GLASWELT – Wie ist 2016 für Sie gelaufen, wie schätzen Sie das aktuelle Jahr ein?
Andreas Klein – Wir sind sehr zufrieden. 2016 war ein gutes Jahr und 2017 entwickelt sich außerordentlich positiv.
Hans-Werner Wehr – Wir haben hart an unserem Programm gearbeitet. Jetzt ist die Situation so, dass wir an den Standorten die jeweiligen Stärken noch weiter intensiviert haben. Beispielsweise kann Rotox seine Erfahrungen und Kompetenz beim Schweißen voll ausspielen. Federhenn hat dafür die Anlagenproduktion für das Schweißen und Verputzen aufgegeben und hier hat man den Fokus noch mehr auf die Bearbeitungszentren gelegt. Bei Automatisierungs- und Verteilanlagen sind wir gemeinsam aktiv.
Klein – Gleichzeitig haben wir den nationalen und internationalen Vertrieb zusammengeführt. In diesem Jahr können wir die ersten tollen Erfolge unseres Zusammenschlusses verbuchen.
GLASWELT – Das Thema Hollinger ist gar nicht mehr präsent?
Klein – Es gibt nach wie vor noch drei Hollinger-Produkte, die wir mit vermarkten. Hergestellt werden die Maschinen am Rotox-Standort in Weselberg bei Pirmasens.
GLASWELT – Wie haben sich die Mitarbeiterzahlen entwickelt?
Wehr – Bei Federhenn arbeiten nach wie vor ca. 100 Mitarbeiter.
Klein – Die Belegschaft beider Unternehmen ist komplett geblieben, weil wir ja auch das Know-how brauchen. Da wir mit weiterem Umsatzwachstum planen, brauchen wir sogar noch zusätzliches qualifiziertes Personal.
Wehr – Die Auslastung ist an allen Produktions- und Fertigungsstandorten sehr hoch, sodass wir Zulieferarbeiten verstärkt an regionale Betriebe vergeben.
Klein – Grundsätzlich legen wir aber viel Wert auf die hohe Eigenfertigungstiefe. Gerade weil wir sehr intensiv in der Entwicklung tätig sind. Auch wollen wir uns die Flexibilität erhalten, denn auch Zulieferer haben relativ lange Lieferzeiten und wir können es uns nicht erlauben, auf ein Bauteil 10 bis 12 Wochen warten zu müssen.
GLASWELT – Wie viel Mitarbeiter hat jetzt die ganze Firmengruppe? Wie viel Standorte gibt es?
Klein – Insgesamt beschäftigen wir rund 420 Mitarbeiter an sieben Standorten.
GLASWELT – Wie muss ich mir den Produktionsverbund der Gruppe vorstellen?
Klein – Wir haben in Deutschland mehrere Produktionsstandorte. In der Slowakei überarbeiten wir in unserem Werk Gebrauchtmaschinen und stellen Eigenfertigungsteile her. Polen ist mit über 80 Mitarbeitern der größte Auslandsstandort, den wir haben. Dort stellen wir Einzelteile sowie Schweißgestelle her und haben unter anderem die Blechbearbeitung dort angesiedelt.
GLASWELT – Rotox hat drei Geschäftsführer: Bernhard Eisenbach, Andreas Klein, Ralf Krämer. Wie teilen Sie sich die Aufgabenbereiche auf?
Klein – Bernhard Eisenbach ist der geschäftsführende Gesellschafter, Ralf Krämer ist zuständig für die Produktion und ich verantworte den Bereich Vertrieb und Marketing.
Wehr – An dieser Stelle möchte ich noch mal betonen, dass Rotox noch immer ein Familienunternehmen ist. Der Vater von Herr Eisenbach hat Rotox 1970 mit einem Partner gegründet. Seit 1986 ist Bernhard Eisenbach der Inhaber. 1988 habe ich dort angefangen und einige Jahre später ist Herr Klein von Federhenn zu Rotox gestoßen.
Klein – Die Unternehmen haben schon in den 1980er und 1990er Jahren intensiv zusammengearbeitet. Damals gab es mit Rotox, Hollinger und Federhenn eine Vertriebskooperation.
GLASWELT – Welche Märkte sind für Sie interessant und wo sehen Sie eine Investitionszurückhaltung?
Klein – In Deutschland wird nach wie vor investiert. Es geht hier aber weniger um Wachstum, sondern eher um Verdrängung. Deshalb wird hier viel im Thema Automatisierung und in die Logistik investiert und weniger in den Bereichen Schweißen oder Putzen. Wir betrachten den deutschen Markt übrigens als Impulsgeber für Innovationen.
Wehr – Die Rationalisierung und die Effizienzerhöhung ist hier mittlerweile verstanden worden. Das haben auch die kleineren Betriebe verstanden, dass man sich weiterentwickeln muss, wenn man im Wettbewerb bleiben will. Wir können die Firmen entsprechend unterstützen. Klar ist auch: Jede Halle ist anders, jeder Ablauf ist anders. Unsere Aufgabe ist es, mit dem Kunden gemeinsam Rationalisierungsideen auszuarbeiten.
Klein – Auch andere Länder sind sehr wichtig für uns. In Westeuropa sehen wir beispielsweise wieder eine Vorwärtsbewegung.
GLASWELT – Wie hoch ist Ihre Exportquote?
Klein – Der Export nimmt mittlerweile wieder stärker zu, sodass wir von einer Exportquote von über 70 Prozent sprechen. Wir lagen in früheren Jahren aber auch schon mal deutlich darüber.
GLASWELT – Das östliche Ausland macht Ihnen wahrscheinlich noch vor der Haustür Freude, aber dann jenseits der polnische Grenze nicht mehr?
Klein – So würde ich es auch formulieren. In Russland und der Ukraine funktioniert aktuell überwiegend der Gebrauchtmaschinenmarkt. Auch im Servicebereich sind wir dort mit hohem Anteil an Umrüstungen und Umstellungen aktiv. Aber in die andere Richtung, nach Amerika schauen wir gerne: In Nordamerika sind wir seit Jahren aktiv und erfolgreich, in Südamerika haben wir seit ein paar Jahren eine Tochtergesellschaft in Chile.
GLASWELT – Wie hoch ist Ihr gesamter Umsatzanteil im Kunststofffensterbereich?
Klein – Das ist für Rotox der größte Umsatzanteil. Im Aluminiumbereich machen wir deutlich geringere Umsätze, hier wollen wir noch wachsen. Bei Federhenn dürfen wir aber auch den Anlagenbau für die Holzfensterbranche nicht vergessen.
GLASWELT – Was ist Ihr Produkt, das am häufigsten nachgefragt wird? Gibt es eine Maschine, die sehr häufig verkauft wird?
Klein – Ja, da gibt es einige. Die Glasleistensäge in Verbindung mit dem Längenanschlag ist ein Verkaufsschlager bei der Firma Rotox. Fast jeder Fensterbauer hat so eine Maschine. Aber das ist auch bei den Verputzmaschinen so – hier sind wir wohl mit unserem umfangreichen Sortiment Marktführer. Beim Schweißen und der Automatisierung sind wir ganz weit vorne und bei den großen Stabbearbeitungsanlagen entwickelt sich Federhenn hervorragend.
Wehr – Die Glassortierung wird auch immer wichtiger – im Prinzip lohnt sich das für jeden Betrieb. Gerade hier steckt noch ein riesiges Potenzial für die Unternehmen.
GLASWELT – Gibt es bei Ihnen Anlagen von der Stange oder wird tatsächlich jede Anlage für den Kunden konfektioniert?
Klein – Jede Maschine hat immer auch gleiche Grundbauteile, aber die Bestückung ist dann immer auch kundenspezifisch.
Wehr – Man muss sagen, dass sich die Fensterwelt in den letzten Jahren stark verändert hat. Die Profilsysteme sind sehr vielfältig und Arbeitsinhalte an einem Fenster viel größer geworden. Nicht zuletzt sind die Fenster selbst deutlich größer geworden.
GLASWELT – Wie entstehen bei Ihnen Innovationen? Wahrscheinlich doch immer in Zusammenarbeit mit dem Kunden, oder?
Klein – Das ist in der Tat so. Ein Beispiel: Wir bringen aktuell eine Säge für den Deckschalenzuschnitt auf den Markt, die wir in Zusammenarbeit mit einem großen Kunden entwickelt haben.
GLASWELT – Wo steht aktuell die modernste Fensterfertigung?
Klein – Es gibt Unternehmen, die bedienen das Massengeschäft und andere haben sich dem Objektbau verschrieben. Das gibt ganz unterschiedliche Abläufe in der Fertigung. Wichtig ist, dass man einen klaren Fluss in der Produktion hinbekommt. Manche Betriebe haben vielleicht nicht die modernsten Anlagen, arbeiten aber dennoch hocheffizient, weil dort permanent Abläufe überprüft werden. Am Ende der Produktionsstraße wundert man sich, dass dort gar keine Fenster stehen, denn diese werden dann auch just in time verladen.
Wehr – Es gibt Betriebe, da wird kein Fenster mehr getragen. Das wird alles automatisch transportiert, inklusive dem Glas.
GLASWELT – Mit der Markteinführung des Hochtemperaturschweißens 2011 wollten Sie neue Maßstäbe in Bezug auf Taktzeit und Qualität setzen. Ist Ihnen das gelungen? Wie viele Betriebe haben bis jetzt auf das schnelle Schweißverfahren umgestellt?
Klein – Der größte Anteil unserer Schweißmaschinen wird mittlerweile mit dieser Technologie ausgestattet. Wir haben auch schon mehrfach 6- oder 8-Kopf-Schweißmaschinen damit ausgestattet. Der Quantensprung in der Branche ist deutlich in der Veränderung von Abläufen: Früher hat man zwei Schweiß/Putz-Linien gebraucht, heute mache ich das mit einer Schweißmaschine und einem 2-Kopf-Verputzer. Der Fluss in der Linie konnte optimiert, der Flächenbedarf in der Halle reduziert werden.
Wehr – Parallel dazu haben sich auch die Ecken-Putzautomaten weiterentwickelt. Das ist schon ein kleines Bearbeitungszentrum in sich. Da werden Stulpenden, Eck- und Scherenlager und der Klinkschnitt bearbeitet und vieles mehr.
GLASWELT – Was halten Sie von einem Schweißverfahren, das die nächste Bearbeitungsstation, den Eckenverputzer überflüssig macht?
Klein – Ein Nachfolgezentrum brauchen Sie auf jeden Fall, in dem Sie die angesprochenen Arbeitsschritte abbilden. Wir gehen einen anderen Weg und werten unsere Ecken-Putzer mit diesen Arbeitsschritten auf. Eine Schweißanlage, die zusätzliche Arbeitsschritte beinhaltet, hat den Nachteil, dass dann beim Schweißen die Taktzeiten zwangsläufig deutlich nach oben gehen.
GLASWELT – Stimmt der Eindruck, dass man „vor dem Schweißen“ noch Aufholpotenzial hat?
Klein – Wir haben uns schon immer auf die Fahnen geschrieben, Stabbearbeitungszentren für kleinere und mittlere Unternehmen in der Größenordnung bis 120 Einheiten anzubieten. Und wir haben noch nie so viele Anlagen wie in diesem Jahr ausgeliefert – da kann man schon von einem regelrechten Boom sprechen. Wir werden dieses Segment jetzt weiter ausbauen. Die größeren Einheiten werden jetzt durch Federhenn abgewickelt. Unsere Auftragsbücher sind auch hier gut gefüllt – mit einem Auftragshorizont bis weit in das nächste Jahr hinein.
GLASWELT – Was ist das Prozessleitsystem PCS? Und was ist das MCS?
Klein – Durch kleine Losgrößen und komplexere Elemente wird es immer schwieriger, einen optimalen Fluss in Fensterbaufertigungen zu erzielen. Mit unserem Prozessleitsystem PCS stellen wir die Kapazität durch einen optimal gesteuerten Durchfluss sicher. Durch die Transparenz der Maschinendaten kann der Betrieb effektiv und zeitnah auf Störungen reagieren oder notwendige Änderungen des Personaleinsatzes vornehmen. Bei MCS („Machine Control System“) geht es darum, Statistiken und Analysen der einzelnen Anlage sichtbar zu machen. MCS kann als Logistik-Manager für kleinere Linien dienen und die papierlose Qualitätssicherung mit Langzeithistorie relevanter Daten liefern.
GLASWELT – Federhenn hat sich im Bereich der Klebetechnik besonders hervorgetan. Können Sie den Eindruck bestätigen, dass es hier etwas ruhiger geworden ist? Hat die Branche einen gewissen Sättigungspunkt in der Klebetechnologie erreicht?
Wehr – Ich glaube nicht, dass mehr als 10 Prozent der Fensterbauer kleben. In der Schweiz oder in Österreich mehr, aber in Deutschland nicht. Ob das noch kommt, kann ich nicht sagen. Es war ja eigentlich immer angedacht, dass das Fenster durch die Klebung im Überschlag größer werden kann – aber das hat sich nicht durchgesetzt. Wir als Maschinenbauer begleiten den Markt jetzt mit der Roboterverglasung. Das sehen wir als sehr sinnvoll an – in Kombination mit einer Glassortieranlage.
GLASWELT – In welchem Bereich innerhalb der Fertigung liegt noch viel Zeit- und Kosten-Potenzial? Was wird zu stiefmütterlich betrachtet?
Klein – Es gibt viele Unternehmen, bei denen zu viel Handarbeit an falschen Stellen dominiert. Und: Es ist erschreckend, was in den Betrieben immer noch stundenlang Material gesucht wird.
Wehr – Beim Sonderbau steckt auch noch viel Potenzial. Dort wird noch zu viel gehoben. Die Teile müssen auch hier am Arbeitsplatz sein, dass sich keiner mehr auf die Suche machen muss.
GLASWELT – Wie sieht es bei den Produktionsanlagen für Holzfenster aus?
Wehr – Dort ist es teilweise noch schlimmer. Vorne steht ein tolles Bearbeitungszentrum und im weiteren Verlauf der Linie fehlen dann die Rollwagen. Gerade das Holz ist ja ein empfindliches Material. Da bleibt viel Qualität im innerbetrieblichen Transport auf der Strecke.
GLASWELT – Die FENSTERBAU 2018 wirft jetzt schon ihre Schatten voraus. Auf was werden Sie sich im nächsten Jahr in Nürnberg fokussieren?
Klein – Wir werden uns natürlich gemeinsam präsentieren – auch hier nutzen wir unsere Synergieeffekte und zeigen unser Gesamtportfolio.
GLASWELT – Die gute Stimmung aus dem aktuellen Geschäft wollen Sie auch in das FENSTERBAU-Jahr mitnehmen?
Klein – Ja, unbedingt. Wir sind sehr optimistisch gestimmt.
GLASWELT – Meine Herren vielen Dank für Ihre Antworten. —
Die Fragen stellte Daniel Mund, Chefredakteur der GLASWELT.