Glaswelt – Sie bzw. Ihre Handelspartner verkaufen über das Argument der Qualität?
Ronald Czerwonatis – Genau. Mit unserem Programm orientieren wir uns an moderner Architektur. Für diese Zielgruppe haben wir ganz aktuell ein Fenstersystem, welches auf einer energieeffizienten Glasfaserkonstruktion basiert und mittels extrem schlanker Flügelgeometrie in Verbindung mit einer Aluminium-Deckschale optisch den Flügel verschwinden lässt. Mit diesem Produkt, das so nur geklebt realisierbar ist, bieten wir maximale Glasflächen und damit maximalen Tageslichteinfall sowie eine exklusive Optik. Diese minimierten Ansichtsbreiten sind für mich innovativ und wir stellen dem Fachhandel damit ein in sich schlüssiges Konzept zur Verfügung, das hohe Vertriebsvorteile bietet.
Glaswelt – Welche Klebesystem/Rahmenkombination kommt bei Ihnen zum Einsatz?
Czerwonatis – Wir setzen die Falzgrundverklebung ein, weil dies die beste Art der Lastabtragung der Scheibe darstellt.
Matthias Dick – Aus meiner Sicht ist das aluplast-System das für die Klebetechnik am weitesten entwickelte und damit am besten für diese Technologie geeignet. Das System ist so ausgelegt, dass der Flügel exakt zentriert im Blendrahmen positioniert wird. Der Klebstoff fixiert das Isolierglas dann in dieser optimalen Geometrie. Beim verklotzten Fenster ist die Geometrie suboptimal und nicht fixiert, was oft genug zu Veränderungen und damit zu Nacharbeiten führt.
Jörg Fricke – Ein weiterer Vorteil des glasfaserverstärkten Fensters mit Verklebung: Wir erreichen damit eine wesentlich höhere Eckenfestigkeit, weil die Glasfaser-Versteifung mit in den Schweißprozess einbezogen wird. Dagegen endet eine Stahleinlage generell vor der Schweißnaht.
Glaswelt – Was haben Sie von Ihrem Klebstoff-Lieferanten erwartet und wie hat er Sie unterstützt?
Fricke – Beim Einsatz des Klebstoffes hatten wir jede nur denkbare Unterstützung, das ging bis zur Einstellung der Klebstoff-Konsistenz für unsere weiter in Betrieb befindliche Portal-Klebeanlage von Urban und den neuen Roboter von Federhenn. Der technische Support erfolgt kurzfristig und ist unserem Anspruch gewachsen.
Glaswelt – Bitte nennen Sie Details zu Ihrer Verklebungs-Technologie.
Czerwonatis – Wir begannen das Verkleben mit Handapplikation, weil damals der Anteil der Verklebungen nicht so hoch war, wie es heute der Fall ist. Natürlich war das eine Entwicklung, eine Pionierarbeit, die erst reifen musste. Für die Vision einer Automatisierung der Fertigung waren wir schon 2012 auf der fensterbau/frontale unterwegs, wo wir bei aluplast einen Roboter sahen, der eine Scheibe in einer horizontalen Anlage einsetzte und verklebte. Das hat uns inspiriert, unsere Anlagen schrittweise zu erneuern.
Fricke – Die Automatisierung des Klebeprozesses mit einem Roboter war ein durchaus mutiger Schritt, denn der Aufwand ergibt sich daraus, dass unsere Branche von der Maßfertigung, also in der Produktvielfalt lebt. Wir fertigen unterschiedliche Systeme und unterschiedliche Produkte, die verschiedene Ansichtsbreiten, Bautiefen und Glasstärken aufweisen oder aus Funktionsgläsern bestehen. Dazu kommt die Vielfalt in den Geometrien und Achsen. Diese Maßvielfalt ist heute extrem und das ist die Herausforderung bei einem Automatisierungsprozess mit einem Roboter.
Czerwonatis – In Abstimmungen mit aluplast und unserem Anlagenhersteller Federhenn haben wir das Pilotprojekt in Angriff genommen. Von der Idee bis zur Umsetzung vergingen zwei Jahre, das ist bei Betrachtung der Anforderungen eine wirklich geringe Zeit. Für die neue Technik wurde die bestehende 2000 m² große Halle 2011 um 1000 m² erweitert. Eine zusätzliche Vergrößerung um noch einmal 1500 m² steht in den nächsten Jahren an.
Glaswelt – Wie wurden Ihre Mitarbeiter auf die neue Technik und Erweiterung vorbereitet?
Czerwonatis – Derartig umfangreiche Veränderungen sind für jedes Unternehmen eine Herausforderung, ganz besonders auch für die Mitarbeiter. Unsere Leute waren hoch motiviert, denn wir haben das Projekt zusammen mit ihnen entwickelt. Es gab trotz Automatisation keine Entlassungen, sondern zwölf neue Arbeitsplätze. Damit haben wir jetzt 50 Mitarbeiter.
Glaswelt – Beeinflusst der Import polnischer Fenster Ihr Geschäft?
Czerwonatis – Es gibt Regionen, in denen polnische Firmen das Direktgeschäft beherrschen. Wir fokussieren uns mit unseren innovativen Produkten auf Fachhändler, die vorrangig im Privatgeschäft tätig sind und Wert auf Energieeffizienz, Hochwertigkeit und Sicherheit legen, sowie ein deutsches Produkt bevorzugen. Unsere Pionierarbeit trägt Früchte und hat uns manch größeres Projekt beschert. Das sind eben keine Standard-Produkte. Meiner Meinung nach hat ein deutscher Massenproduzent mit billigeren Importfenstern mehr Probleme als wir.
Glaswelt – Wie sieht es bei den Kosten aus?
Czerwonatis – Wir sind heute in der Lage, die Mehrkosten aus der Klebetechnologie und den damit verbundenen hohen Investitionskosten preisneutral anzubieten. Dazu kommt, dass wir durch die Klebetechnik das Potenzial für weitere Produktinnovationen besitzen. Unser aktuelles EcoLux z. B. kann man nicht mit einem Standardfenster mit Zweifachverglasung vergleichen. Der Kunde erhält heute für sein Geld mehr Leistung durch die Automatisierung unserer Fertigung.
Glaswelt – Worin sehen Sie die Vorteile?
Fricke – Im Betrieb haben wir durch Verkleben und Roboter geordnetere Abläufe. Zusätzlich entlastet der Roboter unsere Mitarbeiter, denn er hebt bis 180 kg schwere Gläser in den Rahmen. Trotz Krananlagen hatte der Mitarbeiter bei konventioneller Fertigung bei größeren Formaten noch einiges an Kraftaufwand zu leisten.
Czerwonatis – Es ist gelungen, die Herausforderungen des Klebeprozesses in die Automatisierung einzubinden. Wir haben eine Glassortierung eingeführt, die zum jeweiligen Element die passende Scheibe bereitstellt. Der Roboter setzt diese Scheibe dann in den entsprechenden Rahmen und verklebt sie. Diese Arbeitsschritte werden auch ausgeführt, wenn ein Fenster nicht geklebt wird. Über den Datensatz können alle Fenster in freier Reihenfolge auf einer Linie bearbeitet werden, wir müssen also nicht auf zwei Linien produzieren.
Glaswelt – Mussten sich Ihre Glaslieferanten im Zuge der Roboterfertigung umstellen?
Czerwonatis – Aufgrund der Roboterfertigung arbeiten wir mit geringsten Toleranzen. Diese hohen Ansprüche an die Genauigkeit betreffen auch die gelieferten Gläser. Beim Glas gibt es zulässige Toleranzen, die bei konventioneller Verklotzung problemlos umsetzbar sind, bei uns jedoch nicht. Wir fertigen in der Klebetechnik und mit Roboter mit einem definierten Spaltmaß, das nur geringste Abweichungen verträgt. Mit unseren drei Glaslieferanten haben wir inzwischen die geforderte Qualität erreicht.
Glaswelt – Können Sie einen reduzierten Service-Aufwand durch Verkleben bestätigen?
Fricke – Ja, nach dem Einbau der Fenster sind kaum noch Einstellarbeiten notwendig. Das ist nicht nur für uns ein Vorteil, sondern auch für die Händler, die durch die Klebetechnologie weniger Serviceleistungen erbringen müssen und damit einen Kostenvorteil für sich verbuchen können. Die Reklamation „Fenster verzogen“ gibt es bei unseren verklebten Produkten so gut wie nicht mehr. Durch die glasfaserverstärkten Profile ergeben sich bei Transport und Montage geringere Gewichte, denn auch im Blendrahmen setzen wir Glasfaserverstärkungen statt Stahl ein. Damit neutralisieren wir die Mehrbelastung der Dreifachverglasung vs. Zweifachglas mit Stahleinlage. Das schont Monteure wie Beschläge.
Glaswelt – Wo liegen die Vorteile des Verklebens für den Endkunden?
Fricke – Der Benutzer hat durch diese Technologie einen erhöhten Einbruchschutz. Das ist ein Verkaufsargument, das wir am Markt auch kommunizieren. Die meisten Einbrüche erfolgen durch das Aufhebeln des Fensters. Selbst beim Einsatz von Sicherheitsbeschlägen lässt sich bei der konventionellen Trockenverglasung der Holm verbiegen, mit verklebter Verglasung ist dies erheblich erschwert. Der Spalt zwischen Rahmen und Scheibe ist nämlich durch das Verkleben vollflächig ausgefüllt – übrigens ein weiterer Vorteil der Falzgrundverklebung.
Glaswelt – Wie aufwendig war die Umstellung auf die Roboterfertigung?
Czerwonatis – Wir haben diesen Prozess über einen Zeitraum realisiert, in dem wir die Neueinrichtung in den laufenden Produktionsprozess integrieren konnten. Eine Betriebsunterbrechung konnten wir uns nicht erlauben.
Glaswelt – Was sagen Sie zum Glastausch, also dem Reparaturfall?
Czerwonatis – Dafür haben wir uns vorbereitet. Die Glasleiste lässt sich lösen und mit einer oszilierenden Säge kann die Klebefuge getrennt werden. Wir haben ein Reparaturset erstellt mit Illustration, mit dem ein Schreiner in der Lage ist, die Scheibe zu wechseln. In der Praxis wird eher ein neuer Flügel angefordert.
Glaswelt – Wie sehen Sie die Zukunft?
Czerwonatis – Positiv. Wir haben mit „Söba HomeControl“ ein elektronisches und kabelloses Verschluss- und Überwachungssystem im Programm, das über unsere Partner vertrieben wird. Zusätzlich hilft unsere App Söba „FastCalc“ dem Händler, vor Ort einfach zu kalkulieren. Sie sehen, uns gehen die innovativen Ideen nicht aus.—
Die Fragen stellte Jörg Pfäffinger.
Kompaktinfo Söba
Die Söba Fenster und Türen GmbH wurde 2003 am heutigen Standort Bad Schmiedeberg (nördlich von Leipzig) gegründet. 2007 entschloss sich Geschäftsführer Ronald Czerwonatis, vom Objektgeschäft zu Fachhandelspartnern zu wechseln. Seit 2005 werden aluplast-Profile verarbeitet. „Wir wollten mit einem innovativen Systemgeber kooperieren, der unsere Qualitätsansprüche unterstützt. Schon damals bekamen wir erste Kontakte mit der Klebetechnologie, die wir dann intensivierten und 2008 erstmals hier einsetzten“, erinnert er sich. Auch von der Vermarktung her stieg das Unternehmen in das Thema des Verklebens ein. „Wir wollten Produkte mit hohem Alleinstellungsmerkmal bieten“, erläutert Czerwonatis. Es habe anfangs Überzeugungsarbeit geleistet werden müssen, um die Handelspartner zu gewinnen. „Heute ist die Klebetechnologie unser Lieferstandard, d. h. wir bieten jedes Fenstersystem mit Sika-Verklebung an.“ Ganz neu ist das EcoLux mit verdecktem Flügel.