Superisolierglas – Was kommt nach dem Dreifach-ISO?
Autor: Wolfgang Böttcher ist im Technischen Marketing der Saint-Gobain Glass Deutschland GmbH tätig.
Bereits heute ist im Gespräch, dass das 3-fach-Isolierglas die traditionelle 2-fach-Verglasung spätestens 2012 ablösen wird. Es stellt sich die Frage nach den physikalischen Grenzen und Entwicklungsschritten einer weiteren Optimierung, wenn man die Gebrauchstauglichkeit und alle geforderten Eigenschaften an die Außenhülle eines Gebäudes berücksichtigt. Denn das Anforderungsprofil an eine Fassade ist ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Forderungen u.a. an die Lichtverhältnisse, den Wärmeschutz (Sommer und Winter), den Energiegewinn, den Lärmschutz und an Sicherheitsanforderungen sowie ein Zusammenwirken der Tragkonstruktionen mit den Verglasungselementen.
Der Wärmedurchgang durch eine Verglasungskonstruktion wird durch die Wärmeleitung und Konvektion des eingeschlossenen Mediums im Scheibenzwischenraum (SZR), der Emissivität der Glasoberflächen und den umgebenden Konvektionsanteilen beschrieben.
Die Ergebnisse sind bekannt und liegen für 2-Scheibenisolierglas mit einem Optimum für Ug bei 0,9 W/m²K und für 3-fach ISO bei 0,4 W/m²K. Aufgrund der heute erreichbaren fast idealen Emissivität von 0,01 und geeigneter Gase mit geringerer Wärmeleitung als Luft, ist man der physikalischen Grenze für diese Konstruktionsart sehr nahe. Da die Verglasung bei diesen Eigenschaften einen Kostenanteil von etwa 10 bis 20 % an den Gesamtkosten eines Fensters hat, kann man von einer wirtschaftlichen Lösung sprechen. Will man auf dem Weg zum Super-Isolierglas die Anzahl der Scheibenzwischenräume weiter erhöhen (4-fach ISO) oder mehrere Isoliergläser in einem mehrschaligen System adaptieren, führt dies zu einem wesentlich höheren Gewicht, höherer Gesamtglasdicke und einer Verringerung der Lichttransmission der Verglasung. Damit wird eine Rahmenkonstruktion deutlich aufwendiger. Bestrebungen hohes Gewicht durch Einsatz von beschichteten Kunststoffplatten oder Folien zu verringern, haben sich nicht durchgesetzt. Eine mögliche Verbesserung von ca. 0,1 W/m²K durch zusätzliche Scheibenzwischenräume scheint hier einem unverhältnismäßig hohem Aufwand gegenüberzustehen. Eine Sonderstellung haben mehrschalige Fassadenkonstruktionen. Ihr Vorteil liegt in der Integration von witterungsunabhängiger Lüftungs- und Beschattungsfunktion.
Spätestens hier ist die Frage nach der Lösung weiterer Funktionen des Glases zu beantworten. Lassen sich andere Glasarten wie VSG und ESG und Funktionsbeschichtungen im Glasaufbau ohne Verzicht auf Wärmedämmeigenschaften integrieren und diese funktionsgerecht in ein Rahmensystem einbinden? Dies kann für 2- und 3-fach-Isolierverglasungen uneingeschränkt bestätigt werden. Die Tendenz, Rahmenkonstruktionen in der Konstruktionstiefe (ca. 75 bis 90 mm) zu erhöhen, um Wärmeverluste über den Fensterrahmen (Uf-Wert)) zu verringern, lässt den problemlosen Einbau von Dreifach-Isolierglas mit unterschiedlichsten Funktionen zu.
Vakuum–Isolierglas
Für höherwertige Wärmeschutzverglasungen werden immer wieder Vakuumverglasungen mit diesen Vorteilen genannt:
- sehr gute Wärmedämmeigenschaften
- geringe Gesamtglasdicke und
- geringes Gewicht
Das kann man dadurch erreichen, dass der SZR, der bei herkömmlicher Technologie mit Argon- oder Kryptongas gefüllt ist, auf ca. 10-³ mbar evakuiert wird, was die Wärmeleitung weitgehend ausschließt. Unverändert bleibt der Strahlungsaustausch zwischen den beiden Glasflächen, die ebenfalls niedrig emitierende Low-E Schichten benötigen, um vergleichbare Werte zu erreichen.
Konstruktives Merkmal dieser Verglasung ist ein geringer SZR < 1 mm mit einem Hochvakuum, ein keramischer, oder Glas-Glasrandverbund und Abstandhalterpunkte im SZR, um eine Berührung der Scheibenflächen zu vermeiden. Die möglichen wärmetechnischen Eigenschaften können je nach Evakuierung, Anzahl und Emissivitäten der Beschichtungen mit ca. 0,2–1,2 W/m²K angenommen werden.
Bei diesen Eigenschaften sind geringe Gesamtdicken von unter 10 mm und ein Gewicht eines 2-fach Isolierglases überzeugende Argumente für eine vereinfachte Fensterkonstruktion. Vakuum-Isolierglas mit diesen Eigenschaften erfordert aber auch spezielle Fensterkonstruktionen, um den Nutzen der Technologie zu optimieren. Der Randverbund ist gut wärmeleitend und bedarf eines hohen Glaseinstandes, der den Bestrebungen nach schmalen Fensterprofilen widerspricht. Andererseits hat der Randverbund eine hohe Festigkeit, was sich für eine Adaptierung durch eine Klebeverbindung auf dem Fensterrahmen und auf die Lasteinleitung günstig darstellen kann. Die notwendigen Distanzpunkte im Scheibenzwischenraum, im engen Abstand über die gesamte Glasfläche verteilt, muss der Nutzer akzeptieren.
Die bisher auf dem Markt angebotenen Vakuumverglasungen liegen noch deutlich über Ug 1,0 W/m²K. Die Herstellung des Randverbundes stellt besondere Anforderungen an das Glas und die Low-E Schichten, sodass die theoretisch sehr guten Wärmedämmeigenschaften – vergleichbar einem 3-fach Isolierglas – heute in einem reproduzierbaren Produktionsprozess für die Fenster- und Fassadenanwendung noch nicht umgesetzt werden können. Es wurde bereits versucht, ein Vakuumisolierglas als Bestandteil eines konventionellen geklebten Isolierglassystems zu verwenden, mit (geringen) Gewichts- und Dickenvorteilen.
Forschung und Entwicklung haben aber noch einiges an Grundlagenarbeit zu leisten, um Vakuum-Isolierglas, auch wirtschaftlich, konkurrenzfähig zu machen. Für bestimmte Anwendungen können dann Kosten und Nutzen für Vakuumgläser in einem angemessenen Verhältnis stehen.
Ausblick
Nachdem heute die Marktanteile von 3-fach-ISO in Deutschland bei ca. 5 % liegen (Tendenz steigend), greift eine mögliche Antwort nach dem Super-Isolierglas der Marktrealität weit vor. In der Tat ist für geklebte Randverbundsysteme mit den genannten Randbedingungen das Machbare beim Wärmedurchgangskoeffizienten weitgehend erreicht und in einer breiten Funktionsvielfalt zu marktfähigen Preisen verfügbar. Vakuum-Isolierglas könnte noch die „letzten Zehntel“ im System Verglasung optimieren, mit dem wesentlichen Vorteil, Gewicht und Glasdicke zu reduzieren. Die produktionstechnische Machbarkeit ist aber noch nicht gegeben und bekanntlich bestimmt auch der Preis die Nachfrage. Insofern ist Innovationskraft gefordert. Für die Zukunft ist durchaus ein Wettbewerb zwischen den konkurrierenden Systemen zu erwarten.|
Vakuum-Dämmsysteme für den Fassadeneinsatz
Der Autor: Der Architekt Dr.-Ing. Jan Cremers ist Vorstand (CEO) der SolarNext AG, einem Unternehmen der Hightex Group.
Die Sicherstellung eines geeigneten Temperatur- und Feuchtigkeitsmilieus im Gebäudeinneren und der dazu notwendige Wärme- bzw. Kälteschutz gehören zu den Kernfunktionen der Gebäudehülle. Dies hat im Gebäudeinneren Energieströme zur Folge, die im Hinblick auf die Gebäudebestandssituation in der Summe einen erheblichen Energieressourcenverbrauch nach sich ziehen. Die letzten 30 Jahre waren zudem durch eine kontinuierliche Verschärfung der gesetzlichen Anforderungen an den baulichen Wärmeschutz geprägt. Bereits das heute erreichte Niveau sowie der nichtlineare Zusammenhang zwischen Dämmschichtstärke und Dämmvermögen führen zu einem gesteigerten Interesse an effektiveren Lösungen für den Wärmeschutz, die schlankere Konstruktionen und durch die geringeren Außenwandstärken Flächengewinne ermöglichen. Vakuum-Dämmsysteme, die derzeit zu den großen Innovationsfeldern im Baubereich gehören, erfahren daher zunehmende Aufmerksamkeit. Ihre Dämmwirkung übertrifft die konventioneller Dämmstoffe wie Polystyrol oder Mineralwolle um den Faktor 5 bis 8. Vakuum-Dämmsysteme sind aber hoch komplexe Systeme, deren Einsatz so manche Fehlerquelle bereithält.
Bisher werden im Baubereich aus der Gruppe der Vakuum-Dämmsysteme fast ausschließlich sogenannte Vacuum Insulation Panels (VIP) mit mikroporöser Kieselsäure als Kernmaterial und metallisierten Hochbarrierefolien als gasdichtem Hüllmaterial eingesetzt. Durch den Unterdruck im System (ca. 1-2 mbar) wird die ohnehin schon geringe Wärmeleitfähigkeit des Kernmaterials von ca. 0,020 W/mK bis auf ca. 0,004 W/mK bezogen auf die Systemmitte reduziert. Damit liegt sie sehr deutlich unter der konventioneller Dämmstoffe (z.B. ca. 0,035 W/mK für Polystyrolschaum). Mit diesen äußerst geringen Werten, die von den Herstellern gerne herausgestellt werden, darf aber keinesfalls gerechnet werden. Denn neben anderen sind stets auch Verluste über die Systemränder und konstruktiven Wärmebrücken sowie der alterungsbedingte Druckanstieg im System zu berücksichtigen. Erzielbare U-Werte werden vor allem durch Geometrie, Materialwahl und die Art der Randausbildung und -anschlüsse bestimmt.
Inzwischen gibt es Bemessungswerte für den Einsatz von VIP gemäß allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassungen, in denen die Wärmebrückenwirkung des VIP-Randbereichs und das Alterungsverhalten bereits berücksichtigt sind. Für das Produkt ‚Vacupor NT-B2‘ der Firma Porextherm/Kempten ist hier z.B. mit 0,011 W/mK zu rechnen (Zulassung Z-23.11-1662), für ein belüftetes VIP sind 0,020 W/mK anzusetzen.
Eigenschaften von Vacuum Insulation Panels:
- sehr hohes Wärmedämmvermögen bei minimaler Dicke
- statisch nur durch flächig aufgebrachten Druck belastbar
- nur in sehr engen Grenzen verformbar
- nicht penetrierbar (z.B. zu Befestigungszwecken)
Ihre sehr guten Wärmedämmeigenschaften bei geringer Aufbaustärke prädestinieren die Vacuum Insulation Panels als Einlage in Fassadenelementen bzw. in speziell abgestimmte Außenwandkonstruktionen. Werden die weichen Dämmsysteme nicht bereits vorgefertigt in ein Subsystem integriert, muss man sie einzeln vor Ort einbauen. Dies hat sich aber aufgrund der Empfindlichkeit der eingesetzten Hüllmaterialien als sehr problematisch erwiesen.
Integrierte Vakuum-Dämmsysteme
Solche Fassadenpaneele verfügen beidseitig über Deckschichten, die durch eine geeignete Randausbildung verbunden sind und die im Zwischenraum entweder einen evakuierbaren Dämmstoff oder ein ganzes Vakuum-Dämmsystem (VIP) aufnehmen. Sie weisen somit in wesentlichen Eigenschaften Analogien zu Isolierverglasungen auf. Als lichtundurchlässiges Paneelaußenmaterial sind neben Blech auch Keramik oder Holz denkbar. Als lichtdurchlässiges Außenmaterial wurde bisher nur Glas eingesetzt. Diese Paneele bilden schon seit langem einen allgemeinen Interessensschwerpunkt für den Einsatz von Vakuum-Dämmsystemen in Fassaden, da hier wichtige Einzelaspekte günstig zusammenfallen:
Die Systeme lassen sich mit geringem Aufwand in verfügbare Standardsysteme einbauen und zerstörungsfrei austauschen, da die resultierende Systemstärke (Einspanndicke) weitgehend der Stärke von handelsüblichen Isoliergläsern entspricht.
Aus gestalterischer Sicht ist von besonderer Bedeutung, dass im Gegensatz zu den herkömmlichen, deutlich dickeren Dämmpaneelen mit diesen schlanken VIP-Systemen eine flächenbündige Fortsetzung der Verglasung in der Fassade auch von innen möglich ist. Damit ergeben sich neue gestalterische und konstruktive Möglichkeiten.
Heute stehen für den fächenbündigen Fassadeneinsatz technisch ausgereifte Produkte zur Verfügung. Mit Systemstärken von etwa 32 mm lassen sich U-Werte von ca. 0,16 W/m²K in der Paneelmitte erzielen. Im Vergleich mit einer derzeit herausragenden Isolierverglasung (Ug-Wert ca. 0,65 W/m²K) bedeutet dies einen deutlich besseren Dämmwert. Für den Randverbund der Vakuumpaneele gibt es eine Reihe von Lösungen, die mit verhältnismäßig geringen Modifikationen adaptierbar sind, vor allem sogenannte „Warm-Edge-Systeme“.
Bei dieser Anwendungsform ist der U-Wert der Gesamtfassade stark von der Paneelgröße und damit vom anteiligen Verhältnis der Ränder (Randverbund Paneel und Pfosten-/Riegelkonstruktion) zu den Flächen abhängig. Da die Paneele im Werk gefertigt werden können und ab diesem Moment geschützt sind, wird ein weitgehender mechanischer Schutz der Vakuum-Dämmsysteme erreicht, der die Handhabung während der vollständigen Verarbeitungskette bis zum Einbau deutlich vereinfacht. Ein weiterer Vorteil liegt in der Gewichts- und Platzreduzierung der Paneele gegenüber konventionellen Dämmpaneelen. Das gilt nicht nur für den eingebauten Zustand und den damit verbundenen Grundflächengewinn, sondern in geringerem Maß auch für Transport und Montage. Durch die Verwendung von Standardformaten und frei gestaltbaren Oberflächen wird die Akzeptanz in der Branche hoch einzuschätzen sein.
Sandwichartige Konstruktionen
Es gibt zahlreiche Versuche, VIP als Dämmsystem in sandwichartigen Konstruktionen einzusetzen. In der Regel werden VIP dabei in eine den schubfesten Verbund herstellende Zwischenschicht aus geschäumtem Dämmstoff integriert. Als Deckschicht kommen vor allem Holzwerkstoffe, aber auch Metall und sogar Beton zum Einsatz. Für solche Anwendungen ist aber zu berücksichtigen, dass über VIP mit Folienhüllmaterialien keine Zug- und Schubspannungen übertragen werden dürfen. Insofern muss die eigentliche Sandwichwirkung über den verbleibenden (Schaumstoff-) Rand erzielt werden bzw. es muss durch die Deckschalenausbildung und die Einbausituation sichergestellt werden, dass keine schädigenden Spannungen auf das VIP einwirken können.
Ausblick
Eine flächendeckende Substitution konventioneller Dämmstoffe durch Vakuum-Dämmsysteme ist sicher nicht zu erwarten und auch kaum sinnvoll. Die neuen Hochleistungssysteme werden aber sicher ihren Platz finden in Bereichen, in denen aus dem Hauptmerkmal, maximaler Dämmwirkung bei minimaler Dicke, funktional, konstruktiv, wirtschaftlich oder ästhetisch ein Gewinn zu ziehen ist, der den deutlich höheren Investitionsaufwand rechtfertigt. Dies werden in vielen Fällen ausgesuchte Stellen in der Fassade sein und nur in Einzelfällen die gesamte Gebäudehülle, z.B. in Lagen mit extrem teurer Nutzfläche, deren maximale Ausnutzung sich i.d.R. an den Gebäudeaußenkanten bemisst. Neben Neubauten werden Sanierungsmaßnahmen Bedeutung erlangen, bei denen oft kein Platz für ausreichende Dämmmaßnahmen mit konventionellen Dämmstoffen besteht. Weitere Informationen zu Vacuum-Insulation-Panels unter http://www.vip-bau.de sowie http://www.vip-bau.ch. Von Dr. Jan Cremers erschien Ende 2006 ein Buch zu Vakuum-Dämmsystemen im Verlag Martin-Meidenbauer (München). |