abschlags (aber nur den) zurückbehalten, bis die vertraglich vereinbarte Leistung ordnungsgemäß erbracht wurde, wobei die Beweislast hierfür (bis zur Abnahme) beim Unternehmer liegt. Fällig ist eine Abschlagsrechnung normalerweise sofort, sobald diese samt einer Aufstellung über die erbrachten Leistungen (für die der Abschlag zu zahlen ist) den Auftraggeber erreicht.
Nach wie vor wird gemäß § 641 Abs. 3 BGB das Doppelte der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten in der Regel als angemessen angesehen.“
Muss der Auftraggeber die Leistung, für die die Abschlagszahlung verlangt wird, zuvor abnehmen?
„Nein! Eine Abnahme einer Teilleistung ist nicht erforderlich. Nach § 640 BGB hat der Handwerker sogar keinen gesetzlichen Anspruch auf die Abnahme einer in Teilen erbrachten Leistung. Für das Recht auf eine Abnahme muss das Werk abnahmefähig und reif sein. Von einer Teilleistung ist nicht wirklich darauf zu schließen, ob das Werk letztendlich in seiner Gänze vertragsgemäß fertiggestellt werden wird. Nur auf die Abnahme eines ‚vertragsmäßig hergestellten Werkes‘ hat der Handwerker ein Recht bzw. nur dann ist der Auftraggeber zur Abnahme verpflichtet.
Gesetzlich geregelte Rechte und Pflichten sind das eine, das andere ist der tatsächliche Arbeitsalltag. Nach meiner Erfahrung kann es nie schaden, wenn beide, Auftragnehmer und Auftraggeber, miteinander im Gespräch bleiben und auch bereits schon hergestellte Teile des bestellten Werkes gemeinsam begutachten. Missverständnissen, Unstimmigkeiten und Einwänden kann man so vorbeugen.“
Was kann man tun, wenn trotz Mahnung die Abschlagsrechnungen nicht bezahlt werden?
„Hat ein Unternehmer die fällige Abschlagsrechnung angemahnt und der Auftraggeber zahlt trotzdem nicht, kann ich dem Auftragnehmer nur raten, sich umgehend an einen Rechtsanwalt oder ein Inkassounternehmen zu wenden. Diese sind stets mit der neusten Gesetzeslage sowie mit den möglichen Schritten zur Realisierung einer Forderung vertraut. Sollte der Auftraggeber trotz Beauftragung eines Rechtsdienstleisters dennoch nicht zahlen, sollte ihm, in Absprache mit dem Rechtsdienstleister, eine Kündigungsandrohung mit einer letzten Zahlungsfrist übermittelt werden. Dies ist für die Gültigkeit einer Schlussrechnungsstellung zwingend notwendig. Eine Kündigung führt zum Ende des Vertragsverhältnisses. Das bedeutet, dass nur die Leistungen abgerechnet werden dürfen, die bis zu diesem Zeitpunkt erbracht worden sind – sowie im Übrigen ggf. eine angemessene Entschädigung. Dies geschieht dann in Form der erwähnten Schlussrechnung.“
Ist eine offene Forderungen aus Abschlagsrechnungen noch durchsetzbar, obwohl eine Schlussrechnung erstellt ist?
„Generell geht die Schlussrechnung vor. Ist diese erstellt, können Ansprüche aus offenen Abschlagsrechnungen gerichtlich nicht mehr gesondert geltend gemacht werden; vielmehr ist darauf zu achten, dass die noch nicht vereinnahmten Beträge aus Abschlagsrechnungen von der Schlussrechnungssumme nicht abgezogen werden.“
Schutzmechanismen muss man nicht nutzen, sollte man aber!
„Die Abschlagszahlung kann sich durchaus als ein sehr gutes Mittel erweisen, sich vor Forderungsverlusten zu schützen. Daneben, und das sei hier noch einmal ausdrücklich erwähnt, sind gute individuelle Geschäftsbedingungen, auf deren Grundlage man alle Vertragsabschlüsse zur Erbringung von Lieferungen und Leistungen tätigen sollte, unbedingt anzuraten. Ein Rechtsdienstleister kann aber auch im Vorfeld schon zu Rate gezogen werden, denn manchmal ist kompetente, rechtzeitig eingeholte Unterstützung wesentlich günstiger als ‚orientierungslose‘ Selbstversuche.“
Weitere Infos unter www.bremer-inkasso.de