_ Nichts überzeugt mehr als das Gegenüberstellen von Kosten- und Nutzenpotenzialen. Gerade die Informatisierung innerhalb der Produktion, aber auch entlang der restlichen Wertschöpfungskette, sollte sich irgendwann in Zahlen oder Wettbewerbsvorteilen (digitale Marktbarrieren) äußern. Dadurch wird die Notwendigkeit von durchgängigen Informationsnetzen für Management und Mitarbeiter greifbarer. Um diese besagten Wettbewerbsvorteile sichtbar zu machen, bedarf es allerdings einiger strategischer Analysen. Der Prozess lässt sich im Kern auf Planung, Organisation und Kontrolle reduzieren. Vor einer guten strategischen Planung steht jedoch immer eine umfangreiche Analyse des eigenen Unternehmens und der Umwelt.
Gerade ein klassisch produzierendes Gewerbe wie der Fensterbau steht vor tiefgreifenden ökonomischen, soziokulturellen und auch medialen Herausforderungen. Da Fenster und Türen aufgrund ihrer technisch-physikalischen Eigenschaften kaum offensichtliches Differenzierungspotenzial bieten und oftmals leicht substituierbar sind, muss die strategische Perspektive auf der Betrachtung und der Gegenüberstellung von externen Kräften und internen Ressourcen liegen. Darauf aufbauend ist der Fensterbauer in der Lage, strategische Wettbewerbsvorteile abzuleiten.
Welche Märkte entwickeln sich in der Zukunft?
Die Analyse der internen Ressourcen liegt dabei nicht nur auf Geschäftsfeld-Ebene (Fenster, Türen, etc.), sondern ist auch dafür gedacht, das Zukunftspotenzial zu betrachten. Ziel sollte die Beantwortung der Frage sein: „Welche Märkte entwickeln sich in der Zukunft und wie und warum sollten wir in diese eintreten“. Auf der Hand liegt der Ausbau des E-Commerce Fensterbau. Letztendlich ist eine Analyse strategischer interner Ressourcen nur dann sinnvoll, wenn man diese in Bezug auf Ressourcen seiner Konkurrenten beurteilen kann. Erst dann ist es möglich, Wettbewerbsvorteile abzuleiten.
Aber Ressourcen, die Potenziale haben Wettbewerbsvorteile zu schaffen, sind typischerweise nicht direkt greifbar. Voraussetzung für die Einbeziehung weiterer Ressourcen sind immer die finanziellen Möglichkeiten eines Fensterbauers (Cash-Flow, Kreditwürdigkeit). Darauf aufbauend können nun physische Ressourcen (Grundstücke, Gebäude, Hardware, Maschinen), Humankapital (Führungskräfte, Ingenieure, Meister), organisatorische (IT-Systeme) und technologische Ressourcen (Know-how, Markenstärke) betrachtet werden.
Erste Vermutungen legen nahe, dass im Fensterbau Potenziale im Marketingmanagement und den IT-Systemen liegen. Hier zeigt sich bereits der Ansatzpunkt von Industrie 4.0. Jedoch sollten diese Ressourcen nicht separat als globale Kategorien betrachtet werden, sondern eher wie diese in einer vernetzten Unternehmensumwelt miteinander agieren.
Es gilt, Wettbewerbsvorteile zu definieren
Dazu müssen Ressourcen und Potenziale einer Wertketten-Analyse unterzogen werden. Typischerweise existieren für produzierende Branchen wie den Fensterbau ähnliche Wertketten. Die strategische Herausforderung liegt nun darin, Unterschiede in diesen ressourcenbasierten Wertschöpfungsstufen zu Konkurrenten ausfindig zu machen und darauf aufbauend Wettbewerbsvorteile zu definieren (die Abbildung auf der linken Seite zeigt eine vereinfachte Wertkettenanalyse für einen Fensterbauer). Natürlich interessiert einen Geschäftsführer neben den Prozessen, an denen Wert erzeugt wird, auch wie viel diese Werterzeugung kostet. Dazu ist die Prozesskostenrechnung ein hilfreiches Tool, da hier die Kosten einzelner Wertschöpfungsprozesse betrachtet werden (Auftragsabwicklung, Arbeitsvorbereitung, Logistik). Es wird sich also von einer Kostenanalyse anhand bestimmter Produkte verabschiedet. Die Analyse hat prozessorientierten Charakter. Und vor diesem Hintergrund kommt die prozessübergreifende Vernetzung von Informationssystemen ins Spiel. Es wird sich schnell zeigen, dass enorme Kosten entstehen, wenn einzelne Wertschöpfungsprozesse nicht miteinander vernetzt sind.
Auf die Vernetzung kommt es an
Es zeichnet sich schon ab, was das Zauberwort einer modernen Ressourcenanalyse ist: „Prozess“. Gemeint sind damit sogenannte „System-Fähigkeiten“, welche über einzelne Wertschöpfungsaktivitäten hinausgehen.
In diesem Zusammenhang sind damit spezifisches Know-how, aber vor allem Steuerungs- und Koordinationskompetenzen (IT, Informationssysteme) gemeint. Es kommt nicht auf autarke Kompetenzen, wie beispielsweise besondere Kenntnisse des Produktionsleiters an, sondern auf die Vernetzung verschiedenster Fähigkeiten, welche einzigartig in diesem Unternehmen sind. Es sollten möglichst keine Koordinationskosten durch die Vernetzung von Kompetenzen entstehen. Damit ein Fensterbauer seine vorhandenen und verborgenen Unternehmensressourcen strategisch nutzen kann, sollte der Analyse-Fokus auf den Schritten liegen: Immaterielle Ressourcen, Wertkette und übergreifende Fähigkeiten.
Wer gehört zur Bundesliga der Fensterbauer?
Jedoch ist ein zentrales Problem dieser strategischen Analyse, dass es einem Fensterbauer niemals möglich sein wird, die Ressourcen aller Wettbewerber abschließend zu beurteilen. Vielmehr wird nur der Teil der Unternehmen durchleuchtet, welcher anhand der Kriterien Marktanteil, Wachstum und Profitabilität dafür in Frage kommt. Es gilt quasi die Bundesliga der Fensterbauer zu definieren. Dann ist es nötig, Leistungsdifferenzen zu erkunden und diese anhand der Ausgestaltung von Wertschöpfungsprozessen zu verstehen. Auf Grundlage dieser Analyse muss sich jeder Fensterbauer die Frage stellen:
Machen wir es besser oder machen wir es anders?
Diese Frage ist eine Prinzipielle und kann nicht vorab generalisiert werden. Ein Fensterbauer kann bestimmte Wertschöpfungsprozesse anders machen, aber in einigen Bereichen auch besser sein. Das Fundament dieser Entscheidung ist, ob andere Fensterbauer bestimmte Wertschöpfungsprozesse mit deren vorhandenen Ressourcen nicht erbringen können und nur das eigene Unternehmen dazu in der Lage ist. Zur Vereinfachung dieser komplexen Realität wurde das sogenannte VRIO-Konzept entwickelt. Jedoch sollte das VRIO-Konzept um das Item C („Connection“, siehe linke Seite) erweitert werden, da Kosten-, Marketing und vor allem Prozessvorteile nur dann entstehen, wenn man seine Ressourcen logisch im Unternehmens- und Kundenkontext verbinden kann. Denn nur wenn die Ressourcen im entsprechenden Kontext miteinander verknüpft sind, sind sie auch wertvoll.
Ressourcen müssen nur aufgedeckt werden
Die Identifikation solcher Potenziale ist meistens eine moderne Schatzsuche. Wertvolle Ressourcen müssen oft nicht neugebildet werden, sondern sind im Unternehmen bereits vorhanden, ohne dass sich der Fensterbauer dessen überhaupt bewusst ist. Aus diesem Grund ist auch der Punkt Organisation im modernen und automatisierten Fensterbau ein zentraler.
Das Entfalten und Ausbauen strategischer Ressourcen ist untrennbar mit dem Informationsmanagement über alle Prozesse verbunden. Ein integriertes Prozessmanagement kann durch verknüpfte Informationsprozesse bereits einen strategischen Wettbewerbsvorteil bedeuten. Zuallererst ist Industrie 4.0 immer ein kundenspezifisches Strategiekonzept.—
Die Autoren
Der Beitrag ist entnommen aus „Fenestration Business“ von der PrefCo GmbH (www.fenestration.business). Die Autoren sind Tom Winterstein, Teamleiter Marketing & Vertrieb und Ben Heinze. Wir setzen die Serie fort: In der nächsten Ausgabe zeigen die Autoren Wege aus dem Preisdilemma auf.